In Tannfeld rocken die Senioren

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Ludwig Töpfer sorgt mit dem Schifferklavier bei der Tannfelder Rockenstum für Stimmung. Foto: Alexander Hartmann
Ludwig Töpfer sorgt mit dem Schifferklavier bei der Tannfelder Rockenstum für Stimmung. Foto: Alexander Hartmann

Die Tannfelder Rockenstum feiert ihr zehnjähriges Bestehen. Wie früher wird auf dem Land gesungen und getanzt. Ludwig Töpfer erinnert sich an die Zeit, als sich die Jugend im heimischen Wohnzimmer traf. Heute sorgt er im Wirtshaus für Stimmung.

Was waren das für Zeiten! Eine Disco gab es nicht, und in die Stadt, wo was los war, ist die Jugend, die auf dem flachen Land gelebt hat, nicht gekommen. "Langweilig war es uns trotzdem nicht", sagt Ludwig Töpfer, der aus Tannfeld stammt. Dort ging, auch wenn die Jugend ohne Fortbewegungsmittel im Dorf quasi fest saß, Mitte des 20. Jahrhunderts die Post ab. Nicht in einer Kneipe, sondern im heimischen Wohnzimmer wurde gefeiert. "Rockenstum" hieß der Treff. Die Mädchen strickten und häkelten.
"Und wenn bei Dunkelheit die Buben kamen, dann wurde bis spät in die Nacht gesungen und getanzt", erinnert sich Liesel Denk, die gerne an die Abende zurückdenkt, "die für uns Junge auf dem Dorf eine herrliche Sache waren".

Der Treffpunkt der Dorfschönen

Was Rockenstum bedeutet, erläutert Ludwig Töpfer.
"Das war der Treffpunkt der Dorfschönen, den wir so genannt haben. Der Rocken ist ein Teil des Spinnrades, an dem der Hanfknäuel hing, der mit dem Spinnrad zum Zwirn gesponnen wurde." Der heute 80-Jährige hat damals im Wohnzimmer der feschen Tannfelder Madla ("Wir haben uns Woche für Woche bei einer anderen getroffen") Schifferklavier gespielt, der inzwischen verstorbene Otto Herold ihn auf der Konzertina begleitet.
"Wir haben richtig Stimmung gemacht", sagt Töpfer, der den Brauch, der in den fünfziger Jahren ein Ende gefunden hatte, wieder hat aufleben lassen. Nicht im Wohnzimmer, sondern in der Wirtsstube von Karl Passing trifft man sich seit 2002. Gefeiert wird auch nicht von Jugendlichen, sondern von meist über 50 Senioren, die mitunter sogar eine weite Anreise in Kauf nehmen, um die einzigarti ge Veranstaltung zu besuchen.

Wie Ingrid Dörfler aus Ramsenthal, die mit ihrem Mann Dauergast in Tannfeld ist. Sie singt lautstark mit, wenn Ludwig Töpfer auf der Quetschen einen Schlager anstimmt - und häkelt dabei, ganz wie es der alte Rockenstum-Brauch will.

"Da ist für jeden was dabei"

Immer am ersten Montag eines Monats kommt die lustige Runde zusammen. "Zehn Mal im Jahr. Nur im August und September machen wir eine Sommerpause", sagt Ludwig Töpfer, der an dem Nachmittag so manchen Schwank zum Besten gibt, mit dem Schifferklavier das Oberfrankenlied ebenso anstimmt wie den "Schneewalzer" oder Drafi Deutschers "Marmor, Stein und Eisen bricht".
"Da ist für jeden was dabei", sagt der 80-Jährige, der von Peter Birk auf der Gitarre und Manfred Schill auf der Konzertina begleitet wird. Dass der eine oder andere Ohrwurm von früher wie "Ich tanze mit Dir in den Himmel hinein" zu hören ist, freut Gunda Sieber (77). Und auch Liesel Denk, die Ludwig Töpfer dankbar ist, dass er früher was für die Jugend auf dem Dorf auf die Beine gestellt hat und heute die Tannfelder Senioren unterhält.

Sie ärgert sich

"Die Rockenstum ist für uns eine willkommene Abwechslung", sagt die 80-Jährige, die sich nur über eines ärgert: dass nur einmal im Monat in der Wirtsstube gefeiert wird.