Kulmbacher Bierfest-Unfall wird neu aufgerollt

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Aufwendige Ermittlungen führte die Polizei nach dem Unfall auf der B 85 bei Ziegelhütten durch, wo nach dem Bierfest 2012 eine Autofahrerin einen Mann aus Weißenbrunn überfuhr und tödlich verletzte. Foto: Stephan Tiroch
Aufwendige Ermittlungen führte die Polizei nach dem Unfall auf der B 85 bei Ziegelhütten durch, wo nach dem Bierfest 2012 eine Autofahrerin einen Mann aus Weißenbrunn überfuhr und tödlich verletzte. Foto: Stephan Tiroch

Die Eltern des 30-jährigen Weißenbrunners, der getötet wurde, wollen das Kulmbacher Urteil nicht hinnehmen und gehen in die Berufung. Droht jetzt ein Zoff der Rechtsanwälte?

Der Kulmbacher Bierfest-Unfall, bei dem im August 2012 ein 30-jähriger Mann aus Weißenbrunn starb, wird noch einmal aufgerollt. Thomas Goger, Pressesprecher des Landgerichts Bayreuth, bestätigte auf Anfrage, dass Berufung eingelegt worden ist. "Das heißt, es gibt eine neue Verhandlung vor der Jugendkammer des Landgerichts", sagte er. Ein Termin stehe noch nicht fest.

Somit ist das Urteil des Kulmbacher Jugendschöffengerichts von der vergangenen Woche nicht rechtskräftig. Es hat - wie berichtet - die damals 20-jährige Autofahrerin wegen einer vorsätzlichen Trunkenheitsfahrt und Unfallflucht schuldig gesprochen. Die Tat wurde, da es sich um eine Heranwachsende handelt, nach dem Jugendstrafrecht geahndet. Das Urteil lautete: 120 Stunden gemeinnützige Arbeit, zweimaliges Drogenscreening, Fortsetzung der psychotherapeutischen Behandlung und noch drei Monate Entzug der Fahrerlaubnis, die gleich nach dem Unfall sichergestellt worden ist. Der Studentin wurden auch die Kosten des Verfahrens - einschließlich der Nebenklage - auferlegt.

An jenem Unglücksmorgen wollte der Weißenbrunner vom Kulmbacher Bierfest nach Hause laufen - 19 Kilometer bis Eichenbühl. Um 4.45 Uhr wurde auf der Bundesstraße 85 bei Ziegelhütten - auf der rechten, falschen Seite laufend und mit 1,3 Promille selbst alkoholisiert - angefahren und starb noch am Unfallort. Die junge Frau, die auch vom Bierfest kam und mindestens 1,4 Promille hatte, hielt nicht an und fuhr nach Hause. Mit ihrem Vater kehrte sie zurück und fand den Sterbenden vor.

Dass sie nicht wegen fahrlässiger Tötung angeklagt war, lag am Gutachten des Sachverständigen. Er hatte festgestellt, dass der Unfall auch einem nüchternen Autofahrer passiert wäre. Ein Totschlag durch Unterlassen infolge der Fahrerflucht kam ebenfalls nicht in Frage. Der Mann, so die Gerichtsmedizin, wäre auch nicht mehr zu retten gewesen, wenn die Frau gleich den Notarzt gerufen hätte.

Verletzung der Sorgfaltspflicht

Dies sieht Rechtsanwalt Till Wagler, Kronach, der die Eltern des Getöteten vertrat, "dezidiert anders". Der Nebenklagevertreter argumentiert auch schon vor Gericht, dass eine fahrlässige Tötung vorliegt. Er sprach von einer Sorgfaltspflichtverletzung der Autofahrerin und begründete dies mit drei Punkten: Sie hatte das Fernlicht nicht eingeschaltet, sie hätte zumindest einen Arm des Mannes (mit dem anderen hatte er telefoniert) sehen müssen und war zu weit rechts gefahren. Der Unfall wäre nicht geschehen, wenn die Frau mehr in der Fahrbahnmitte gefahren wäre, und auch nicht bei eingeschaltetem Fernlicht, weil die Frau den Fußgänger viel eher erkannt hätte.

Allerdings betonte das Jugendschöffengericht Kulmbach, dass man laut Straßenverkehrsordnung weder zum mittigen Fahren noch zur Benützung des Fernlichts verpflichtet ist.

Kein Verständnis, dass die Nebenkläger in die Berufung gehen, hat der Verteidiger der Autofahrerin. "Es ist für mich schwierig nachzuvollziehen, dass die Eltern des Getöteten eine weitere Verhandlung haben wollen", sagte der Nürnberger Rechtsanwalt Thomas Dolmány. Denn bei einem zweiten Verfahren vor der Jugendkammer am Landgericht Bayreuth werde der Fall noch einmal komplett neu aufgerollt. "Man tut da auch den Eltern keinen Gefallen - sie müssen die komplette Hauptverhandlung mit dem Sektionsprotokoll und den ganzen Details des Unfalls erneut über sich ergehen lassen." Dolmány ist über seinen Kronacher Kollegen verärgert und mutmaßt, dass es möglicherweise nur um die Anwaltsgebühr geht.

Weiter betonte der Verteidiger, "dass das Verfahren meine Mandantin tatsächlich wahnsinnig belastet". Bei ihr habe eine Wesensveränderung stattgefunden: "So eine Last - die hat man das ganze Leben. Es fällt ihr sehr schwer, damit umzugehen."

Beschwerde wegen Kosten

Die Verteidigung, so Dolmány, habe zwar keine Berufung, aber Beschwerde gegen die Kostenentscheidung eingelegt. Da seine Mandantin wegen einer vorsätzlichen Tat verurteilt ist, bezahle keine Versicherung. "Die Gerichtskosten und die anderen Kosten einschließlich der Beerdigung belaufen sich nach meiner Schätzung auf über 20.000 Euro", so der Nürnberg Rechtsanwalt.