Überrascht ist eigentlich niemand

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Peter Müller ist vom Dieselskandal wenig beeindruckt. Er ärgert sich allerdings über die Politik und betont das gesunkene Vertrauen in die Autoindustrie. Foto: Katharina Müller-Sanke
Peter Müller ist vom Dieselskandal wenig beeindruckt. Er ärgert sich allerdings über die Politik und betont das gesunkene Vertrauen in die Autoindustrie. Foto: Katharina Müller-Sanke

Die Kulmbacher lassen sich von getricksten Abgaswerten nicht aus der Ruhe bringen. Allerdings hat die Autoindustrie enorm an Vertrauen eingebüßt.

Der Dieselskandal lässt Deutschland aufhorchen, große Zeitungen berichten darüber und die Politik ist mit schnellen Reaktionen zur Stelle. Doch was sagen die Menschen bei uns in der Region zum Dieselskandal? Ist es wirklich so dramatisch? Stefan Soziaghi von der Autowerkstatt Gräf in Rottlersreuth winkt ab: "Die EU verlangt Abgaswerte, die im Labor ermittelt wurden. Dass die mit der Realität wenig zu haben, das weiß jeder und das hat jeder immer gewusst." So unfassbar skandalös findet er die jetzigen Enthüllungen damit nicht. Und er warnt generell vor Panikmache. "Dieselautos sind dreckiger als andere Autos, Diesel ist ein qualitativ niedrigeres Produkt als Benzin. Das war doch immer klar." Auch dass sich keiner der anderen Hersteller mit seinen unbedenklichen Autos brüstet zeigt für ihn, dass vieles in der Autoindustrie eben Schein ist.


Die Politik ist gefordert

Peter Müller aus Thurnau ist ebenfalls nicht wirklich besorgt, aber doch leicht genervt. "Ich sehe es im Moment extrem kritisch, dass von Seiten der Politik hier keine sachgerechten Entscheidungen getroffen werden," so der Diesel-Fahrer. "Ich habe mich damals auch wegen der geringen Schadstoffausstöße zum Beispiel durch die Rußpartikelfilter für den Diesel entschieden. Damals hatte man mir den Diesel als verhältnismäßig sauberes Auto verkauft - nun soll er plötzlich das komplette Gegenteil sein? Das passt doch nicht zusammen!" Er fordert eine genaue Aufstellung welches Auto und welche Spritform wieviel und vor allem auch welche Giftstoffe in die Luft blasen. Ein bisschen kommt es ihm auch so vor, als habe sich die Politik auf die Dieselfahrzeuge versteift. Und er zitiert, welche Grenzwerte im Arbeitsschutz teilweise herrschen.
Diese Grenzwerte kann auch Christoph Prochota bestätigen. Er arbeitet für die Firma Schwender, die rund 100 Fahrzeuge - fast alle Diesel - in ihrer Flotte hat. Benziner lohnen sich derzeit bei einer Laufleistung von bis zu 100 000 Kilometer pro Jahr einfach nicht. Unverhältnismäßig findet er die Grenzwerte für den Ausstoß von NOx bei Dieselfahrzeugen der Norm 5 und 6 bei 180 beziehungsweise 80 Mikrogramm pro Kubikmeter. Am Arbeitsplatz sind dagegen bis zu 950 erlaubt. Ein Missverhältnis, das überhaupt nicht geht, betont Prochota. "Dass ein Arbeitnehmer unter Umständen an seinem Arbeitsplatz mehr belastet ist, als wenn er neben seinem laufenden Dieseltransporter steht - das ist schon merkwürdig!" Die Firma Schwender wird derzeit keine Änderungen am Fuhrpark vornehmen. "Wir warten, bis uns die Hersteller kontaktieren," so Prochota.
Genau so empfiehlt es auch Ralf Beck, der als Betriebsleiter für Motor Nützel in Kulmbach spricht. "Panik ist völlig unbegründet. Wen es betrifft, der wird von den Herstellern angeschrieben. Alle anderen sollten einfach abwarten." Und wenn jemand heute ein neues Auto kauft - kann Ralf Beck da noch einen Diesel empfehlen? "Viele Autokäufer, die vorher geschwankt haben, entscheiden sich nun eher für den Benziner. Für Vielfahrer empfehlen wir den Diesel aber weiterhin. Am besten in der Leasingvariante. Dann bleibt der Kunde flexibel."


Es wundert niemanden

Alle Befragten sind sich in zwei Punkten einig: Erstens: Die Autoindustrie hat im Ganzen enorm an Vertrauen verloren. Und zweitens: So überraschend wie manchmal getan wird, sind die Enthüllungen nun auch nicht. Es wundert letztendlich keinen, dass getrickst wurde. Und das ist eigentlich das Schlimmste am Skandal.