Mit Hasch gegen Multiple Sklerose

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Weil er die Schmerzen, die Multiple Sklerose verursacht, mit Haschisch bekämpfte, musste sich ein 33-jähriger Mann aus dem Landkreis Kulmbach vor dem Amtsgericht verantworten. Er kam allerdings mit einer Bewährungsstrafe davon. Foto: Symbolbild/dpa
Weil er die Schmerzen, die Multiple Sklerose verursacht, mit Haschisch bekämpfte, musste sich ein 33-jähriger Mann aus dem Landkreis Kulmbach vor dem Amtsgericht verantworten. Er kam allerdings mit einer Bewährungsstrafe davon. Foto: Symbolbild/dpa

Ein 33-jähriger Mann aus dem Landkreis Kulmbach, der seine durch Multiple Sklerose verursachten Schmerzen mit Haschisch bekämpfte, musste sich vor dem Amtsgericht verantworten. Er kam mit einer Bewährungsstrafe davon. Die Verhandlung zeigte, welche Brisanz in dem Thema steckt.

Soll der Konsum weicher Drogen freigegeben werden? Darüber diskutieren gegenwärtig Politik und Gesellschaft. Ein 33-jähriger Mann aus dem Landkreis, der nachweislich seit 20 Jahren an Multiple Sklerose erkrankt ist, konsumierte jahrelang Haschisch in größeren Mengen, um seine Schmerzen zu lindern. Das Amtsgericht verurteilte ihn wegen unerlaubten Drogenbesitzes zu zwei Jahren auf Bewährung.

"Erleichterung klar gegeben"
Selbst die Vertreterin der Anklagebehörde, Staatsanwältin Katharina Roggenbrodt, nannte den Eigenkonsum aufgrund der schweren Erkrankung nachvollziehbar. Auch Landgerichtsarzt Dr. Klaus-Peter Klante bezeichnete es als einleuchtend, dass der Angeklagte eine Erleichterung nach dem Konsum von Haschisch verspürt. Subjektiv sei nach dem Konsum eine Erleichterung klar gegeben, gleichzeitig könne man aber auch eine Suchterkrankung nicht ausschließen.

Verteidiger Alexander Schmidtgall aus Kulmbach wurde deutlicher: "Ich denke, wenn wir in fünf oder sechs Jahren hier stehen, wird diese Droge nicht mehr unter Strafe stehen."

7,5 Kilogramm erworben
Der Angeklagte hatte von einem der führenden Köpfe des Kulmbacher Haschischrings zwischen 2009 und 2014 insgesamt 7,5 Kilogramm Haschisch zum Grammpreis von sechs bis sieben Euro erworben und alles selbst konsumiert. Anhaltspunkte, dass der Angeklagte auch gedealt hat, lagen keine vor. Auch wenn zu Beginn der Verhandlung noch von niedrigeren Mengen seitens der Verteidigung die Rede war, räumte der 33-Jährige die großen Mengen letztlich auch ein.

Er habe damit nicht nur Schmerzen vermindert, sondern auch die absolut heftigen Nebenwirkungen manch schwerer Arzneimittel bekämpft, sagte er. Bereits als Schüler sei 1995 die Erkrankung mit einem ersten Schub aufgetreten und habe sich mit Gleichgewichtsstörungen und starker Taubheit von Händen, Füßen und Beinen bemerkbar gemacht.

Trotzdem machte der Mann seinen Schulabschluss, stand eine Ausbildung durch und ist mit einigen krankheitsbedingten Lücken bis heute berufstätig.

"Man kennt die Ursachen der Multiplen Sklerose nicht, deshalb kann man sie auch nicht bekämpfen", erläuterte Landgerichtsarzt Dr. Klante. Man könne auch nicht sagen, welche konkreten Auswirkungen und welche Symptomatik die Krankheit letztlich zeigt. Sicher sei es dagegen, dass die Medikamente ein erhebliches Nebenwirkungspotential haben.

"Kein Problem mit der Droge"
Er habe kein Problem, mit der Droge umzugehen, er habe keinerlei Abhängigkeits- oder Entzugserscheinungen, beteuerte der Angeklagte. Genau deshalb sei es auch ein minderschwerer Fall, argumentierte Rechtsanwalt Schmidtgall noch lange vor dem Plädoyer.

Das sah später aber auch die Staatsanwältin so, und zwar trotz der hohen Menge und trotz der Tatsache, dass die juristisch festgelegte geringe Menge um ein Vielfaches überschritten worden ist. Von allen anderen wegen Betäubungsmittelstraftaten angeklagten Personen unterscheide sich der Angeklagte dadurch, dass er seit 20 Jahren an Multipler Sklerose leidet. Katharina Roggenbrodt plädierte wegen Drogenbesitzes in 15 Einzelfällen auf die letztlich auch verhängte Bewährungsstrafe von zwei Jahren.

Sein Mandant werde wohl künftig einen anderen Weg finden müssen, um seine Schmerzen in den Griff zu bekommen, sagte Verteidiger Schmidtgall, der ebenfalls auf zwei Jahre mit Bewährung plädierte.

Legale Mittel einsetzen
Vorsitzende Richterin Nicole Allstadt setzte neben der Bewährungsstrafe eine Geldbuße in Höhe von 2400 Euro zu Gunsten der Organisation Ärzte ohne Grenzen fest. Sie erteilte dem Angeklagten die Weisung, sich künftig illegaler Drogen zu enthalten. Das soll vierteljährlich mit einem Drogenscreening überwacht werden. Es gebe keine andere Möglichkeit, als mit legalen Mitteln die Schmerzen der Erkrankung zu bekämpfen.

Für den Angeklagten gilt, was für jeden anderen auf Bewährung Verurteilten auch gilt. Verstößt er gegen die Auflagen oder wird er in den kommenden drei Jahren erneut straffällig, droht ein Widerruf der Bewährung und der Angeklagte muss zwei Jahre hinter Gittern verbringen.