Vom Lächeln aus Dankbarkeit in der Lichtenfelser Tafel

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Ursula Schachner vom Tafel-Team rückt den Bezugsausweis des Mannes zurecht.
Ursula Schachner vom Tafel-Team rückt den Bezugsausweis des Mannes zurecht.
Stefanie Kreische steht vor der großen Kühlkammer für Lebensmittel. Um Gerätschaften wie diese am Laufen zu halten, gibt es einen kleinen Unkostenbeitrag. Fotos: Markus Häggberg
Stefanie Kreische steht vor der großen Kühlkammer für Lebensmittel. Um Gerätschaften wie diese am Laufen zu halten, gibt es einen kleinen Unkostenbeitrag.  Fotos: Markus Häggberg
 

 Syrer bevorzugen Salate, Chili mögen sie alle: Jeden Mittwoch zwischen 13 und 15 Uhr ist Lebensmittelausgabe. Doch geschenkt wird hier keinem etwas. Ein Stimmungsbild

Mittwoch, kurz vor 13 Uhr. Im Schnäppchenmarkt wird Stimmengewirr vernehmlich. Babylonisches mitunter. Die Menschen, die hier diszipliniert anstehen, kommen aus der Ukraine, aus Äthiopien, Syrien oder anderen arabischen Ländern. Deutsche sind auch hier, ausgesiedelte und einheimische. Lichtenfelser sind sie jetzt alle. Ein Stimmungsbild aus lebhaften Szenen zwischen 13 und 15 Uhr.

Disziplierte Schlange

Adel Walter ist Iraker. Der Mann, der einmal eine Deutsche geheiratet hat, spricht somit arabisch und beherrscht unterschiedliche Dialekte. Er schaut an manchen Mittwochen herein, um anderen arabisch sprechenden Menschen bei Verständigungsschwierigkeiten zu helfen. Die Menschen, zu denen er Kontakt sucht, bilden eine Schlange. Eine disziplinierte Schlange, wie Stefanie Kreische erzählt.
Die diplomierte Sozialpädagogin des Diakonischen Werks ist leitend für die Essensausgabe der Lichtenfelser Tafel tätig und weiß von ehrlicher Dankbarkeit zu erzählen. "Es kommen auch Leute mit Kuchen vorbei", sagt sie und lächelte dabei. Menschen, die nicht viel besitzen oder verdienen, zeigen auf diesem Wege, dass sie sich durch die Hilfe wertgeschätzt fühlen - und wollen so etwas zurückgeben. Derzeit dauert die Essensausgabe annähernd zwei Stunden. "Vor einem Vierteljahr war es hier weit weniger voll", weiß Kreische. Aber seitdem sind Dämme in der Ukraine und in Syrien gebrochen und nun stehen hier Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen an und lassen den Raum eng werden. "Und es geht trotzdem gesittet zu", hält die junge Frau fest.
Die Menschen stehen hier in einer Art U, geformt aus Tischen. Jenseits der Tische in grünen Schürzen stehen die Mitarbeiter der Tafel. Zehn bis 15 Männer und Frauen sind das und gut fünf Stunden werden sie hier sein. Ehrenamtlich. Salate, Gemüse, Obst, Käse, Brote, Fleisch -und Wurstwaren - was thematisch verwandt ist, liegt in Nachbarschaft auf den Tischen. Vier Gruppen zu je 25 Personen, so lautet die Einteilung mittlerweile. Gruppe um Gruppe geht am U entlang, vorbei an Frischwaren, die Mitarbeiter der Tafel an drei Tagen in der Woche von Supermärkten und Bäckereien des Stadtgebiets abholen. Die Lichtenfelser Tafel, getragen von Caritas, Diakonie und Kolping Service, hat Supermärkte für Lebensmittelspenden gewonnen. Da kommen Mengen zusammen, da fährt man dreimal wöchentlich aus und sammelt ein. Zwei bis vier Tonnen wollen gesichtet und sortiert, eingelagert und eingetütet werden. In grünen Plastikkisten, leicht zu handhaben und leicht zu säubern, werden die Lebensmittel für das Defilee der Bedürftigen präsentiert.

Wer isst was

Es ist längst nach 13 Uhr und ein Syrer erzählt einem Landsmann davon, dass er Vater eines kleinen Sohnes ist, dieser aber noch in der Heimat lebt. Er ist krank und bedarf einer Hormonbehandlung. Der Vater lächelt viel und ist von zurückhaltender Freundlichkeit, aber wenn er an seinen Sohn denkt, dann ist er still und nachdenklich. Er hat es nicht eilig, an die Lebensmittel zu kommen, er lässt andere vor. Vor ihm wird ein Äthiopier stehen, der mit Käse und Joghurt versorgt wird. Bei Fleisch und Wurst ist er kritisch, sein Glaube gestattet ihm kein schweinisches Produkt. Aber nach einer Weile, so heißt es bei den ehrenamtlichen Helfern, wüsste man ohnehin, wer was isst und trinkt und bevorzugt.
Bei Syrern beispielsweise stünden Salate höher im Kurs als Gemüse. Aber Chili-Produkte seien interessanterweise ein allgemeiner Renner. 800 Euro, das ist der Betrag, der Pi mal Daumen als Höchstgrenze gilt, um einen Berechtigungsausweis für die Tafel zu erhalten. Ein bewilligter Antrag auf Unterstützung durch die Tafel währt ein halbes Jahr und in dem ausgehändigten Ausweis steht auch, wie groß der Haushalt ist, für den der Antragsteller kam. Das hilft den das Essen ausgebenden Mitarbeitern einschätzen, wer wie viel mitnehmen kann. Nicht selten gehen die Menschen mit zwei Tüten Lebensmitteln nach Hause. Gute Lebensmittel sind nicht immer preiswert, und es gibt Menschen mit sehr geringen Löhnen und Bezügen. Aber zwei Euro muss jeder dabei haben - als Unkostenbeitrag.
Denn die Tafel hat auch Ausgaben, im Stromverbrauch für die Kühlgeräte und im Spritverbrauch für das Auto, welches dreimal wöchentlich die Supermärkte anfährt. Und es soll den Menschen das Gefühl geben, dass sie doch etwas bezahlt haben. Manche Neuankömmlinge an der Tafel wirken schüchtern und vom vielfältigen Angebot der Lebensmittel verwirrt. Und manche deuten unsicher auf Waren, zögernd im Gefühl zwischen Verwunderung und Dankbarkeit. Lächeln tun sie aber doch alle.