Wolfgang Hoderlein, der Ober-Franke

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Wolfgang Hoderlein, der neue Chef der Fränkischen Bunds, ärgert sich über das Bayerische Fernsehen. Foto: Stephan Tiroch
Wolfgang Hoderlein, der neue Chef der Fränkischen Bunds, ärgert sich über das Bayerische Fernsehen. Foto: Stephan Tiroch

Er denkt rot-weiß und legt sich für Franken ins Zeug: Der neue Chef des Fränkischen Bundes erklärt, warum ihn die weiß-blaue Dauerberieselung des BR ärgert, was er mit dem Verfassungsschutz zu tun hatte und was er über Markus Söder denkt.

Die 430 Mitglieder des Fränkischen Bundes haben einen neuen und prominenten Chef: den Kulm bacher Wolfgang Hoderlein (61). Der Ex-Vorsitzende der Bayern-SPD und langjährige Landtagsabgeordnete, der sich sich seit Jahren für Franken ins Zeug legt, setzte sich bei der Wahl in Uehlfeld, Kreis Neustadt an der Aisch, klar gegen den Nürnberger CSU-Mann Christian Hölzlein durch. Wir haben mit dem Ober-Franken gesprochen.

Herr Hoderlein, haben Sie gerade zu viel Zeit?
Wolfgang Hoderlein: Sicher nicht (lacht), allerdings mehr als früher. Aber ich erlebe jeden Tag die Benachteiligung oder Unterdrückung Frankens und des Fränkischen in unendlich vielen Varianten und Beispielen.

Was treibt Sie an, sich als Vorsitzender an die Spitze des Fränkischen Bundes zu stellen?
Die Lage im Verein war schwierig, es hatten sich verschiedene Gruppen gebildet. Man hat mich bedrängt, als Landesvorsitzender zu kandidieren.

Ist der Fränkische Bund mehr als eine folkloristische Splittergruppe?
Unbedingt. Ein Verein, der die Interessen Frankens kulturell, geschichtlich und politisch nachhaltig vertritt.

Sie haben angekündigt, fränkische Interessen zu vertreten. Geht es da nur darum, der weiß-blauen Dau erberieselung durch den Bayerischen Rundfunk entgegenzutreten?
Nein, bei weitem nicht. Wir werden die Politik immer wieder bedrängen, die Interessen Frankens in allen Belangen angemessen zu berücksichtigen. Ob Wirtschaft, Infrastruktur, öffentliche Einrichtungen oder eben auch kulturelle Repräsentanz. Apropos: Der BR ist kein Oberbayerischer Rundfunk, sondern hat den gesetzlichen Auftrag, auch die fränkische Kultur zu repräsentieren. Das tut er nicht mal annähernd.

Sie waren einige Jahre Rundfunkrat. Was passt Ihnen nicht am BR?
Es ist der Sender für ganz Bayern, also auch für die 4,3 Millionen Franken, und nicht nur für etwa gleich viele Oberbayern. Wo begegnet man aber der fränkischen oder schwäbischen Mundart im BR? Welche Serie spielt nicht in München oder Oberbayern? Gibt es ein Volkstheater mit fränkischem Dialekt? Gab es mal ein Königlich Bayerisches Amtsgericht aus Kulmbach? Kurzum: Die altbayrische Sprachfärbung wird im BR als die alleinige Mundart aller 12,5 Millionen Bayern dargestellt. Übrigens der "Tannbach"-Dreiteiler beim ZDF war die gleiche Katastrophe.

Ein wichtiges Symbol für Sie ist die Frankenfahne. Werden Sie immer noch vom Verfassungsschutz beobachtet, wenn Sie den Frankenrechen irgendwo aufhängen?
Ich habe mir (lacht) jahrelang die Finger wundgeschrieben, damit unsere Fahne zum Tag der Franken an öffentlichen Gebäuden gehisst wird. Das hat das Innenministerium immer abgelehnt. 2010 auch, als der Tag der Franken in Kulmbach stattfand. Da habe ich zusammen mit zwölf wackeren Franken die Fahne selbst zur Plassenburg raufgetragen und dort aufgehängt. Dabei wurden wir von der Polizei begleitet und vom Verfassungsschutz beobachtet. Dann habe ich weiter Druck gemacht - und siehe da: 2013 ordnete dieselbe bayerische Obrigkeit an, dass die Frankenfahne gehisst werden darf. Na also, geht doch.

Hat der Fränkische Bund den Anspruch auf ein eigenes Bundesland Franken aufgegeben?
Bisher war es ein vorrangiges Ziel, und viele haben den Fränkischen Bund darauf verkürzt. Aber 2012 wurde die Satzung dahingehend geändert, dass im Rahmen einer Neugliederung des Bundesgebietes die Bildung eines Bundeslandes Frankens angestrebt wird. Ich bin überzeugt, dass wir nach 2020 aus verschiedenen - hauptsächlich finanziellen - Gründe ohnehin eine Neugliederung bekommen werden. Es gibt da verschiedene Modelle, darunter etliche, die für Franken, verstärkt durch fränkische Teile Baden-Württembergs und Thüringens, eine Eigenstaatlichkeit vorsehen. Aber das sehen wir mit großer Gelassenheit. Jetzt sind wir ein Drittel an Fläche, Einwohnern und Sprachregion Bayerns und haben den Anspruch, vom Freistaat entsprechend berücksichtigt zu werden.

Schönreden ist noch nie Ihre Stärke gewesen, auch nicht als SPD-Politiker. Wie sehen Sie die Zukunft Frankens und besonders der benachteiligten Regionen im östlichen Oberfranken?
Seit 25 Jahren weise ich auf die Tatsachen und Fakten hin, die jeder überprüfen könnte, auf negative Entwicklungen bei Einwohnerzahl, Wirtschaftskraft, Steuerkraft, Finanzsituation der Kommunen, Forschungseinrichtungen und Kulturangebot. Dagegen wird "argumentiert": Nestbeschmutzung, Jammerer, Schwarzmaler. Inzwischen sind viele Dinge so eindeutig, dass sie sich nicht länger mit solchen Sprüchen totschweigen lassen. Söder ist der erste nennenswerte Regierungspolitiker, der es auch mal zugibt. Aber dieses folkloristische Heimatministerium hat eindeutig die Funktion einer psychologischen Beruhigungspille. Kurzum: Der inzwischen eingetretenen völligen Sondersituation Oberfrankens und anderer ländlicher Teile Frankens ist nur noch wirksam zu begegnen, wenn man mit völlig neuen und massiven Fördermaßnahmen aufwartet. Geschieht dies nicht, wird der weiteren drastischen Auseinanderentwicklung innerhalb Bayerns Tür und Tor geöffnet.

Wäre es für Sie ein Fortschritt, wenn der Franke Söder - der als schauspielernder Minister in der BR-Soap "Dahoam is dahoam" von sich reden gemacht hat - nach Seehofer Ministerpräsident würde?
Allmächt, der Söder! Gut, er ist Club-Fan und hat die besten Faschingskostüme in Veitshöchheim. Aber ansonsten ist er derselbe schwarze Schlawiner wie die altbayrischen CSU-ler auch. Wenn einer die falsche Politik im Sinne Frankens macht, dann kann er es durch das Franke-Sein nicht gutmachen. Umgekehrt: Wer fränkische Interessen berücksichtigt, darf ansonsten in Rosenheim dahoam sein.



Zur Person


Beruf Lehrer und Journalist.

Kommunalpolitik 1978 bis heute in verschiedenen Funktionen in den Stadträten Stadtsteinach und Kulmbach, im Kreistag und im Bezirkstag.

Landtag 1990 bis 2008 SPD-Abgeordneter; fünf Jahre im Rundfunkrat des BR.

Partei 2000 bis 2003 SPD-Landesvorsitzender.

Fränkischer Bund Mitglied seit 2008, jetzt Vorsitzender.