Im Interview erklärt Spielleiter Horst Deller was es mit den Neuerungen auf sich hat, die nächste Woche in mehreren F2-Spielklassen eingeführt werden.
Horst Deller (51) aus Wonsees ist seit einem Jahr als Spielleiter im Kreis Bamberg/Bayreuth/Kulmbach für die F-Junioren zuständig. Im Interview bei infranken.de nimmt er Stellung zur Testphase der Fair-Play-Liga, die nächste Woche in mehreren F2-Spielklassen eingeführt wird.
Herr Deller, wollen Sie die Fußballregeln auf den Kopf stellen? Horst Deller: Das wollen wir mit Sicherheit nicht (lacht). Wir wollen ein kindgerechtes Fußballspiel, wie es früher im Straßenfußball gewesen ist.
Welche Idee liegt der Fair-Play-Liga bei den F-Junioren zugrunde? Wir wollen bei den Kindern in dem Alter den Wettkampfdruck rausnehmen. Sie haben in der Schule schon genügend Stress.
Was stört den BFV am Spielbetrieb der F-Junioren? Der Ehrgeiz oder der oft falsche Ehrgeiz der Eltern, auch zum Teil der Trainer, die nur ergebnisorientiert und nicht kindbezogen trainieren - das wollen wir nicht mehr haben. Die Kinder sollen spielerisch an den Fußball herangeführt werden - ohne den Druck, gewinnen zu müssen. Sie sollen Spaß haben.
Welche Teams nehmen in unserer Region an dem Versuch teil? Im Kreis Kulmbach sind es zwei Ligen mit neun Mannschaften, im Raum Bayreuth drei Ligen mit 14 Teams. Es handelt sich in der Regel um F2-Mannschaften, also um acht- und neunjährige Kinder. Los geht's am Wochenende 4./5. April.
Was wird sich ändern für die Spieler, die Trainer, die Eltern und Zuschauer? Die Fair-Play-Liga ist auf drei Säulen aufgebaut: die Schiedsrichter-Regel, die Trainer-Regel und die Fan-Regel. Wir wollen, dass Zuschauer und Eltern einen größeren Abstand zum Spielfeld halten, dass sie nicht mehr direkt neben der Außenlinie stehen und aufs Spiel Einfluss nehmen. Die gravierendste Änderung ist der Verzicht auf einen Schiedsrichter. Die Kinder sollen selbst entscheiden und sich einigen - wie im Straßenfußball. Die Trainer halten sich in einer gemeinsamen Coachingzone mit den Auswechselspielern auf. Sie sollen das Spiel begleiten und, wenn die Kinder sich nicht einigen können, eine gemeinschaftliche Entscheidung treffen. Und es wird in der Fair-Play-Liga auch keine Tabelle mehr geführt.
Welche Ziele verfolgen Sie mit der Fair-Play-Liga? Wir wollen kindgerechte Rahmenbedingungen und eine Sensibilisierung für die Ziele des Kinderfußballs. Eltern sollen ihre Kinder zwar anfeuern, aber nicht beeinflussen oder in falsche Bahnen lenken. Es geht darum, dass die Kinder den Fair-Play-Gedanken lernen und es einüben, sich sportlich fair auf dem Spielfeld zu verhalten. Die Trainer sollen Partner und Vorbilder sein und kein rein sieg orientiertes Denken und Handeln vermitteln.
Rechnen Sie damit, dass es Kritik geben wird? Ja, das wird im Anfangsstadium sicher kommen, weil es etwas Neues ist. Ich erwarte ein Feedback von den Trainern, um etwas verbessern zu können.
Und wenn sich zwei Trainer nicht riechen können ... Durch die Fair-Play-Liga sollen alle lernen. Die Trainer müssen es eben schaffen, so ein Spiel von vierzig Minuten ordentlich über die Bühne zu bringen. Es ist nicht anders als im Arbeitsleben, da muss man auch nicht jeden Kollegen mögen, aber man muss gemeinsam eine gute Leistung abliefern.
Gibt es Erfahrungen mit der Fair-Play-Liga? Im Verband Niederrhein - das ist die Region um Aachen - wird seit 2005 in allen Kleinfeld-Klassen so gespielt, also bei den F- und E-Junioren. Dort ist man voll begeistert. Es heißt, dass die Kinder untereinander - und auch die Erwachsenen - lockerer geworden sind und dass die Kinder viel mehr Spaß haben. Deswegen ist der BFV darauf aufmerksam geworden und führt jetzt diesen Großversuch durch. Mit dem Bundesliga-Schiedsrichter Felix Brych gibt es einen Beauftragten für die Fair-Play-Ligen in Bayern.
Ist eine Ausweitung auf andere Altersgruppen geplant? Da kann ich nur meine persönliche Meinung sagen: Wenn es positiv läuft, dann wird es mit Sicherheit ausgeweitet auf die komplette F-Jugend und vielleicht auch auf die E-Jugend. Der Versuch läuft jetzt erst mal das halbe Jahr. Bevor die neue Serie angeht, wird der Verband sicher eine Entscheidung treffen.