Aus den Kneipen sind sie verschwunden. Trotzdem scheinen die Flipperautomaten nichts von ihrer Faszination verloren zu haben. Am Wochenende hat sich die Szene zu den "Deutschen Flippermeisterschaften" in Nürnberg getroffen. Ein Spielbericht aus dem bunten Flipperparadies.
Es blinkt, kracht und scheppert: Bei den Flippermeisterschaften in Nürnberg ist es für die 128 Teilnehmer nicht leicht, die Ruhe zu bewahren. Überall stehen Menschen an Automaten und versuchen, die polierte Silberkugel im Spiel zu halten. "Konzentration und Reaktion ist alles", sagt Klaus Löffler und schießt die Kugel auf die bunte Spielfläche.
Wie ein Geschoss bahnt sich die Stahlmurmel ihren Weg über die schiefe Ebene. Der Mann an den Flippern beobachtet mit Argusaugen, wie der Silberball langsam dem Abgrund entgegen rollt. Dann lehnt er sich über den Kasten, um die Murmel unter der Glasscheibe nicht aus dem Blickfeld zu verlieren. Genau im richtigen Augenblick drückt er mit der rechten Hand den rechten Flipper. Wie eine Gewehrkugel schießt das Spielgerät wieder nach oben. Zufall oder Können: Löffler hat genau gezielt und einen Schlagturm getroffen. Der Bildschirm über dem Flippertisch blinkt wie eine Disco in den 80er Jahren. Jetzt rast die Kugel über eine Rampe und wird plötzlich auf der anderen Seite des Spielfeldes wieder ausgespuckt. Mit der linken Hand knallt der Spieler die Kugel zurück in den Orbit des Spielfeldes. Wieder leuchtet das Display in grellen Farben: Extrapunkte! Plötzlich sind mehrere Kugeln im Spiel. "Multibälle", sagt ein Turnierspieler im Hintergrund beim Beobachten der Konkurrenz anerkennend. Klaus Löffler hört nicht hin und konzentriert sich darauf, die Kugeln im Spiel zu halten. Schweißperlen zeichnen sich ab auf seiner Stirn. Die erste Kugel verschwindet im Abgrund. Dann die zweite. Löffler gibt alles und verliert doch auch die letzte Kugel: Game Over.
Tägliches Training Jetzt ist Verena an der Reihe. "Mein Freund hat sich im letzten Jahr einen Flipper gekauft", erzählt die 30-Jährige aus Nürnberg. Ein kleines Vermögen hätten die beiden für den Automaten ausgegeben. Rund 5000 Euro kostet ein gebrauchtes Gerät. "Wir haben beide die Qualifikation gespielt. Mein Freund hat vorher sogar ausgiebig trainiert. Aber nur ich habe mich für die Flippermeisterschaften qualifiziert", erzählt Verena und postiert sich breitbeinig hinter dem Automaten, die Hände auf den Kasten gestützt.
Während Verena mit der Silberkugel kämpft, übt sich Klaus Löffler noch in Manöverkritik. "Bis jetzt bin ich zufrieden über den Turnierverlauf", erzählt der Flipper-Freak aus Regensburg. In der ersten Runde musste er sich nur einem Kontrahenten geschlagen geben. In der Vorrunde wird in Vierergruppen an zwei Automaten gespielt. Pro Flipper muss jeder Spieler vier Mal antreten. Der Gewinner bekommt sieben Punkte. Martin Löffler bekommt für seinen zweiten Platz in der ersten Rund genau fünf Punkte. Verena bekommt als Schlusslicht nur einen Punkt. Aber an Aufgeben denkt sie nicht. Jetzt geht es zur nächsten Maschine. Beim "Star Wars"-Flipper soll sich das Blatt für sie wenden. Die Gruppe bahnt sich den Weg durch flippernde Menschen und blinkende Kästen zu dem blauen Automaten, an dem Verena das Blatt wenden will.
Während die Kontrahenten um den Einzug in die nächste Runde kämpfen, erklärt der Flipper-Experte Heribert Eiden, worum sich alles beim Flippern dreht. "Es geht immer um Extraspiele und Extrabälle." Die "Profis" würden täglich trainieren, um auf einen Schlag den Jackpot zu knacken. Bei den Flippermeisterschaften gibt es freilich kein Preisgeld zu gewinnen. Der Hauptgewinn - natürlich ein Flipperautomat - wird verlost. Mit dem Aufkommen der Video- und Computerspiele seien die Automaten beinahe aus der Öffentlichkeit verschwunden, erzählt Eiden. Aus Nostalgie oder aus purem Vergnügen würden sich heute immer mehr Menschen privat einen Flipper zulegen. Auf den Flippermeisterschaften wird gefachsimpelt und nach Ersatzteilen für die teuren Liebhaberstücke aus Chrom und Stahl gesucht. "Seitdem wir unseren Flipper haben, kommen immer mehr Freunde zu uns nach Hause", erzählt Verena und lacht. Langsam sei sie mit den Nerven fertig. "Die Lautstärke ist schon krass hier."
Helden aus der Vergangenheit Die "Profis" scheint das nicht zu jucken. Wie Roboter spulen sie ein Spiel nach dem anderen ab. Der dunkle Saal im Südwestpark riecht nach Fitnessstudio und klingt nach Las Vegas-Spielhölle. Helden aus der Vergangenheit von Flash Gordon bis Indiana Jones glitzern in den grellsten Farben über den Köpfen der Teilnehmer, während die Spieler im Gesicht immer grauer werden. Sonne gibt es bei den Flippermeisterschaften nur in den knappen Pausen zwischen den Spielen. Den meisten Männern macht das freilich nichts aus. "Nur vier Frauen haben den Sprung ins Hauptfeld geschafft", erzählt Verena und nimmt nochmal alle Konzentration zusammen.
Das entscheidende Spiel steht an. Hop oder top: Die Murmel rast los. Es blinkt, rast und scheppert. Verena gibt alles. Doch das Flipperglück ist Verena heute nicht hold. "Macht nichts. Hat Spaß gemacht. Ich muss jetzt aber an die frische Luft." Dagegen will Klaus Löffler die Sonne erst nach der Siegerehrung wieder sehen. "Die Konkurrenz ist hart, aber ich gebe alles", sagt er und schießt die Silberkugel in den Flipperhimmel. Das nächste Spiel kann beginnen.