Auch Beschäftigte kommunaler Krankenhäuser sind am Donnerstag zum Warnstreik aufgerufen. Die Forderung nach einer spürbaren Einkommenserhöhung hält Frank Wilzok, Personalratsvorsitzender am Kulmbacher Klinikum ist, für gerechtfertigt.
Es waren Szenen, die für Gänsehautmomente gesorgt haben: Nicht nur in Spanien, auch in Deutschland haben Menschen zu den Corona-Hochzeiten im Frühjahr den Beschäftigten im Gesundheitswesen von ihren Balkonen aus Beifall gespendet. "Wir haben uns über die Anerkennung gefreut, aber mit dem Applaus ist es nicht getan", sagt Frank Wilzok, der nicht nur Zweiter Kulmbacher Bürgermeister, sondern auch Personalratsvorsitzender am Klinikum ist.
Verdi macht Druck
Nicht um Beifall, sondern ums Geld geht es bei den Tarifverhandlungen für die Beschäftigten von Bund und Kommunen, die ins Stocken geraten sind - Verhandlungen, bei denen auch über das Einkommen im Gesundheitswesen gestritten wird. Verdi fordert unter anderem eine Lohnerhöhung von 4,8 Prozent, die der Kommunale Arbeitgeberverband ablehnt. Vor der vorerst letzten Verhandlungsrunde am 22./23. Oktober macht die Gewerkschaft Druck, "damit die Arbeitgeber die Zeichen der Zeit verstehen", betont Lorenz Ganterer, der bei Verdi Fachsekretär für die Alten- und Behindertenhilfe ist. Ganterer erwartet, dass die Arbeitgeber ein ernsthaft verhandlungsfähiges Angebot auf den Tisch legen: "Von Sonntagsreden haben die Beschäftigten genug."
Warnstreik in Bayreuth
Die Beschäftigten von Bund und Kommunen sind zum Warnstreik aufgerufen. Die zentrale Veranstaltung für Bayreuth und Kulmbach findet am Donnerstag in der Wagnerstadt statt.
Wie Robert Hinke, Fachbereichsleiter für Gesundheit & Soziales bei Verdi, mitteilt, werden die Mitarbeiter in Krankenhäusern, Pflegeheimen, der Behindertenhilfe und der Sozialarbeit deutlich machen, dass der Wertschätzung während der Pandemie nunmehr auch Taten folgen müssten. "Dass wir eine deutliche Verbesserung der Arbeits- und Einkommensbedingungen in diesen Engpassberufen benötigen, war bereits vor der Pandemie bekannt", erklärt Hinke, der befürchtet, dass sich aufgrund der "Ignoranz der Arbeitgeber" die Personalnot und der Fachkräftemangel noch verschärfen werden. "Es geht in der Tarifrunde um die Zukunft eines Kernbereiches der öffentlichen Daseinsvorsorge."
Keinen Einfluss auf Klinikbetrieb
Ob sich viele der über 1600 Mitarbeiter des Kulmbacher Klinikums am Streik beteiligen werden, ist fraglich. Der Personalrat wurde erst von der Presse über die Streikpläne informiert. "Von Verdi hatte uns bis dahin niemand kontaktiert", sagt Personalratssprecher Frank Wilzok, der mitteilt, dass nur etwa drei Prozent der Beschäftigten gewerkschaftlich organisiert sind. Wie Klinikum-Geschäftsführerin Brigitte Angermann ist er davon überzeugt, dass der Geschäftsbetrieb durch den Warnstreik nicht beeinträchtigt wird.
Forderung: 4,8 Prozent mehr Lohn
Die Forderung nach 4,8 Prozent mehr Gehalt unterstreicht Wilzok. "Das ist eine gute Ausgangsbasis für Verhandlungen. Die 4,8 Prozent müssen aber für 12 Monate gelten und dürfen nicht auf 24 oder 36 gesplittet werden. Das wäre inakzeptabel", so der Personalratsvorsitzende, der darauf verweist, dass die Attraktivität eines Berufes auch vom Verdienst abhängig ist. Im Gesundheitswesen müssten jedoch auch die Rahmenbedingungen verbessert werden. Mehr Personal sei vonnöten, um die Beschäftigen zu entlasten und den Pflegeberuf ("Es ist grundsätzlich der schönste Job, den ich mir persönlich vorstellen kann") attraktiver zu machen. Wilzok wünscht sich, dass es künftig eigene Tarifverhandlungen für Pflege- und Sozialberufe gibt: "Denn gerade hier gibt es einen erheblichen Nachholbedarf."
"Zurück an Verhandlungstisch"
Klinikum-Geschäftsführerin Brigitte Angermann würdigt den Einsatz der Belegschaft in der Corona-Krise, hält aber einen Streik in den Tarifverhandlungen nicht für den richtigen Weg. "Man sollte sich wieder an den Verhandlungstisch setzen." Dabei gibt sie zu bedenken, dass der finanzielle Spielraum der Kommunen und Gebietskörperschaften nicht groß sei, da diese in Folge der Pandemie mit erheblichen Einkommensverlusten rechnen müssten.
Angermann sieht die Gefahr, dass noch mehr Häuser, die in öffentlicher Hand sind, durch Mehrausgaben in eine finanzielle Krise schlittern. Was sie sich wünscht: Dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht in Streiks aufreiben, sondern vor Ort nach Möglichkeiten suchen, wie die Arbeitsbedingungen in einer Klinik verbessert werden können. In Kulmbach sei zuletzt viel Geld in die Digitalisierung geflossen. Das habe zu einer Entlastung des Personals gefühlt.
Entlastung und gute Bezahlung
Dass die "Helden der Corona-Krise" von den Arbeitgebern nicht allein als Kostenfaktoren gesehen werden dürfen, erklärt indes Kathrin Weidenfelder, Fachsekretärin für den Krankenhausbereich bei Verdi. "Gegen die Personalnot hilft nur eine gute Bezahlung und Entlastung des Personals. Das Rezept heißt bessere Arbeits- und Einkommensbedingungen. Dem dürfen sich die Arbeitgeber nicht länger verweigern", bekräftigt sie.
Eine Forderung, die Verdi mit dem Warnstreik unterstreichen will.