Zukunftstrend: Kulmbacher Bierexperte sieht schwarz für Franken

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Gründerzeit: Im Februar 1993 gab der Stadtrat grünes Licht für Umbau und Renovierung der alten Limmersmühle. Auf die gute Nachricht stoßen an - von links: Hauseigentümer Hans-Hermann Limmer, Hans-Jürgen Päsler, Architekt Wolfgang Wimmer (†), Bernd Meile, Thomas Lange und Architekt Karl-Heinz Müller. Nur ein gutes Jahr später - also vor 25 Jahren - wurde das erste Bier in der Kommunbräu ausgeschenkt. Foto: Archiv Stephan Tiroch
Gründerzeit: Im Februar 1993 gab der Stadtrat grünes Licht für Umbau und Renovierung der alten Limmersmühle. Auf die gute Nachricht stoßen an - von links: Hauseigentümer Hans-Hermann Limmer, Hans-Jürgen Päsler, Architekt Wolfgang Wimmer (†), Bernd Meile, Thomas Lange und Architekt  Karl-Heinz Müller.  Nur ein gutes Jahr später - also vor 25 Jahren - wurde das erste Bier in der Kommunbräu ausgeschenkt. Foto: Archiv Stephan Tiroch
Bierexperte Hans-Jürgen Päsler glaubt, dass die fränkische Wirtshauskultur gefährdet ist. Foto: privat
Bierexperte Hans-Jürgen Päsler glaubt, dass die fränkische Wirtshauskultur gefährdet ist. Foto: privat
 

Die Kommunbräu, wo vor 25 Jahren das erste Bier ausgeschenkt wurde, ist ein Erfolgsmodell. Trotzdem befürchtet Hans-Jürgen Päsler, dass das Ende der fränkischen Wirtshauskultur naht und nur ein paar Leuchttürme in der Wüste übrigbleiben.

Der Eiserne Vorhang weg, der Kalte Krieg abgeschafft und die deutsche Teilung beendet: Anfang der neunziger Jahre herrschte Aufbruchstimmung in Deutschland. Die Menschen fühlten sich frei, lebten angstfreier als heute. Ein glückliches Jahrzehnt kündigte sich an.

Ein Umfeld, wie gemacht für die Kommunbräu, die damals erfunden wurde. Kulmbacher Freigeister erlaubten sich, darüber nachzudenken, ob man immer nur das überall gleich schmeckende Industriebier trinken muss. Ihr Credo: ein unverwechselbares Bier statt Einheitsbrei. Man fühlte sich wie das kleine gallische Dorf, das sich mit den Römern anlegt. Man wollte eine eigene Kleinbrauerei und ein eigenes Wirtshaus aus dem Boden stampfen und startete bei null. Zweifel gab es, und das Zitat machte die Runde: Wenn das schiefgeht, können wir nur noch auswandern. Aber es ging nicht schief.

Einer der Macher

Zu den Machern der Gründerzeit zählte: Hans-Jürgen Päsler, ein Verfechter der fränkischen Biervielfalt. Er war mit dabei, als vor 25 Jahren das erste Bier in der ehemaligen Limmersmühle am Grünwehr ausgeschenkt wurde. Als Vorstand der Kommunbräu (bis 2016) trug er dazu bei, dass das genossenschaftlich organisiere Projekt eine - sagen wir: erstklassige Performance hinlegte. Wir sprachen mit Päsler über das Erfolgsmodell Kommunbräu, über das Wirtshaussterben und die Schwierigkeiten der Branche.

Herr Päsler, sind Sie froh, dass Sie in Kulmbach bleiben konnten und nicht auswandern mussten?

Hans-Jürgen Päsler: Ja (schmunzelt), ich weiß, was Sie meinen. Der Spruch kommt von meinen Freund Tom Lange, der damals zur Gründermannschaft der Kommunbräu gehörte. Aufgrund der anfangs massiven Schwierigkeiten - vor allem mit komplizierten Genehmigungsverfahren - befürchtete er, dass das Projekt scheitern könnte. Dann bliebe uns nichts anderes übrig, als eben auszuwandern.

Trotzdem wurde die Kommunbräu ein Erfolgsmodell. Warum?

Wie immer hat der Erfolg viele Väter. Ein wesentlicher Grund war das glückliche Zusammentreffen von Kulmbacher Bürgern, die die ganze Bandbreite dieser Stadt darstellten: hoch kreativ, Fachleute vom Bau, Medienkompetenz und a bissla spinnert im Sinne von visionär. Der wichtigste Faktor aber war die Nachhaltigkeit und Konsequenz, mit der wir unsere Ziele über viele Jahre verfolgt haben. Hauptziel war es, ein Bier zu brauen, das Ecken und Kanten hat und nicht durch Marketing glatt geschliffen ist. Wir haben die Craft-Bier-Idee vorweggenommen.

In Kulmbach gibt es aber immer weniger Wirtshäuser. Blutet Ihnen das Herz, dass Traditionslokale wie die Schmiede, der Weberhof oder das Mönchshof-Bräuhaus leer stehen?

Ja, denn immer geht ein Stück Geschichte verloren. Wirtshäuser sind für mich gelebte Kultur. Besonders bei der Schmiede blutet mir das Herz, hier war aufgrund der Lage unserer Firma, der Update GmbH beim Krankenhaus, unser Werk II. Bei der Wirtin Elfriede Frank - unvergessen ist auch ihr Mann Sepp - war eine Wohnzimmeratmosphäre, dass man gerne ein feinherbes Herren-Pils von der Sandler trank.

Die Branche insgesamt hat's schwer. Was machen die anderen falsch?

Ich glaube, dass die Gastwirte gar nicht so viel falsch machen. Es liegt daran, dass sich das Freizeitverhalten der Leute dramatisch verändert hat. Dazu die Promillegrenze, die veränderten Verzehrgewohnheiten, der Rückzug vieler Vereine ins eigene Vereinsheim, kaum noch Schafkopf, die Überalterung der Gesellschaft - das sind einige der Gründe, die den Erfolg der Wirtshäuser gefährden. Personalprobleme, auch die beschränkte Verfügbarkeit von Wirtsleuten, kommen dazu.

Nur noch Speiselokale statt Bierwirtschaften, WhatsApp-Gruppe statt Stammtisch: Was wird aus der Wirtshauskultur?

Ich bin da nicht sonderlich optimistisch! Die Kommunbräu und diverse Landwirtshäuser mit eigener Kleinbrauerei - wie Neudrossenfeld, Hochtheta oder Schederndorf - sind Leuchttürme in der Wüste, aber weiß Gott kein Trend. Eine kleine Gegenbewegung sehe ich durch die Craft-Bier-Szene, siehe Liebesbier in Bayreuth. Aber das fränkische Wirtshaus wird es flächendeckend nicht mehr geben, man wird es suchen müssen.

Welche Rolle spielt der Bierpreis in der Gastronomie?Ist Bier zum Luxusprodukt geworden?

Nein, der Bierpreis ist nicht ausschlaggebend. Durch die Nähe der Fränkischen Schweiz sind Grenzen gesetzt, aber Qualität hat halt ihren Preis.

Warum tut sich das Bräuwerck in Neudrossenfeld so schwer, auf die Beine zu kommen?

Für mich eine Katastrophe, weil das Bräuwerck eine zündende Idee war und die logische Ergänzung zur Kommunbräu auf dem Land. Ich hoffe, dass sie ihre Schwierigkeiten in den Griff kriegen. Ratschläge aus der Draufsicht sind sicherlich nicht hilfreich.

Wenigstens ein Tipp ... Okay, also: Man sollte sich einen guten Wirt suchen, wie wir's mit der Familie Stübinger in der Kommunbräu gefunden haben.

Kennen Sie ein spannendes neues Projekt in der Region?

Vielleicht ein Speiselokal im Oberhacken: Der neue Pächter im Kleinen Rathaus "Müllers KU" ist mit einem Bündel an frischen und neuen Ideen im ältesten Stadtviertel Kulmbachs an den Start gegangen. Er bringt volles persönliches Engagement ein und trägt das ganze Risiko.