Burg, Bahnhof, Burg: Strampeln um die Altstadt

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Fotos: Pelke
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Beim Radrennen rund um die Nürnberger Altstadt sind am Sonntag nicht nur die Profis an den Start gegangen. Das Jedermann-Rennen zeigt die ganze Faszination und Härte des Sports. Für die Schönheit und die Attraktionen des Rundkurses haben die Fahrer beim Finale der Bayernrundfahrt wohl kaum Blicke übrig.

Die Stadt sitzt noch am Frühstückstisch, als Matthias Westphal sich auf seinen Drahtesel schwingt. "Ich will das Rennen genießen", sagt der Mann in den engen Radlerhosen.

Dann fällt schon der Startschuss und das Feld prescht los. Zehn Runden will der "Flachlandtiroler" aus Oldenburg beim Jedermann-Rennen rund um die Altstadt durchhalten. "Besonders der Anstieg zum Burgberg wird hart. Aber Hauptsache ich komme durch", sagt Matthias. Dann tritt auch er in die Pedale. Wie ein Hornissenschwarm zieht das Peloton am Plärrer vorbei. Marlene und Leonie haben extra Plakate bemalt, um den Papa auf der Strecke anzufeuern. "Wir drücken dem Papa die Daumen, dass er gewinnt", sagt die zehnjährige Leonie stolz. Claudia Zörner strahlt, bleibt aber realistisch. "Mein Mann fährt heute zum ersten Mal mit." 20 Kilo habe er für das Rennen abgespeckt. "Da ist der Papa", ruft die siebenjährige Marlene und hält das Schild mit der Aufschrift "Papa ist der Beste" in die Luft.

Der Fahrer mit dem schwarz-weißen Jersey hat keine Zeit den Kindern zuzuwinken. Mit einer gemütlichen Radtour hat das Radrennen selbst bei den Amateuren nichts zu tun. Mit knapp 45 Sachen rauschen die Fahrer dem Burgberg entgegen. Jeder Fahrer versucht, sich eine gute Position im Feld zu ergattern. Und dann passiert es. Kurz vor dem Tiergärtnertor kommen ein paar Radler ins Straucheln. Matthias Westphal muss "hart runterschalten", um dem Sturz ausweichen. Im letzten Augenblick schafft es der "Flachlandtiroler", sich an den gestrauchelten Fahrern vorbeizumogeln. Auf einmal springt er trotzdem von seinem Sportgerät.

"Die Kette hat sich beim Runterschalten komplett verklemmt", sagt er und versucht mit roher Gewalt das schmierige Zahnblatt wieder flott zu machen. Ein Service-Wagen eilt nicht herbei, um die Panne zu beheben. Westphal kann sein kaputtes Rad auch nicht einfach in die Ecke werfen, und auf ein neues Rad umsteigen. Also reißt und zerrt er an seiner Fahrradkette. Die Hände sind inzwischen komplett schwarz. Als die ersten Fahrer im Feld zum zweiten Mal den Anstieg bei der Burg ins Visier nehmen, gibt Westphal leicht entnervt auf. "Es ist natürlich schade, dass es gleich beim ersten Anstieg passiert", sagt er und nimmt den Helm vom Kopf. Aber schließlich hätte es auch schlimmer kommen können. "Zum Glück bin ich nicht gestürzt", sagt er und schiebt sein Rad mit tapsenden Schritten zurück zum Start und Ziel. "Da wartet meine Frau auf mich. Die macht sich bestimmt schon Sorgen, wenn sie mich nicht im Feld wiederfindet."


Nach dem Frühstück direkt zur Strecke

Besser läuft es für Stephan Meyer aus Nürnberg. "Wie die den Berg hochziehen, ist der Hammer", sagt der Vater stolz am Streckenrand. "Beim letzten Anstieg sah er schon ein bisschen mitgenommen aus", findet indes Ingrid Meyer, die gemeinsam mit dem kleinen Max dem sportlichen Ehemann anfeuert. Das Radrennen rund um die Nürnberger Altstadt sei etwas Besonders. "Wir wohnen gleich ums Eck. Nach dem Frühstück sind wir zum Rennen spaziert", erzählt sie. Auch der Papa findet die Strecke toll.

"Das ist schon etwas Einzigartiges, weil die Route vom Opernhaus über die Burg bis zum Bahnhof so interessant ist", findet Werner Meyer und schwingt die Ratsche, als der Sohn den nächsten Anstieg passiert. Ein paar Meter weiter steht Tanja Mader am Streckenrand. "Mir tun die Männer leid. Das schaut sehr anstrengend aus", findet sie. Ihre Anfeuerungsrufe gelten den Fahrern, die einsam und alleine hinter dem großen Feld den Berg hinaufstrampeln müssen. "Ich fahre auch gerne Rad - aber nur zum Einkaufen", sagt sie und strahlt. Die vorbeifahrenden Radler vergessen kurz die Qualen und schenken der blonden Frau am Streckenrand gerne ein Lächeln. "Da ist der Reinhard", ruft Tanja und winkt. Der Mann auf dem schicken Rennrad dreht sich um und hält spontan an.

"Ich glaube acht Runden reichen. Es ist auch immer das Gleiche. Burg, Bahnhof, Burg." Tanja Mader schaut verständnisvoll. "Du musst schauen, dass du ein gutes Hinterrad erwischt", erklärt Reinhard Schüller, der trotz der 40 Kilometer im Sattel noch erstaunlich entspannt ausschaut. "Schau da kommen welche", sagt der weibliche Fan mit den blonden Haaren und dem großen Herz und zeigt auf ein paar Männer in Radlerhosen, die sich den Berg hinaufquälen. "Der ist gut. Der ist groß. Bei dem häng` ich mich doch noch einmal ans Hinterrad. Wir sehen uns nach dem Rennen", ruft Reinhard und tritt in die Pedale.

Die Frau klatscht in die Hände. Mittlerweile stehen immer mehr Menschen am Streckenrand. Es gibt Bratwürste und Musik. Rahmenprogramm nennt man das wohl. Die Radprofis haben für die Attraktionen abseits des Asphalts kein Auge. Zu schnell rasen die Rennfahrer mit ihren dünnen Reifen rund um die Altstadt.