Die beiden Kunstädte haben Riesen-Energiepotential

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Auf Altenkunstadts Dächern steckt viel Potential zur Stromerzeugung: Rund 30 Millionen Kilowattstunden Strom ließen sich auf gewerblichen und privat genutzten Immobilien per Photovoltaik erzeugen. Ein Unternehmen, das die Kraft der Sonne zur Stromerzeugung nutzt, ist die Firma Limmer & Söllner in Altenkunstadt. Fotos: Stephan Stöckel
Auf Altenkunstadts Dächern steckt viel Potential zur Stromerzeugung: Rund 30 Millionen Kilowattstunden Strom ließen sich auf gewerblichen und privat genutzten Immobilien per Photovoltaik erzeugen. Ein Unternehmen, das die Kraft der Sonne zur Stromerzeugung nutzt, ist die Firma Limmer & Söllner in Altenkunstadt. Fotos: Stephan Stöckel
 

Die ausbaufähige Nutzung der Sonnenkraft führt Alten- und Burgkunstadt zu einer gemeinsamen Ratssitzung zusammen. Und Photovoltaik rentiert sich doch, sagt ein Fachmann.

"Auf den Dächern der Altenkunstadter Wohngebäude schlummert ein riesiges Sonnenenergie-Potential: 12,5 Millionen Kilowattstunden an Strom könnte man durch Photovoltaik-Anlagen erzeugen." Zwei Sätze, mit denen Markus Ruckdeschel von der Energieagentur Nordbayern am Mittwochabend in der Altenkunstadter Synagoge für verblüffte Gesichter unter den Gemeinde- und Stadträten aus Alten- und Burgkunstadt sorgte.

3,4 von 30 Millionen kWh

Für alle Gebäude in Altenkunstadt beläuft sich die Strommenge, die man per Sonnenenergie ins Netz einspeisen könnte, sogar auf 30 Millionen Kilowattstunden. Derzeit werden auf Altenkunstadts Dächern rund 3,4 Millionen Kilowattstunden (kWh) Strom aus der Sonne erzeugt. Das geht aus dem vorgestellten Diagramm des Experten hervor. Die Leistung, die derzeit auf den Dächern mit Photovoltaik erzeugt wird, ließe sich, so Ruckdeschel, ebenfalls um ein Vielfaches von rund 3,7 auf 32 Megawatt peak vervielfältigen.

Um solche Potentiale im Bereich der Kommunen zu ermitteln und sinnvoll zu nutzen, gibt es den Energienutzungsplan. Als Planungsinstrument zur Umsetzung der Energiewende auf kommunaler Ebene stellte ihn Ruckdeschel bei der nicht alltäglichen Sitzung vor. Es kommt nicht alle Tage vor, dass die Räte der beiden Kunstädte gemeinsam tagen. Der Altenkunstadter Bürgermeister Robert Hümmer (CSU) erinnerte an die gemeinsame Kläranlage und das Lehrschwimmbecken, die die Gremien schon einmal zusammengeführt hatten.

Jetzt steht der Energienutzungsplan auf der Agenda der interkommunalen Zusammenarbeit ganz oben. Die Gesamtkosten für einen solchen Plan bezifferte der Fachmann von der Energieagentur pro Kommune auf 25 000 bis 35 000 Euro. "Der Freistaat Bayern fördert das Planungsinstrument mit 70 Prozent. Bei 30 000 Euro ergäbe das einen Eigenanteil von rund 10 000 Euro", rechnete er vor.

Gemeinsamer Nutzungsplan?

Den Gedanken, dass das staatliche Füllhorn bei einem interkommunalen Projekt praller gefüllt sei, zerstreute der Referent: "Im Förderprogramm heißt es zwar ausdrücklich ,bevorzugt interkommunal'. Daraus sind aber leider keine direkten Vorteile ableitbar was die Förderhöhe anbelangt." Lediglich für die Arbeit der Energieagentur ergäben sich Synergieeffekte, wenn zum Beispiel bei zwei Kommunen die Wohnbebauung aneinandergrenze, so Ruckdeschel. Anhand von Zeitungsartikeln zeigte der Referent auf, dass die vielbeschworene Energiewende vielerorts auf Widerstand stoße. Mit dem Energienutzungsplan bestehe die Möglichkeit, Bürger von Beginn an, in Form von zielgruppen- und themenorientierten Workshops, zum Beispiel über Wärmenetze oder Altbausanierung, mit einzubeziehen.

Hier könnten zentrale Fragen ("Wieviel Energie benötige ich?", "Wieviel Energie können wir selbst regenerativ erzeugen?", "Wie sieht unser optimaler Energiemix vor Ort aus?" oder "Wie können Bürger am Ertrag beteiligt werden") geklärt werden.

Ruckdeschel betonte, dass das bürgerschaftliche Engagement und die Öffentlichkeitsarbeit der Kommune für den Plan nicht bezuschusst werden. Ruckdeschels Vortrag geriet zu einem leidenschaftlichen Plädoyer für die Energiewende. Es sei ein Märchen, dass sich Photovoltaik nicht mehr rentiere. Der Redner leugnete nicht, dass die Solarförderung drastisch gekürzt worden sei. Doch dank intelligenter Speichertechnologie, die immer mehr den Mark erobere, rechne sich die Sonnenenergie über den Eigenverbrauch mehr denn je. "Die Stromgestehungskosten, also die Kosten, welche für die Energieumwandlung von einer anderen Energieform in elektrischen Strom notwendig sind, betragen rund sieben bis 15 Cent pro Kilowattstunde. Und das garantiert auf 20 bis 25 Jahre. Damit sparen sie einiges, verglichen mit den Strompreisen der großen Energiekonzerne", rechnete der Referent vor.

Rathaus und Regens Wagner

Er ging sogar noch einen Schritt weiter: Regenerative Energien würden dazu beitragen, dass die Wertschöpfungspotentiale im Unterschied zu fossilen Energieträgern ("Rund 2000 Euro gehen pro Kopf und Jahr durch den Einkauf von Energie verloren!") in der Region verblieben. "Das ist ein selbstgemachtes Wirtschaftsförderungsprogramm", resümierte Ruckdeschel.

Wo kann es in den beiden Kommunen Anwendung finden? Anhand von Lageplänen zeigte er auf, dass in Burgkunstadt das Rathaus und Regens Wagner, die drei Schulen (Grund- und Realschule sowie Gymnasium) und die Stadthalle in Frage kämen. In Altenkunstadt ist es das Schul- und Sportzentrum in Röhrig sowie der Ortskern
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Wärmenetz im Ortskern

Im Gespräch mit unserer Zeitung erklärte der Altenkunstadter Bürgermeister Robert Hümmer, dass er sich ein Wärmenetz im Ortskern von Altenkunstadt vorstellen könne. Welche Gebäude könnte man daran anschließen? "Das Rat- und Pfarrhaus, die Grundschule, die Kathi-Baur-Kita mit Krippe und das Hotel Gondel", zählte er auf.
Wie sieht der weitere Fahrplan aus? Die beiden Gremien werden zunächst getrennt darüber beraten, ob sie sich für das Planungsinstrument entscheiden. Sollte sich eine oder gar beide Kommunen dafür entscheiden, folge der Förderantrag. "Die Bearbeitung beträgt rund acht bis zwölf Wochen", informierte Ruckdeschel die Zuhörer. Ende des Jahres könne die Energieagentur Nordbayern mit der Arbeit beginnen, die sich über acht bis zwölf Monate hinziehe.