Bei einem Rundgang durch den Innenbereich des Grundig Stadions in Nürnberg entdeckt man auch spezielle Orte. Unter anderem befindet sich in den Katakomben eine Ausnüchterungszelle.
Bei seinen Führungen durch das Nürnberger Grundig Stadion erlebt Philip Durham immer mal wieder auch ziemlich lustige Situationen. Wie einmal, als sich eine Gruppe um eine heiratswillige Fränkin zum Rundgang angekündigt hatte. "Die sind mit einer pinken Limousine vorgefahren und haben die Korken knallen lassen", erinnert sich der Eventmanager an das besondere Erlebnis. Spontan und im berauschten Zustand wurde die Zwischenstation der Junggesellinnen-Tour von den Mädels allerdings nicht gebucht. "Die waren alle Club-Fans und wollten sich hier mal umschauen, bevor es weiter in die Stadt ging."
Derart protzig muss man natürlich nicht anreisen, um einen Blick hinter die Kulissen werfen zu dürfen. Immer donnerstags pilgern Touristen, Club-Fans und andere Interessierte zum Haupteingang und lassen sich von Durham und seinen Kollegen durchs Stadion führen.
Dabei erhascht man auch unerwartete Einblicke: Neben den Umkleidekabinen darf man unter anderem einen Blick in die Ausnüchterungszelle der Polizei werfen.
Ein Rundgang startet immer im Innenbereich. Der Blick alleine lässt jedes Herz eines Club-Fans höherschlagen: Vom heiligen Rasen aus sieht man ein Meer aus roten Sitzen. Mit viel Fantasie kann man sogar die Fangesänge hören. Und spätestens nach einer Sitzprobe auf den gepolsterten Sesseln der Auswechselspieler weiß auch der letzte Besucher, dass es einem Bundesliga-Kicker besser geht als dem gemeinen Fan-Volk. "Die sind mit Sitzheizung", setzt Durham noch einen drauf.
Fans auf dem Sprungturm
Auf dem Weg in Richtung Technikzentrale geht es vorbei an der denkmalgeschützten Fassade der Haupttribüne. Das städtische Stadion wurde mehrfach renoviert, ausgebaut und technisch aufgerüstet.
Aktuell finden knapp 50 000 Zuschauer Platz und die fiebern bei Club-Heimspielen immer ordnungsgemäß von ihren Plätzen aus mit. Das war früher auch schon anders. "Es gab eine Zeit, da haben Fans das Spiel vom Sprungturm des Freibads verfolgt."
Vom Innenraum geht es ein paar Treppenstufen hinauf in die Technikzentrale. Hier oben sitzen Polizei, Feuerwehr, Rettungskräfte und die Stadionsprecher Tür an Tür und achten darauf, dass alles reibungslos funktioniert. Die vielen Knöpfe, versichert Durham, müssten einem keinen Schrecken einjagen. Und überhaupt: Die Plätze in dem kleinen Raum hätten einen exklusiven Vorteil: "Im Sommer ist es kühl und im Winter warm."
900 VIP-Gäste bei den Heimspielen
Kuschelig haben es auch die knapp 900 VIP-Gäste bei den Heimspielen des FCN, die von 100 Angestellten betreut werden.
Wem es beispielsweise im Winter auf den gepolsterten Ledersitzen fröstelt, der kann eine Decke ordern. Und gehen in einer der 20 Logen die Getränke aus, kann bequem nachbestellt werden. "Wer das Spiel mit Champagner verfolgen will, der bekommt Champagner", sagt Durham, der informiert, dass der moderne VIP-Raum für die WM 2006 errichtet wurde. "Vorgabe von der Fifa."
Unterhalb der Haupttribüne findet man den Bereich, der für einen echten Club-Fan weitaus spannender ist als die Räumlichkeiten der VIPs: die Umkleidekabinen. Die sind eher funktional eingerichtet, jeder Spieler hat seinen festen Platz - jeweils mit einem Spielszenen-Foto über dem Kleiderbügel. In der Mitte stehen Tische für Getränke, an der Wand hängt ein Fernseher, nebenan findet man den Massageraum und den Duschbereich mit großzügigem Ermüdungsbecken.
Im Flur läuft man vorbei an der Gäste- und Trainerkabine, der Schiedsrichterumkleide und einem Raum für die Dopingkontrolle. Gut möglich, dass all jene hier sogar einen exklusiven Blick erhaschen, die während eines Spiels über die Stränge schlagen. Denn in 50 Metern Luftlinie befindet sich die Einsatzzentrale der Polizei - inklusive Ausnüchterungszelle. Wer schlägert oder mit Pyrotechnik zündelt, wird hier festgehalten. Die stark alkoholisierten "Fans" hingegen sehen die Zelle eher selten. Sie werden medizinisch versorgt.
Das Stadion ist nicht nur für die Fußballer des 1. FC Nürnberg reserviert. Über 100 Zweitveranstaltungen finden hier pro Jahr statt. Da mieten Firmen den VIP-Raum für eine Tagung, veranstalten die Zeugen Jehovas einen Kongress oder beschert Helene Fischer 40 000 Fans ein besonderes Konzerterlebnis. Übrigens: Zwischen den Veranstaltungen geht es im Grundig Stadion nur bedingt ruhiger zu. "Alleine nach einem Club-Heimspiel brauchen die Reinigungskräfte drei Tage, um alles sauber zu machen", sagt Durham.