Wildschwein Willi: Nach dem Umzug ging's erstmal in den Teich

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Willi verzehrt genussvoll einen Apfel, den "Frauchen" Marion Damm ihm reicht. Foto: Andreas Welz
Willi verzehrt genussvoll einen Apfel, den "Frauchen" Marion Damm ihm reicht. Foto: Andreas Welz
In seinem neuen Domizil fühlt sich Willi nach einem Bad pudelwohl. Foto: Wildpark Waldhaus
In seinem neuen Domizil fühlt sich Willi nach einem Bad pudelwohl. Foto: Wildpark Waldhaus
 
Ein neuer Bewohner ist eingetroffen: Caroline Knoth und Adelheid Saam mit einem Igelbaby. Foto: Andreas Welz
Ein neuer Bewohner ist eingetroffen: Caroline Knoth und Adelheid Saam mit einem Igelbaby. Foto: Andreas Welz
 
Marion Dann mit ihrem Stubentiger Findus. Foto: Andreas Welz
Marion Dann mit ihrem Stubentiger Findus. Foto: Andreas Welz
 

Ein halbes Jahr lang hat Marion Damm aus Neudorf bei Ebensfeld das Wildschwein Willi aufgezogen. Am Samstag ist der Keiler umgezogen.

Willi hat Abschied genommen von seinem geliebten Zuhause in Neudorf bei Ebensfeld. Am Samstag ging er auf die Reise ins Fichtelgebirge - nach Mehlmeisel in den Wildpark Waldhaus. In einem Viehanhänger, denn Willi ist ein Wildschwein, genauer gesagt ein junger Keiler, der von Marion Damm liebevoll aufgezogen worden ist.


30 Zentimeter großes Fellbündel


Spaziergänger hatten den Frischling, ein 30 Zentimeter großes Fellbündel, am 3. September gefunden und dem Jagdpächter übergeben. Der wusste, dass sich Marion Damm herrenloser Tiere annimmt. Sie päppelte das in Lebensgefahr schwebende Tier auf. "Jetzt ist Willi etwa 50 Kilogramm schwer und ich musste mich schweren Herzens von ihm trennen", sagt sie dem Fränkischen Tag.

Im Fichtelgebirge wird es das lustige, für jeden Spaß zu habende "Haustier" gut haben. Es kommt in ein drei Hektar großes Wildschweingehege, in dem sich ein knappes Dutzend Artgenossen wohlfühlen. Dort erwartet Willi auch Dorothea, eine junge Bache, die von den Wildparkbetreibern selbst aufgezogen wurde. "Willi wird es bei uns gut haben", sagt Tierparkleiter Eckard Mickisch. Er werde hier bis zu seinem natürlichen Tod gepflegt und lande nicht als Sonntagsbraten auf dem Teller.



Plötzlich wurde Willi zum Fernsehstar


Marion Damms Wunsch, dass Willi in einem Tiergehege in der Nähe unterkommt, hat sich also erfüllt. "So kann ich ihn manchmal besuchen", freut sie sich. Der Bayerische Rundfunk hatte sich an der Suche nach einem geeigneten Platz beteiligt. Willi wurde zum Medienstar, Rundfunk, Fernsehen und Zeitungen berichteten.

Dreimal war Marion Damm am ersten Wochenende mit dem kleinen Keiler beim Tierarzt, um ihn durch Infusionen zu stabilisieren. Liebevoll päppelte sie das ausgehungerte Tierkind mit Ferkelaufzuchtmilch aus der Flasche auf. Weil Willi so schwach war, brachte sie ihn in den ersten Wochen in einem mit alten Handtüchern ausgepolsterten Karton unter.

Erst als er zu Kräften gekommen war, richtete die Tierfreundin dem Frischling einen Pferch im leer stehenden Kuhstall des heimischen Bauernhofs ein. Dreimal am Tag führte sie ihn in den weitläufigen Garten des Anwesens, wo Willi ausgelassen herumtobte. Beim letzten Tag vor der Abreise war der inzwischen schon stattliche Keiler aufgeregt. Er stürmte auf den Fotografen zu, jagte im umzäunten Gehege umher und hatte seine Freude als "Frauchen" ihm einen Apfel reichte, den er laut schmatzend vertilgte.


Im Hundegeschirr Gassi gegangen


Als er noch kleiner war, habe sie ihn mit einem Hundegeschirr angeleint und auf Spaziergänge mitgenommen - sehr zur Freude der Nachbarn, so die Tierfreundin. Auch die Kinder im Ebensfelder Waldkindergarten und die Senioren im Eugeria-Pflegezentrum Obermain in Kutzenberg waren begeistert, als Marion Damm sie mit dem Frischling besuchte. Viel Zeit und Geld hat die Neudorferin in die Aufzucht des Keilers investiert - bereut hat sie es nie. "Ich würde jederzeit wieder ein Wildschwein aufnehmen, wenn ich es dadurch retten könnte", betonte sie. Die Trennung werde ihr nicht leicht fallen.

Ein Herz für Tiere hat die 48-Jährige, die als Betreuerin im Pflegezentrum Obermain in Kutzenberg arbeitet, schon seit der Kinderheit. Auf dem Bauernhof der Familie in Neudorf aufgewachsen, galt sie schon früh als "Katzen-Mama". Inzwischen engagiert sich die Kreisvorsitzende des Landesbunds für Vogelschutz nicht nur für die gefiederten Freunde, sondern informiert auch Kinder in Schulen und Kindergärten über Fauna und Flora. Als engagierte Tierschützerin setzt sie sich für die Sterilisation von Katzen ein, um unerwünschten Nachwuchs zu verhindern.


Igel, Hasen und ein Steinmarder


Für 15 Igel hat sie ein Winterquartier eingerichtet. Gerade als der FT Willi besucht, kommt Caroline Knoth aus Pettstadt mit einem jungen Igel auf den Hof. "Wir haben ihn auf der Straße gefunden und wollen, dass er überlebt", sagt sie. Sie habe im Internet unter "Igelhilfe" die Adresse erfahren. Behutsam tastet Marion Damm das kleine Stacheltier ab und bittet ihre Mutter Adelheid Saam, den gepolsterten Karton in die Küche zu stellen.

Derzeit betreut Marion Damm acht herrenlose Katzen. Einige Hasen, Hunde, Meerschweinchen und sogar ein Steinmarder haben auf dem Hof eine Heimat gefunden. Auch Hühner und Tauben hält die Familie. Ein Sperling, den sie als verletztes Küken aufpäppelte, wurde so zutraulich, dass er immer wieder zur Familie zurückkam. Jungvögel, die das Nest verlassen und noch nicht fliegen können, würden weiterhin von den Eltern gefüttert. Daher bat Marion Damm, diese Tiere nicht zu berühren. "Bringt bitte keine Vögel und lasst sie sitzen", ist ihr Appell.


Mit Maggi eingerieben


Inzwischen ist Willi in seiner neuen Heimat eingetroffen. "Er ist völlig entspannt", stellt Mickisch fest. Als erstes hat er ein Bad im Gehegeteich genommen, freundlich gegrunzt und auch nicht den Rüssel gerümpft, als er mit Maggi eingerieben wurde. Mit dem Gewürz werde die Geruchskulisse neutralisiert und er könne von den Artgenossen aufgenommen werden, hieß es.

Wer Willi einmal besuchen möchte, kann täglich zwischen 10 und 18 Uhr in den Wildpark Waldhaus in Mehlmeisel kommen.