Wegen Totschlags hat das Bayreuther Landgericht am Dienstag einen 57 Jahre alten Frührentner zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass der Mann einen 42-jährigen Bekannten bei einem ausschweifenden Zechgelage erstochen hat.
Motiv soll die Verärgerung über den Jüngeren gewesen sein, weil der das Appartement des Angeklagten in der Bayreuther Innenstadt trotz mehrfacher Aufforderung nicht verlassen wollte.
Während seiner zwölfjährigen Tätigkeit als Vorsitzender der Schwurgerichtskammer habe er es noch nie mit einer derart massiven Stichverletzung zu tun gehabt, sagte der vorsitzende Richter Michael Eckstein. Das Opfer muss innerhalb weniger Minuten, wahrscheinlich sogar binnen weniger Sekunden tot gewesen sein.
Der Stich habe zunächst den Bauchmuskel durchtrennt, sei dann entlang des Rippenbogens verlaufen, habe Zwerchfell und Herzbeutel durchsetzt und sei in der rechten Herzkammer geendet.
Die Klinge des Messers, das während der Verhandlung auf dem Richtertisch lag, war 20 Zentimeter lang, der Einstich 17,5 Zentimeter.
Das heißt, der Angeklagte hatte keine Chance, auch wenn ein Bekannter vor Ort noch Reanimationsmaßnahmen unternahm. Der Notarzt konnte nur noch den Tod des Mannes feststellen.
Es war am 2. Juni, einem warmen, heißen Sommertag als sich insgesamt fünf Männer in der Ein-Zimmer-Wohnung in Bayreuth zum Zechen und zum Kartenspielen trafen. Als einzige Frau war die Freundin des Angeklagten dabei. Sie war auch die einzige, die während des Tages nüchtern blieb, auch gegen 17 Uhr, als es zu dem verhängnisvollen Geschehen kam.
3,4 Promille zur Tatzeit Wie üblich habe man auch an diesem Tag Bier und Schnaps in zumindest für Normalbürger unvorstellbaren Mengen konsumiert. Der Angeklagte soll 3,4 Promille Alkohol im Blut gehabt haben, das Opfer knapp 3,7 Promille.
Der Angeklagte hatte während der Verhandlung angegeben, am Tattag um die 20 Flaschen Bier getrunken zu haben, zusätzlich mindestens eine Flasche Schnaps.
Kurz vor 17 Uhr forderte der Angeklagte das spätere Opfer auf, die Wohnung zu verlassen. Grund dafür sollen die fortwährenden Sticheleien gegen seine Freundin und Lebensgefährtin gewesen sein, die ganz offensichtlich psychisch krank ist und in einem Heim lebt. Als das spätere Opfer den Aufforderungen nicht nachkam, habe es zunächst eine Rangelei gegeben, dann holte der Angeklagte das Küchenmesser und stieß es dem Opfer ohne Vorwarnung in die rechte Körperhälfte.
Unbeeindruckte Saufkumpane Als absolut befremdlich bezeichnete es der vorsitzende Richter, dass keiner der anwesenden fünf Männer, die alle ähnlich stark betrunken waren, sich von dem Vorfall beeindrucken ließ. Der Polizeibeamte, der als erster am Tatort war, berichtete von Beleidigungen und blöden Sprüchen. Gegen zwei der Männer läuft bereits ein Ermittlungsverfahren wegen Falschaussage, weil sie während der Ermittlungen angegeben hatten, dass sie den ganzen Nachmittag geschlafen hätten, was sich später als gelogen herausstellte. Gegen einen weiteren Mann wurde aus dem gleichen Grund bereits ein Strafbefehl erlassen, der mittlerweile rechtskräftig ist.
Der Angeklagte hatte am ersten Prozesstag geschwiegen, am zweiten angegeben, dass sich das spätere Opfer das Messer selbst in den Körper gerammt habe.
"Das Ganze war ein Unglücksfall", so der Frührentner. "Ausgeschlossen", sagte ein Gutachter vom Institut für Rechtsmedizin der Universität Erlangen. Die Schilderung des Angeklagten sei absolut erlogen, so Richter Eckstein während der Urteilsbegründung.
Staatsanwalt Daniel Götz hatte zuvor sogar noch eine höhere Freiheitsstrafe von elf Jahren gefordert.
Verteidiger Wolfgang Schwemmer aus Bayreuth plädierte auf fünf Jahre wegen Körperverletzung mit Todesfolge. Er bezweifelte nicht, dass es unter Mitwirkung seines Mandanten zu dem tödlichen Stich gekommen sei.
Die im Raum stehende Unterbringung in einer Entziehungsanstalt lehnte die Kammer ab. Der sichtlich angeschlagene Angeklagte hatte während der vergangenen zwölf Jahre insgesamt acht Entziehungskuren begonnen und keine beendet. Staatsanwalt Götz nannte es ein bloßes Lippenbekenntnis, dass der Angeklagte künftig alkoholfrei leben möchte.