Wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern stand gestern ein 25-jähriger Arbeiter aus Bayreuth vor dem Lichtenfelser Schöffengericht.
Außerdem soll er laut Anklageschrift einem Kaninchen den Kopf abgetrennt und in Raserei zwei Menschen immer wieder geschlagen haben.
"Da sind schon Schandtaten dabei, da schämt man sich wirklich", räumte der ruhige Mann gegenüber unserer Zeitung auf dem Flur des Amtsgerichtsgebäudes ein, währenddem er auf das Urteil wartete.
Noch einmal Bewährung
Das fiel milder aus, als es die Stimmungslage zur Prozesseröffnung zwei Stunden vorher vermuten ließ. 15 Monate Haft auf Bewährung, gekoppelt an die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt.
Als Richterin Ulrike Barausch das Verfahren am Morgen eröffnete, tat sie dies in aller Unaufgeregtheit. Bestimmt und freundlich wandte sie sich an den Angeklagten, der seinen Verteidiger Andreas Günther neben sich hatte. Im Zuschauerraum saßen sein Betreuer und sein Bewährungshelfer. Auch ein psychologischer Sachverständiger war zugegen.
Umfassendes Geständnis
Alle drei beschrieben den Beschuldigten im Verlauf der Hauptverhandlung als einen Mann, der sich langsam aber erfolgreich aus seiner Vergangenheit zu schälen scheint. Einer Vergangenheit, in der er unter anderem ein Bild seines erigierten Geschlechtsteils über Facebook an ein Mädchen verschickte. Dass das Kind noch keine 14 Jahre alt war, wollte er nicht gewusst haben, auch habe er es kaum gekannt. "Sie hat gesagt, schick mir mal ein Bild von dir, dann habe ich gesagt: Schick du auch mal eines."
Dem Mädchen blieb eine Zeugenaussage erspart. So wie überhaupt kein einziger Zeuge in dem Verfahren auftrat. Der Grund dafür lag im Geständniswillen des Mannes, der nichts zu beschönigen versuchte und von Beginn an alle Vorwürfe vollumfänglich einräumte. Etwa auch den, wonach er vor beinahe genau drei Jahren einem lebenden Kaninchen den Kopf entfernte. "Warum machen Sie denn das? Das ist ja grausam", hakte Richterin Barausch nach und erhielt eine Antwort, deren Wortlaut mitunter unbeholfen aber doch reflektiert wirkte. "Da war ich mit meiner Freundin (...) zusammen. Da war Spannung da", erklärte der Gefragte, der zudem davon sprach, nicht selten auch mit der Mutter der Freundin getrunken zu haben, die gleichfalls ein Alkoholproblem gehabt habe. "Wollten Sie ihr Kaninchen umbringen, damit es ihrer Freundin schlecht geht?", fragte Barausch. "Ja", so die kurze Antwort.
Obdachlos und im Gefängnis
Immer wieder berichtete der Mann von Alkohol und persönlich erlebter Zurückweisung. Die Trennung seiner Eltern habe er nicht verkraftet, Mutter und Vater hätten ihn nicht haben wollen. Er habe zu zündeln begonnen und zu Alkohol und Drogen gegriffen, eine zeitlang habe er sogar in einem Obdachlosen-Container gewohnt.
Seine Lehre brach er vorzeitig ab, wegen Alkohol- und Drogenvergehen saß er im Gefängnis. Der Alkohol spielte denn auch eine Rolle bei den Vorfällen am 17. Februar 2014, als er in Burgkunstadt einen Mann in den Mühlbach stieß.
Therapie angestrebt
Doch irgendwann begegnete er seiner jetzigen Freundin. "Ich habe gleich mit offenen Karten gespielt", erklärte der Mann. Seine Freundin habe ihm Halt gegeben. Sein Bewährungshelfer Andreas Winkler geriet beinahe ins Schwärmen, als er davon berichtete, wie schön sich sein Mandant seine erste eigene Wohnung hergerichtet habe. Er habe etwas gefunden, für das es sich lohne zu arbeiten. Von einem "infantilen Mann mit niedriger Impulsschwelle" zu einem Mann mit "Impulskontrolle", habe sich der 25-Jährige entwickelt. Auch habe er eine Therapie angestrebt. Da er keinen Alkohol mehr trinke, gebe es eine "sehr günstige Sozialprognose".
"Ich muss gestehen, dass mich das am meisten erschrocken hat", erklärte Staatsanwältin Sarah Röll zum Vorfall mit dem Kaninchen und sprach diesbezüglich von "grundloser Gewalt und Verstümmelung". Doch auch sie sprach davon, dass es ein Fehler wäre, wenn man den Angeklagten durch Haft aus seinen Erfolgen "herausnehmen würde". Zwei Jahre Haft auf Bewährung forderte sie und 250 Arbeitsstunden.
Das Urteil fiel sogar noch milder aus. Neben der Bewährungsstrafe verhängte das Schöffengericht auch 100 Arbeitsstunden.