Weideschweinhalter Ben Berthold lässt seine Tiere im Kulmbacher Schlachthof töten. Er wisse von den Problemen mit der CO2-Betäubung - und dass es längst bessere Methoden gibt.
Wer die Weideschweine von Ben Berthold im Freien fressen und tollen sieht, sieht glückliche Tiere in einer möglichst artgerechten Haltung. Doch auch für diese Schweine kommt der Tag, an dem sie in den Kulmbacher Schlachthof gebracht werden (die Teile verwertet Berthold später selber). In der Einrichtung soll es laut Bildaufnahmen der Soko Tierschutz zu Verstößen gegen das Tierschutzgesetz bei der Betäubung durch Kohlendioxid gekommen sein.
Für Ben Berthold gibt es "längst bessere Methoden". Pauschalkritik am Schlachthof hält er für unberechtigt.
Herr Berthold, wie haben Sie den TV-Beitrag bei "Report Mainz" empfunden?
Ben Berthold: Unser Ziel mit den Weideschweinen ist es, unseren Tieren zu Lebzeiten das bestmögliche, also das naturnahste Dasein zu ermöglichen und ihnen jedwedes Leid zu ersparen. Dazu gehören natürlich auch die letzten Lebensminuten. Was die Bilder im Beitrag angeht, muss ich sagen: Ich habe nichts Neues gesehen - also nichts, was ich nicht schon durch eigene Anschauung im Schlachthof mitbekommen habe. Die Methode der CO2-Betäubung ist zwar das Standardprogramm, aber es gäbe längst bessere. Aus diesem Grund versuche ich seit vielen Jahren, den sogenannten Weideschuss als Tötungsmethode anerkannt zu bekommen. Das bedeutet: Es wäre für unsere Tiere das Allerbeste, würde man sie auf der Weide schießen - mitten im Leben und aus der Herde und ihrer gewohnten Umgebung heraus. Es wäre ein schneller, schmerzloser Tod und kein langes Sterben. Die Tiere drumherum fressen weiter, als wäre nichts passiert.
Was hindert Sie daran?
Es ist nicht gewollt. Es werden hygienische Gründe vorgeschoben. Dabei ließe sich das auf der Weide geschossene Tier ja problemlos zum Schlachthof bringen, um dort abgebrüht, ausgenommen und halbiert zu werden. Das würde ich bevorzugen. Ich habe auch immer wieder versucht, was zu bewegen. Es ist anscheinend nicht gewollt, denn hygienisch ließe sich das sicher problemlos umsetzen.
Die CO2-Betäubung scheint nicht der Weisheit letzter Schluss zu sein, das gibt auch Schlachthofleiter Dirk Grühn durchaus zu. Was wäre Ihre Alternative?
Das ist bekannt, und jeder, der sich damit beschäftigt, weiß das auch. In Kulmbach gibt es zwei Möglichkeiten: Elektrozangenbetäubung und Kohlendioxid. Beides hat seine Nachteile. Wir haben selber Tests mit unseren Schweinen gemacht, weil wir für uns auch wissen wollten, ob sich beim Fleisch und der Qualität Unterschiede ergeben. Angst mindert ja die Fleischqualität, das ist längst bekannt, weil bestimmte Stoffe ausgeschüttet werden, die den Geschmack beeinträchtigen.
Oder wir machen es wie Bertold Brecht, der gefordert hat: Stattet die Schlachthöfe mit Glasfassaden aus - dann werden wir alle automatisch Vegetarier.
Wir sollten uns ehrlich machen und sagen: Wer Fleisch essen will, muss in Kauf nehmen, dass dafür Tiere sterben. Ja, das ist so. Die Frage ist: Wie sterben die Tiere? Ich selber esse wenig Fleisch und wenn, dann von meinen eigenen Tieren. Da weiß ich, wo es herkommt, wie es gelebt hat und gestorben ist.
Mittlerweile richtet sich die Forschung auf Helium als Betäubungsgas aus.
Das scheint eine echte Alternative zu sein, und die Forschung ging ja auch von Kulmbach aus. Herr Grühn hat sich dafür seit langem starkgemacht. Es wäre ein echter Fortschritt, wenn das bald realisiert werden könnte. Deutlich schonender für das Tier, aber unterm Strich auch etwas teurer.
Geht es immer nur nach dem Preis?
Das sollte es eben nicht. Wenn wenige Cent Preiserhöhung bei der Betäubung den Ausschlag geben, dann sollten wir das gesamte System infrage stellen. Wenn es dafür nicht reicht, weiß ich auch nicht.
Fragen die Kunden nach, wie Ihre Tiere getötet werden?
Ganz viele fragen nach, was im Schlachthof passiert. Das interessiert die Menschen in jedem Fall. Ich selber stelle den Tieren den Anhänger, mit dem ich zum Schlachter fahre, regelmäßig auf die Weide und füttere sie auch da drin. Sie sollen das Vehikel in keiner Weise mit etwas Bedrohlichem in Verbindung bringen. Sie werden von Weide zu Weide gefahren und haben da sogar Spaß dran.
Wie bewerten Sie den Schlachthof?
Ganz klar: Ich bin sehr froh, dass wir die Einrichtung in Kulmbach haben. Man sieht ja, woher die Menschen kommen - aus Forchheim, Coburg, Bamberg, sogar aus Thüringen. Die wissen, warum sie bis zu uns fahren, weil der Schlachthof unter all den Umständen seiner Arbeit bestmöglich nachgeht. Solange ich keinen Weideschuss praktizieren darf, ist das für mich immer noch die beste Option. Ja, wir könnten längst tiergerechtere Standards haben, völlig richtig und da bin ich sofort dabei.
Ich sage aber ganz klar auch: Wir sollten dankbar sein, den Schlachthof hier lokal vor Ort zu haben. Wissen wir, ob es andere besser machen? Wenn wir nicht aufpassen, werden alle Tiere über die Grenze gekarrt - und dann hätten wir was gewonnen? Dann haben wir gar keine Kontrolle mehr, mal ganz abgesehen von den zig Kilometern Transport, die noch obendrauf kommen. Herr Grühn hat sich sehr eingesetzt für tierwohlgerechte Standards, immer wieder auch auf möglichst stressfreie Vorgänge geachtet. Das habe ich selber mehrere Male persönlich erlebt.