Frau wirft Stuhl nach Arbeitsvermittlerin im Jobcenter Kulmbach

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Auch im Jobcenter Kulmbach ist es schon zu unschönen Szenen und Gewalttätigkeiten gekommen. Foto: Archiv
Auch im Jobcenter Kulmbach ist es schon zu unschönen Szenen und Gewalttätigkeiten gekommen. Foto: Archiv
"Solche Vorfälle bringen wir konsequent zur Anzeige", betont der Chef des Kulmbacher Jobcenter, Norbert Halbhuber. Foto: Alexander Hartmann
"Solche Vorfälle bringen wir konsequent zur Anzeige", betont der Chef des Kulmbacher Jobcenter, Norbert Halbhuber. Foto: Alexander Hartmann
 

Arbeitsvermittler leben gefährlich. Es kommt es immer wieder zu Zwischenfällen, die die Justiz beschäftigen. Dieses Mal ist es nur ein Bürostuhl, der durch die Luft fliegt.

Sie sprechen von "Kunden", wenn sie ihre Klienten meinen. Aber Kunden, die im Supermarkt oder beim Bäcker ihres Vertrauens freiwillig einkaufen und dort König sind, empfangen sie im Jobcenter nicht. Dort, wo seit zehn Jahren das Schreckgespenst Hartz IV herumgeistert, geht es oft genug um Schicksale, um Lebenswege, die durch die lange Arbeitslosigkeit einen Bruch erlitten haben, oder schlicht darum, dass das Geld hinten und vorne nicht reicht.

Besondere Kundschaft

Es ist also eine besondere Kundschaft, die - gezwungenermaßen - bei der Behörde verkehrt. Das Jobcenter seinerseits hat im Grund nur zwei Angebote auf Lager: die Arbeitsvermittlung und die Berechnung des Arbeitslosengelds II auf Grundlage der Hartz-Reformgesetze.

Dabei kommt es vor, dass Berater und Kunde nicht einer Meinung sind - und solche Konflikte sind sogar schon tödlich ausgegangen. So geschehen im Herbst 2002, als ein 52-jähriger Mann im rheinischen Neuss eine Jobcenter-Mitarbeiterin mit einem Fleischermesser erstochen hat. Oder Anfang Dezember in Rothenburg ob der Tauber: Dort ist ein externer Gutachter bei einer Messerattacke eines 28-Jährigen ums Leben gekommen. Brisant auch ein Fall in Bad Neustadt an der Saale, wo erst vor einer Woche ein 34 Jahre alter Mann versucht hat, mit einer Handgranate Geld zu erpressen.

Hätte böse ausgehen können

"Ich bin froh, dass so was bei uns nicht passiert ist. Das wünscht man niemanden", sagt der Chef des hiesigen Jobcenter, Norbert Halbhuber. Allerdings ist es im vergangenen Jahr auch in Kulmbach zu einem Zwischenfall gekommen, der böse hätte ausgehen können.

Eine Kundin hat vor fünf Monaten ein Beratungsgespräch und schmeißt einen Bürostuhl nach der Arbeitsvermittlerin. Getroffen worden ist die Frau nicht, das Wurfgeschoss prallt an einem Aktenschrank ab. Die Sachbearbeiterin bleibt unverletzt und kommt mit dem Schrecken davon.

Der Fall beschäftigt die Justiz. Die Kundin wird wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung zur Rechenschaft gezogen. Gestern soll die Verhandlung vor dem Amtsgericht Kulmbach stattfinden, aber die Angeklagte erscheint nicht. Sie legt ein ärztliches Attest vor und lässt Richterin Sieglinde Tettmann wissen, dass sie wohl auch in den nächsten Wochen "nicht so fit" sein werde.

Mit Einverständnis der Staatsanwaltschaft fasst das Gericht den Beschluss, im Wege eines Strafbefehlsverfahrens zu entscheiden. Die Richterin setzt wegen der Tat am 1. September eine Geldstrafe von 900 Euro fest.

Empfindliche Strafe

Dass es sich durchaus um eine empfindliche Strafe handelt, zeigt die Zahl von 90 Tagessätzen. Die Stuhlwerferin hat nun die Möglichkeit, dagegen Einspruch einzulegen. Dann gäbe es eine mündliche Verhandlung.

Im Kulmbacher Jobcenter, das im vierten Stock des Spinnerei-Turms untergebracht ist, nimmt man den Richterspruch mit Interesse zur Kenntnis. "Solche Vorfälle bringen wir konsequent zur Anzeige", sagt Halbhuber. Vergangenes Jahr sei dreimal die Polizei eingeschaltet worden: bei der Sache mit dem Stuhl und bei zwei verbalen Entgleisungen, "als Mitarbeiter beleidigt wurden". In drei Fällen sei Hausverbot erteilt worden. Dennoch, so Halbhuber, wolle das Jobcenter ein offenes Haus bleiben. "Denn der normale Kunde von den 1550 Bedarfsgemeinschaften, die wir zu betreuen haben, benimmt sich ordentlich bei uns."

Es gibt Konfliktpotential

Halbhuber hat Verständnis für die Sorgen der Hartz-IV-Empfänger: "Leute, die bei uns Geld beziehen, haben es auch nicht leicht. Manche Kunden sind daher sehr angespannt, wenn sie ins Jobcenter kommen müssen." Konfliktpotential bestehe dann, wenn Sanktionen ausgesprochen werden oder wenn das Geld nicht reicht. "Und wir sind die Instanz, die die Hartz-IV-Regelungen gegenüber den Kunden vertreten muss."