Gericht findet keine Beweise für Schuld am Schütteltrauma eines Babys

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Ein 28-Jähriger musste sich vor Gericht verantworten. Er war angeklagt, weil er einen Säugling geschüttelt und schwer verletzt haben sollte.Foto: dpa/Archiv
Ein 28-Jähriger musste sich vor Gericht verantworten. Er war angeklagt, weil er einen Säugling geschüttelt und schwer verletzt haben sollte.Foto: dpa/Archiv

Das Leben eines Kulmbacher Säuglings stand auf Messers Schneide. Zwei schwere Schütteltraumata verursachten bleibende Schäden beim Kind. Der 28-jährige Exfreund der Mutter wurde freigesprochen, da ihm keine Misshandlungen nachgewiesen werden konnten.

Ein schlimmer Unfall, eine versehentliche Verletzung, ein ärztlicher Kunstfehler oder ein genetisch bedingter Defekt: All das konnten die Richter ausschließen. Einen schlimmen Fall von Kindsmisshandlung dagegen nicht. Doch wer war schuld? Trotz einer rund viereinhalbstündigen Verhandlung gab es keine Antwort. Ein ursprünglich angeklagter 28-jähriger Mann aus dem Landkreis Bayreuth wurde nach dem Grundsatz im Zweifel für den Angeklagten freigesprochen.

Opfer ist ein vier Monate alter Junge, der nach Einschätzung von Fachleuten wahrscheinlich sein Leben lang an den Folgen leiden wird. Das Kind hat ein schlimmes Schütteltraume erlitten. Staatsanwalt Bernhard Böxler zählte Einblutungen an der Hirnhaut, Hirnfunktionsstörungen, Netzhauteinblutungen und eine halbseitige Lähmung auf.

Schuld daran sollte ursprünglich der 28-Jährige sein. Der Ex-Freund der Mutter war einen Abend lang allein mit dem Säugling. Er sollte das Kind hochgenommen, heftig geschüttelt und mit dem Kopf gegen etwas gestoßen haben. So jedenfalls stellte es sich der Staatsanwalt zunächst vor.

Er habe sich den ganzen Abend um das Kind gekümmert, sagte der junge Mann.Trotzdem habe der Junge immer wieder geschrien, auch mal ganz heftig, er sei immer wieder aufgewacht, auch als die Mutter wieder nach Hause kam. Als es die ganze Nacht so weiterging und sich das Kind mehrfach erbrach, habe man das Krankenhaus angerufen.

Nachdem die dort empfohlenen Zäpfchen auch nicht weiterhalfen und ein Ultraschall und eine Blutentnahme zu keinem Ergebnis führten, entschlossen sich Ärzte zu einer Computertomographie in Bayreuth. Das alarmierende Ergebnis: zwei Hirnblutungen, eine ältere und eine frische.

Das Kinds wurde in ein künstliches Koma versetzt. Später folgte eine wochenlange Rehabilitation in einer Spezialklinik in Oberbayern.

"Der Junge war wie mein eigenes Kind", sagte der Angeklagte. Er habe die Mutter kennengelernt, als sie schwanger war, und man verstehe sich heute noch. Das wurde bei der Zeugenbefragung der 23-jährigen Kulmbacherin deutlich. Der Angeklagte sei super mit dem Kind zurechtgekommen.

Scharfe Kritik übte die Frau am Bayreuther Klinikum. Angeblich soll das Kind kurzzeitig aufgewacht sein, weil ein Schlauch herausgerutscht war. Das könne schon mal passieren, soll eine Schwester gesagt haben. Jedenfalls sollen sich die Ärzte einer Klinik in Regensburg, wo das Kind zwischenzeitlich Behandlung war, entsetzt über die Behandlung gezeigt haben. "In meinen Augen ist da einiges schiefgelaufen", sagt die Mutter.

Gerichtsmediziner Peter Betz ging da heftig dazwischen. Das Leben des Kinds habe auf Messers Schneide gestanden, da sei es ganz normal, dass man es in ein künstliches Koma versetzt. "Halten sie sich in der Öffentlichkeit mit solchen Äußerungen zurück", fuhr er die Zeugin an.

"Das Schütteln des Säuglings steht zweifelsfrei fest", hieß es im Gutachten. Allein durch einen Sturz sei die schwere Verletzung nicht zu erklären.

Und noch ein Satz fand sich im Gutachten: Das Kind werde einen bleibenden Schaden behalten und sich nicht normal entwickeln.

Sowohl Staatsanwalt als auch Verteidigung plädierten auf Freispruch. Man könne nicht mit Sicherheit sagen, dass der Angeklagte schuld an den Verletzungen sei, sagte Staatsanwalt Böxler. "Jeder, einschließlich dem Schicksal, kommt als Täter in Betracht", so Verteidiger Jens Bernsdorf aus Bayreuth. Was, wie und durch wen passiert ist, sei letztlich völlig offen.

Das sah auch das Schöffengericht unter Vorsitz von Nicole Allstadt so. "Jemand muss das Kind geschüttelt haben", sagte die Richterin, und weiter: "Wir sind überzeugt, der Angeklagte, die Kindsmutter oder die Großmutter des Kindes wissen es." Das Gericht sei allerdings nicht in der Lage, festzustellen, wer es war.