Karl-Heinz Körner klappert für die Lichtenfelser Tafel Supermärkte ab, um Lebensmittel für Bedürftige zu ergattern. In der Woche kommt er locker auf 20 Stunden - ohne Vergütung, versteht sich.
Montag, Dienstag, Freitag - Karl-Heinz Körner ist unterwegs. Gemeinsam mit einem Beifahrer steuert er mit dem kleinen Kühltransporter zehn bis 15 Ziele im Raum Lichtenfels an: Bäckereien und Supermärkte. Was er umschichtet, einlädt, sortiert, das fährt er in die Lichtenfelser Tafel. Ehrenamtlich zupackend.
So um die 30 Helfer gibt es hier, ein jeder hat einen Dienstausweis. Auf Körners Ausweis steht sein Name, dort stehen auch die Unterstützer Caritas und Diakonie, und dort steht auch "Essen, wo es hingehört". "Ich kann mir vorstellen, dass wir einen großen sozialen Unfrieden in Deutschland hätten, wenn es das nicht gäbe", meint Körner zum Wirken der Tafeln. Jeden Mittwoch ist Essensausgabe an sozial schwache Menschen und nun auch verstärkt an Asylbewerber.
Deren Schicksale bedauert Körner, einstmals selbst Flüchtlingskind, besonders.
Es ist 9 Uhr, als Körner an diesem Freitag den Zündschlüssel im Schloss umdreht, um den Wagen zu starten. Zwei Mann haben Platz, heute fährt der Reporter mit und wird dabei behilflich sein, was seit zwei Jahren dreimal in der Woche Alltag im Leben des ehemaligen Fernmeldetechnikers geworden ist. Gegen 13 Uhr wird das Auto nach zwei Zwischenankünften letztmalig auf den Hof des ehemaligen Striwa-Geländes fahren, um über einen Hintereingang die gespendeten Lebensmittel in die Räumlichkeiten der Tafel zu schaffen. Dann ist sein Tag noch längst nicht vorbei, denn wenn auch von schon wartenden weiteren Helfern die Waren gesichtet, neu verpackt, gekühlt oder gar eingefroren werden, so beteiligt sich Körner an diesem Vorgang zumeist auch noch.
Sechs Stunden mal drei Tage plus ein Tag Mithilfe bei der allmittwöchlichen Essensausgabe - der Pensionär kommt locker auf über 20 ehrenamtliche Stunden in der Woche.
Die Arbeit macht warm Es ist kühl dieser Tage. Zumeist stehen die Lebensmittel verpackt schon vor den Rolltoren der Supermärkte. Die Filialleiter und Mitarbeiter sind unterrichtet, die Abholung durch die Tafel ist in den Tagesablauf eingetaktet. Es ist ein Wirken im Freien, im Wechsel zwischen Wärme im Auto und Kühle im Draußen. Jetzt zugepackt, Waren grob sortiert, ins Auto mit Kühldämmung geschlichtet - das wärmt. Es sind Zentner, die an so einem Tag bewegt werden, vier, fünf, sechs. Hochgerechnet auf den Monat, kommt so mehr als eine Tonne Gewicht an Lebensmitteln zusammen. Gemüse, Obst, Milch, Brote - alles noch innerhalb der Ablauffrist oder kurz davor.
Es handelt sich um Ware, die nicht mehr ganz so einfach verkäuflich aber noch lange frisch und gut ist. Ob Körner das Gefühl hat, dass sein Ankommen und die Tafel eher für eine Störung des Betriebsablaufs sorgen könnten? "Lästig ist ihnen des net", sagt er und Michael Seitz, Filialleiter von Aldi-Süd in Lichtenfels bestätigt dies. "Früher mussten wir notgedrungen Lebensmittel wegwerfen, jetzt geben wir es gerne der Tafel." Der Mann ist kundig in der Lebensmittelbranche und weiß, dass der Kunde Waren bevorzugt, die noch mindestens fünf Tage bis zum Verfallsdatum, das wiederum ohnehin nur einen großzügig angelegten Näherungswert darstellt, haben.
Aber nicht nur Supermärkte unterliegen Maßgaben, auch die Tafeln tun dies. Die Kühlkette darf nicht unterbrochen werden und Lagerung bei Einhaltung vorgeschriebener Temperaturen muss gewährleistet bleiben.
Dafür hängen Handzettel dort aus, wo die Tafel-Mitarbeiter sortieren. Sie haben diese Maßgaben zum Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) und zu Hygienevorschriften zwar unterwiesen bekommen, aber nachschauen lässt sich auch. Butter ist noch zwei bis vier Wochen nach Ablauf der MHD bekömmlich, H-Milch nach drei Monaten, Tiefkühlware bis zu drei Monaten. Und für Eier gilt in fett gedruckter Schrift, dass am 21. Tag nach der Legung keine mehr vorrätig, geschweige denn ausgegeben sein dürfen.
Ehrenkodexe gibt es auch, erklärt der Fahrer. Es gibt Tafeln, die haben ihren eigenen Zuständigkeitsbereich, und da funkt man nicht dazwischen. Keine Tafel will der anderen etwas wegnehmen, so bleibt jede bei ihren Anlaufstellen.
Wieder ein sinnvoller Tag Karl-Heinz Körner möchte sich noch lange für andere Menschen einbringen. "Das hält jung", befindet er.
Sport ist es auf jeden Fall, was er an den Fahrertagen vollbringt: Körbe tragen, auf Rampen klettern, von Rampen steigen - alles gelingt ihm noch erstaunlich behände. Sein Tag wird enden, wenn es draußen zu dunkeln beginnt. Es ist später Herbst, aber der Tag war sinnvoll und Karl-Heinz Körber bedauert Rentner und Pensionäre, die im Ruhestand nichts mit sich anzufangen wissen.