Der bundesweite Vergleich zeigt: Es gibt erhebliche Unterschiede beim durchschnittlichen Einkommen. Neben einem West-Ost-Gefälle wird auch die ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen deutlich.
Geld allein macht nicht glücklich. Doch zur Zufriedenheit am Arbeitsplatz trägt das Gehalt eine ganze Menge bei, wie in der Vergangenheit mehrere Studien gezeigt haben. Für Gehaltsunterschiede ist allerdings nicht nur die Art der Arbeit ein Faktor, sondern auch der Ort. Wie die Entgeltdaten der Bundesagentur für Arbeit für das Jahr 2019 zeigen, gibt es je nach Region eklatante Unterschiede im Gehaltsniveau. Wo reiht sich der Landkreis Lichtenfels ein?
Den höchsten Medianlohn, also das Durchschnittsgehalt aller Beschäftigten, hatte 2019 Wolfsburg vorzuweisen. Geprägt durch Volkswagen lag der Schnitt dort bei 5324 Euro brutto im Monat. In Görlitz an der polnischen Grenze waren es dagegen nur 2380 Euro. Etwas darüber liegt Lichtenfels mit 2897 Euro im Schnitt. "Bei solchen Statistiken muss man immer sehen: Wo befinde ich mich?", sagt Matthias Klar, Pressesprecher der Agentur für Arbeit Bamberg-Coburg, die auch für den Landkreis Lichtenfels zuständig ist. In Städten wie Bamberg oder Erlangen würden schon alleine die Universitäten das durchschnittliche Gehalt nach oben treiben. "Bin ich in Nürnberg oder München, habe ich dort Konzerne und beispielsweise die Managergehälter in der Rechnung mit drin." Das könne die Statistik verzerren.
"Es fehlen die tarifgebundenen Player im Kreis, die das Lohnniveau nach oben ziehen", sagt Mathias Eckardt, Regionsgeschäftsführer Oberfranken des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) über den Landkreis Lichtenfels. Die Metallindustrie sei hier vielerorts ein Faktor, doch rund um Lichtenfels finden sich eher der Dienstleistungssektor und die Polstermöbelindustrie, wo das Lohnniveau deutlich niedriger liege.
So erklären sich die im Vergleich extrem hohen Gehälter in Städten wie Wolfsburg oder Ingolstadt: "Industrie mit hoher Wertschöpfung, wie die Automobilbranche, kann höhere Löhne zahlen. Im ländliche Raum mit viel Handwerksbetrieben ist das ganz anders", sagt Matthias Klar von der Arbeitsagentur. Auch die Konkurrenzsituation um Fachkräfte könne die Lohnsituation beeinflussen.
Niedrigere Wohnkosten
Doch der Blick auf die nackten Zahlen ist für Klar nur die halbe Wahrheit: "Im ländlichen Raum habe ich dafür deutlich niedrigere Mieten und komme so möglicherweise auf eine höhere Lebensqualität. Niedriger Durchschnittslohn heißt also nicht unbedingt, dass die Menschen in Armut leben." Doch Mathias Eckardt mahnt: "Die Leute kommen mit dem geringeren Lohnniveau zurecht, weil dafür das Eigentumsniveau hoch ist." Wer beispielsweise in einer geerbten Immobilie oder in den ersten Berufsjahren noch bei den Eltern wohne, habe dadurch einen Vorteil. "Wenn man zur Miete wohnt, wird es für viele, die nur knapp über dem Mindestlohn verdienen, schon schwierig, sich ihr Leben gestalten zu können."
Frauen verdienen weniger
Aus der Statistik der Bundesagentur geht auch hervor, dass einige Arbeitnehmer pendeln, um gleichzeitig von den höheren Löhnen in Städten wie Coburg oder Bamberg sowie den günstigeren Lebenshaltungskosten im Kreis Lichtenfels zu profitieren. Denn während bei Menschen mit einem Arbeitsplatz im Kreis der Gehaltsschnitt bei 2897 Euro brutto im Monat liegt, liegt diese Zahl bei Arbeitnehmern, die zwar im Landkreis Lichtenfels wohnen, aber nicht zwangsläufig dort auch arbeiten, bei 3007 Euro.
Quer durch das ganze Land zieht sich währenddessen weiter ein erheblicher Unterschied zwischen den Durchschnittsgehältern von Männern und Frauen. "Leider ist es wirklich immer noch so, dass Frauen in der Praxis weniger verdienen", sagt Mathias Eckardt vom DGB. Das betreffe zum einen ungleiche Bezahlung, obwohl dieselbe Arbeit verrichtet wird, doch noch weitere Faktoren lassen die Lücke aufklaffen. Nach einer Berufspause für die Kinderbetreuung sei es für Frauen sehr schwer, die Karriere wieder aufzunehmen: "Wenn man einmal drei, vier oder fünf Jahre nicht auf der Karriereleiter mitgeklettert ist, dann holt man das schlecht wieder ein." Auch Matthias Klar von der Arbeitsagentur sagt: "Die Kinderbetreuung lässt es teilweise gar nicht zu, dass Frauen in Vollzeit arbeiten." Auch das schlage sich erheblich in der Statistik nieder.
Hinzu komme, dass Frauen sich häufiger für Berufe in schlechter bezahlten Branchen entscheiden, wie dem Dienstleistungssektor. "Und später zur Rente leiden die Frauen noch weiter unter diesen Gehaltsunterschieden", sagt Eckardt, der aber dennoch Fortschritte bei den Karrierebedingungen für Frauen sieht: "Die Tendenz geht zu einer Verbesserung."