Wann kommen die Totimpfstoffe nach Kulmbach?

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Aktuell wird an sogenannten Totimpfstoffen gegen Covid19 geforscht - eine Zulassung wird im Herbst erwartet. Foto: Archiv/Sebastian Gollnow, dpa
Aktuell wird an sogenannten Totimpfstoffen gegen Covid19 geforscht - eine Zulassung wird im Herbst erwartet. Foto: Archiv/Sebastian Gollnow, dpa
Sebastian Gollnow, dpa

Knapp 61 Prozent der Menschen im Landkreis Kulmbach sind vollständig geimpft. Zum Einsatz sind dafür die Vakzine von Astrazeneca und Biontech/Pfizer, Moderna oder Johnson&Johnson gekommen. Das sind die vier Impfstoffe, die bisher in Deutschland zugelassen sind. Doch bald sollen weitere hinzukommen.

Der österreichisch-französische Hersteller Valneva forscht beispielsweise an einem sogenannten Totimpfstoff gegen Covid19, der noch in diesem Jahr zugelassen werden könnte. Er ist der einzige in Europa, das sich aktuell in der Phase klinischer Studien befindet. Ein weiter könnte der Impfstoff des US-Unternehmens Novavax mit der Bezeichnung NVX-CoV2373 sein.

Nur die genetische Information

Im Gegensatz zu den bereits zugelassenen RNA- und Vektorimpfstoffen gegen SARS-CoV2, die nur die genetische Information für das Virus-Spike-Protein enthalten, muss der Körper bei den neuen Vakzinen das Virusprotein nicht selbst herstellen. Es wird als gereinigtes Protein gespritzt, das im Labor hergestellt wurde. Diese Impfstoffe bestehen entweder aus inaktivierten Viren wie bei Valneva - das kennt man vom Grippe-Impfstoff - oder, wie beim Novavax-Impfstoff, aus bestimmten Virusproteinen. Auf ähnliche Weise wird zum Beispiel auch der Hepatitis B-Impfstoff produziert.

"Für viele Personen, die Befürchtungen gegen die neuartigen RNA- und Vektorimpfstoffe haben, mag dieser Impfstoff attraktiv sein, da er sozusagen auf herkömmliche Weise hergestellt wurde, und mit dieser Art von Impfstoffen schon viele Erfahrungen vorliegen", sagt Brigitta Wöhrl, Professorin am Lehrstuhl für Biochemie IV - Biopolymere der Universität Bayreuth.

Körper produziert Abwehrstoffe

Der Körper erkennt das verabreichte Protein der Totimpfstoffe als fremd und produziert Abwehrstoffe (Antikörper) dagegen, so dass man ähnlich wie bei den anderen Impfstoffen vor einer schweren Corona-Infektion geschützt ist. Da das Protein nicht in den Körperzellen des Geimpften selbst hergestellt wird, wird das Immunsystem anders oder schwächer aktiviert als bei den bereits genehmigten Impfstoffen. Deswegen ist bei Totimpfstoffen ein sogenannter Wirkverstärker (Adjuvans) notwendig.

Birgitta Wöhrl: "Es ist sicherlich hilfreich, wenn dieser Impfstoff bald zugelassen werden kann, da er auch für Personen, denen die anderen Impfstoffe wegen bestimmter Nebenwirkungen oder Vorerkrankungen nicht gegeben werden können, interessant ist." Der Impfstoff könne auch wichtig sein, wenn man über die Impfung von Kindern unter zwölf Jahren nachdenkt, da man mit dieser Art Impfstoff bei Kindern bereits Erfahrungen hat.

Erkältungsvirus wird genutzt

"Je mehr unterschiedliche Impfstoffe gegen SARS-CoV2 es gibt, desto besser, da man dann gezielter auf unterschiedliche Bedingungen eingehen kann", betont die Professorin.

Allen Impfstoffen gemein ist, dass sie den Körper zur Bildung von Antikörpern gegen Bestandteile des Coronavirus anregen.Die Vakzine von Astrazeneca und Johnson & Johnson sind sogenannte Vektorimpfstoffe. Sie brauchen als Grundlage ein Virus, um Informationen in den Körper zu schleusen. Dafür wird ein unschädlich gemachtes Erkältungsvirus verwendet.

Die Präparate von Biontech/Pfizer und Moderna dagegen sind sogenannte mRNA-Impfstoffe. "m" steht dabei für messenger (Bote), "RNA" für Ribonukleinsäure. Die RNA ist die Bauanleitung für einen Bestandteil des Covid-19-Erregers, die mit Hilfe winziger Fettteilchen in die Körperzellen gelangt. Diese stellen dann ebenfalls das Viruseiweiß her, gegen das der Körper seine Immunantwort entwickelt.

Länger haltbar

Der Vorteil von Totimpfstoffe: Sie lassen sich sehr schnell in großen Mengen produzieren und können bei Temperaturen von zwei bis acht Grad mehrere Jahre gelagert und bei Raumtemperatur 24 Stunden lang verimpft werden. Die Nebenwirkungen sind vergleichsweise gering.

Valneva hofft auf die Zulassung noch in diesem Jahr. Die ersten Ergebnisse ergaben eine gute Wirksamkeit und Verträglichkeit. Aktuell befindet sich die Entwicklung in der Phase-3-Studie, die von besonderer Bedeutung ist. 4000 Teilnehmer in Großbritannien bekommen den Stoff geimpft, und es erfolgt ein Vergleich mit der Wirksamkeit von Astrazeneca.

Zulassung noch im Herbst?

Ergebnisse dazu sollen im Oktober vorliegen. Sollten sie positiv sein, könnte ein Antrag zur Zulassung bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur Ema noch im Herbst erfolgen. Ein Einsatz ist dann auch in Deutschland möglich und geplant.

Der Novavax-Impfstoff hat laut der Phase-III-Studien mit fast 30 000 Beteiligten eine Wirksamkeit von ca. 90 Prozent. Bei der EU-Arzneimittelbehörde wird das Vakzin seit Anfang März im sogenannten Rolling-Review-Verfahren geprüft. Dabei werden erste Ergebnisse wissenschaftlicher und klinischer Tests nach und nach analysiert, bevor alle für eine Zulassung nötigen Daten vorliegen.