Pflegende Angehörige fühlen sich allein gelassen

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Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Elisabeth Scharfenberg befasste sich beim Stammtisch der Grünen mit den Schwierigkeiten pflegender Angehöriger. Foto: Alfred Thieret
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Elisabeth Scharfenberg befasste sich beim Stammtisch der Grünen mit den Schwierigkeiten pflegender Angehöriger. Foto: Alfred Thieret

Beim Stammtisch der Grünen sprach Bundestags- abgeordnete Elisabeth Scharfenberg über pflegende Angehörige.

Zum öffentlichen Stammtisch der Grünen hatte der Vorsitzende des Kreisverbandes der Bündnisgrünen, Valentin Motschmann, eingeladen. Neben dem als Moderator fungierenden Landtagskandidaten Helmut Wesolek und dem Leiter des Mehrgenerationenhauses in Michelau, Frank Gerstner, war die pflegepolitische Sprecherin im Bundestag, Elisabeth Scharfenberg, in das Myconiushaus eingeladen. Unter dem Motto "Mehr als ich kann - allein gelassen mit der Pflege" befasste sie sich dabei in einem Lichtbildervortrag und einem Filmbeitrag mit der Situation pflegender Angehöriger.
Von den aktuell etwa 2,5 Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland würden rund 70 Prozent hauptsächlich von Angehörigen und auch ambulanten Diensten zu Hause betreut.
Die Politikerin erläuterte weiter: Ohne die Fürsorge und das Engagement Angehöriger wäre pflegende Betreuung in der Gesellschaft nicht zu bewältigen.
Die häusliche Pflege, die sich über viele Jahre erstrecken könne, erfordere viel Kraft und Geduld. Die Arbeit beanspruche emotional und körperlich, vor allem wenn die pflegende Person noch beruflich engagiert ist. Wichtig sei hier eine individuelle und neutrale Pflegeberatung, die umfassend über Entlastungsangebote informiert. Viele Leistungen, die den Pflegebedürftigen zur Verfügung stünden, würden nämlich gar nicht abgerufen. Dies gelte für die Kurzzeit- und Verhinderungspflege ebenso wie die zusätzlichen Betreuungsleistungen. Insbesondere fehlten bezahlbare niederschwellige Dienstleistungen und Betreuungsmöglichkeiten in der Region.
Es müssten Förder- und Anreizstrukturen für mehr bürgerschaftliches Engagement sowie für den Ausbau ergänzender und haushaltsnaher Dienstleistungen geschaffen werden. Es gelte, ambulante Leistungsangebote wie Tages-, Nacht- und Kurzzeitpflege bekannt zu machen und in ihrer Finanzierung zu verbessern. Desweiteren sollten neue Entlastungsangebote entwickelt und alternative Wohn- und Versorgungsformen gefördert werden. Zu berücksichtigen sei, dass auch die pflegenden Angehörigen selbst mitunter der Pflege bedürfen. Die Bundestagsabgeordnete forderte vor allem regionale Konzepte. In einem Film zeigte sie den Alltag von Personen aus Österreich, die krebskranke oder behinderte Familienmitglieder pflegen.
Schließlich nahm Frank Gerstner, Leiter des Mehrgenerationenhauses in Michelau sowie der Fachstelle für pflegende Angehörige, zu der Thematik Stellung. Obwohl es bei der häuslichen Pflege auch Männer gebe, so seien doch die Frauen in der großen Überzahl. Nach dem Auszug der Kinder treffe die Frauen meist plötzlich mit der Pflege eines Elternteils die nächste schwierige Aufgabe. In Bayern könne man sich jedoch ratsuchend an die entsprechenden Fachstellen wenden.
Sowohl Frau Scharfenberg als auch Frank Gerstner sprachen mit grenzüberschreitenden Maßnahmen ein Tabuthema an. Dies betreffe pflegende Angehörige, die auf Grund von Überforderung an den ihnen anvertrauten Personen unerlaubte freiheitsberaubende Maßnahmen vornehmen, indem sie sie am Bett fixieren oder in ein Zimmer einsperren. Stattdessen sollte man die Verhinderungspflege in Anspruch nehmen. Er gab auch den Rat, sich vorsorglich zusammen mit dem Betroffenen in einigen Heimen umzusehen, auch wenn häusliche Betreuung in Planung steht. Neben der häuslichen Pflege und dem Heimaufenthalt müssten auch neue Wohnformen in Anspruch genommen oder existierende Betreuungsformen verbessert werden.
Ein weiteres Problem wurde angesprochen. Wenn etwa eine Frau ihre kranke Mutter jahrelang bis zu ihrem Tod fast ständig gepflegt hat, dann bestehe die Gefahr, dass sie sich am Ende in sozialer wie finanzieller Not befindet. Die anschließende Diskussion drehte sich vor allem um das Thema ausländischer Pflegekräfte, für die es offizielle Vermittler gibt. Auch wenn die Dienste im Vergleich zum vollstationären Pflegeplatz kostengünstig wären, so gebe es doch viele Nachteile, etwa durch einen häufigen Personenwechsel.