SV Motschenbach: Arm, aber sexy

3 Min
Der Mann, der Motschenbach in die Kreisklasse geschossen hat: Torjäger Christian Haas (Zweiter von links) kann sich nach seinem Goldenen Tor in Schwarzach vor Gratulanten nicht retten.
Der Mann, der Motschenbach in die Kreisklasse geschossen hat: Torjäger Christian Haas (Zweiter von links) kann sich nach seinem Goldenen Tor in Schwarzach vor Gratulanten nicht retten.
Der Motschenbacher Kapitän Christian Stenglein (links) angelt sich im letzten Saisonspiel beim FC Schwarzach (rechts Michael Hagenbucher) den Ball.
Der Motschenbacher Kapitän Christian Stenglein (links) angelt sich im letzten Saisonspiel beim FC Schwarzach (rechts Michael Hagenbucher) den Ball.
 

Der Kreisklassen-Aufsteiger SV Motschenbach ist das Muster eines funktionierenden Dorfvereins. Die glänzende Jugendarbeit ist die Basis der 1. Mannschaft.

Wenn ein Verein mehr als doppelt so viele Mitglieder (409) wie Einwohner (184) hat, dann scheint er einiges richtig zu machen. Der SV Motschenbach ist noch einer dieser funktionierenden Dorfklubs, bei denen Zusammengehörigkeitsgefühl und Gemeinschaftsgeist keine leeren Worthülsen sind, sondern Säulen der Existenz. "Wir haben keine großen Sponsor, sondern müssen unser Geld durch Veranstaltungen wie die Italienische Nacht, das Himmelfahrtsfest oder das Wiesenfest selbst verdienen", sagt SV-Vorsitzender Sebastian Kolb. Das mühsam erarbeitete Geld braucht der Verein, um sein vor zehn Jahren gebautes Sportheim abzubezahlen und die außergewöhnliche Talentförderung zu finanzieren. Für die Fußballer - bis auf Patrick Götschel alles Eigengewächse - bleibt da nichts übrig. Ihr Lohn für Tore und Punkte ist höchstens mal eine Brotzeit.
"Wir zahlen keine Auflauf- und Punkteprämie", sagt der Vorsitzende, der selbst noch in der "Ersten" aushilft.

Arm, aber sexy - darauf sind die Motschenbacher durchaus stolz. Sonst hätten sie wohl kaum den Spruch "Auch ohne Moos viel los" auf die Rückseite ihrer Meister-T-Shirts drucken lassen. Es zeugt von Selbstbewusstsein, dass sie die Hemden vor dem letzten Saisonspiel überhaupt drucken ließen. Fuhren doch die Motschenbacher mit zwei Punkten Rückstand zum großen Saisonfinale nach Schwarzach. Und bis zur 78. Minute sah es auch so aus, als würden die T-Shirts umsonst gedruckt worden sein, denn mit dem 0:0 wäre der FC Schwarzach Meister geworden. Doch dann schlug einmal mehr Torjäger Christian Haas zu. Sein Goldenes Tor brachte Motschenbach Platz 1 zurück und versetzte die Anhänger in kollektiven Freudentaumel.

Der Torjäger bleibt

Natürlich hat das 20-jährige Riesentalent längst das Interesse höherklassiger Vereine geweckt, doch bleibt er dem Verein treu. "Christian hat uns bereits im März zugesagt, auch für den Fall, dass wir in der A-Klasse geblieben wären", verrät Sebastian Kolb. Dass der pfeilschnelle Stürmer mit dem Torinstinkt (31 Saisontreffer in 24 Spielen) wohl nicht ewig zu halten sein wird, ahnt auch Kolb. "Wenn er es irgendwann einmal höherklassig versuchen will, muss man das auch verstehen."

Doch zumindest in der neuen Saison wird das Eigengewächs noch für Motschenbach Tore schießen. Vielleicht auch in den Derbys gegen den SSV Peesten, FC Kirchleus oder FC Schwarzach. Trotz aller Rivalität gönnt man auch Schwarzach den via Relegation geschafften Aufstieg. Denn Derbys brauchen die Vereine, um überhaupt noch einen Schnitt von 90 Besuchern wie in der SV in der A-Klasse zu erreichen.

Auch der Meister-Macher Michael Hergl hat bereits im März verlängert. Der Trainer aus Bindlach kam 2012 über ein Inserat im Internetportal anpfiff.info zum SV Motschenbach. "Michael ist noch ein Trainer alter Schule, der viel Wert auf Kameradschaft legt. Sogar seine Frau ist mittlerweile im Verein integriert und verkauft Kuchen", sagt Kolb über den 47-jährigen Übungsleiter, der auch schon den TDC Lindau trainiert hatte. Hergl hat sich für den SV Motschenbach als wahrer Glücksgriff entpuppt. "Er bereitet sich immer akribisch vor", sagt Sebastian Kolb.

Und Hergl fühlt sich beim SV Motschenbach pudelwohl, denn die Philosophie des Vereins ist die seine: "Ich habe selbst nur bei funktionierenden Vereinen und noch nie für Geld gespielt," sagt der 47-Jährige. 17 Jahre trug er das Trikot des TSV Plankenfels, zehn Jahre war er erst Spieler und dann Trainer beim TDC Lindau. An seiner aktuellen Truppe schätzt Michael Hergl den "unbändigen Siegeswillen und die Kameradschaft". Mit den jungen Leuten zu arbeiten, mache ihm "unheimlich Spaß." So ist er auch überzeugt, dass der SV den Klassenerhalt in der Kreisklasse schaffen wird. "Es ist schwieriger rauf zu kommen, als die Liga zu erhalten", glaubt Michael Hergl.

Alle bleiben

Aus der Meistermannschaft wird keiner den Verein verlassen. Ein Neuzugang, vielmehr Rückkehrer, steht mit Mike Bauer (Abwehr) vom TSV Melkendorf schon fest. "Wir hoffen noch auf ein bis zwei weitere Verstärkungen. Aber dahin ist es noch ein langer Weg, da wir kein Geld in die Hand nehmen können", sagt Kolb.
So baut man beim SV weiter auf den eigenen Nachwuchs. Mit Marcel Ehm, Martin Karg, Michael Lehnert, Fabian Oppelt, Lukas Schletter und Jonas Auschill hat der Verein wieder sechs Jugendliche in die Herrenteams geführt. Die exzellente Jugendarbeit ist überhaupt das Grundkapital des SV Motschenbach. Aktuell hat der Verein acht Nachwuchsteams in allen Altersklassen und eine C-Juniorinnen-Mannschaft. Hinzu kommt eine Damenmannschaft, die immerhin in der Bezirksliga spielt. 18 Trainer und Betreuer kümmern sich um rund 120 Jugendkicker. "Die Jugend ist eine Mammutaufgabe, aber unser großer Pluspunkt", sagt Sebastian Kolb. Zwar hätten immer mal wieder Nachbarvereine angefragt, ob sich der SV an einer Jugendfördergemeinschaft beteiligen wolle. "So lange wir noch genügend Spieler haben, ist das für uns aber kein Thema", verspricht der Vorsitzende.