Die Rothmühle ist 450 Jahre alt

2 Min
Viele kräftige Hände mussten anpacken, um diesen mächtigen Tannen-Unterzug beim Bau der Rothmühle einzubauen. Michael Bohl erklärt, dass der Baum für den Balken 1557 geschlagen wurde.
Viele kräftige Hände mussten  anpacken, um diesen mächtigen Tannen-Unterzug beim Bau der Rothmühle einzubauen. Michael Bohl erklärt, dass der Baum für den Balken  1557 geschlagen wurde.
Das war einmal ein Fenster, durch das wohl schwere Lasten in die Rothmühle hineingereicht wurden, wie die abgenutzte Fensterbank vermuten lässt.
Das war einmal ein Fenster, durch das wohl schwere  Lasten in die Rothmühle hineingereicht wurden, wie die abgenutzte Fensterbank vermuten lässt.
 
Die Stube des Müllers ist fast fertig.
Die Stube des Müllers ist fast fertig.
 
Nach der gelungenen Außensanierung der Rothmühle beratschlagen die Bohls (von rechts Gerhard, Gerda und Michael) mit Restaurator Uwe Franke, wie die vielen Räume sinnvoll genutzt werden können.
Nach der gelungenen Außensanierung der Rothmühle beratschlagen die Bohls (von rechts Gerhard, Gerda und Michael) mit Restaurator Uwe Franke, wie die vielen Räume sinnvoll genutzt werden können.
 
Einige der Protagonisten vor der Rothmühle, die beim Rothmühlenfest am 2. September die Geschichte und das Brauchtum wieder aufleben lassen.
Einige der Protagonisten vor der Rothmühle, die beim Rothmühlenfest am 2. September die Geschichte und das Brauchtum wieder aufleben lassen.
 
Der Müllermeister Johann Konrad Krauß und seine Tochter Margarethe um 1920 im Hof der Rothmühle.
Der Müllermeister Johann Konrad Krauß und seine Tochter Margarethe  um 1920 im Hof der Rothmühle.
 
Die Rothmühle um 1930. Repro: Dieter Runzer.
Die Rothmühle um 1930. Repro: Dieter Runzer.
 
Heimatforscher Dieter Runzer hat eine 64-seitige Chronik über die Rothmühle in Weißenbrunn verfasst. Foto: K.-H. Hofmann
Heimatforscher Dieter Runzer hat eine 64-seitige Chronik über die  Rothmühle in Weißenbrunn verfasst. Foto: K.-H. Hofmann
 
So sah die Südostseite 2010 aus.
So sah die Südostseite 2010 aus.
 
Inzwischen ist auch diese Fassade komplett saniert. Bis 1933 floss hier der offene Mühlkanal vorbei, der heute kanalisiert ist, aber weiterhin eine Turbine antreibt und Strom erzeugt.
Inzwischen ist auch diese Fassade komplett saniert. Bis 1933 floss hier der offene Mühlkanal vorbei, der heute kanalisiert ist, aber weiterhin eine Turbine antreibt und Strom erzeugt.
 
Dieses Mühlrad drehte sich von 1901 bis 1933 an der Rothmühle und sorgte für den Antrieb der Mühlentechnik. Repro: Dieter Runzer
Dieses Mühlrad drehte sich von 1901 bis 1933 an der Rothmühle und sorgte für den Antrieb der Mühlentechnik. Repro: Dieter Runzer
 
Der Giebel der Rothmühle 2010...
Der Giebel der Rothmühle 2010...
 
...und nach seiner Sanierung im August 2012. Das 450 Jahre alte Zierfachwerk strahlt wieder in seiner ganzen Pracht.
...und nach seiner Sanierung im August 2012. Das 450 Jahre alte Zierfachwerk strahlt wieder in seiner ganzen Pracht.
 
Das Fachwerk der Rothmühle strahlt wie vor 450 Jahren. Uwe Franke hat das Holz mit Leinöl gestrichen, das Mauerwerk erhielt einen neuen Kalkputz. Mit einer Seilwinde wurden die Lager in den Obergeschossen bestückt. Die Tür im 1. Stock ist noch vorhanden, die darüber wurde irgendwann zugemauert.
Das Fachwerk der Rothmühle strahlt  wie vor 450 Jahren.   Uwe Franke hat  das Holz  mit Leinöl gestrichen, das Mauerwerk erhielt einen neuen Kalkputz. Mit einer Seilwinde wurden die Lager in den Obergeschossen bestückt. Die Tür im 1. Stock ist noch vorhanden, die  darüber wurde irgendwann zugemauert.
 
 
Michael Bohl hat die Turbine aus dem Jahr 1954 restauriert.
Michael Bohl hat die Turbine aus dem Jahr 1954 restauriert.
 
Hier wurde 1976 letztmals Getreide gemahlen.
Hier wurde 1976 letztmals Getreide gemahlen.
 
Der Westgiebel der Rothmühle. Fotos: Christian Schuberth
Der Westgiebel der Rothmühle. Fotos: Christian Schuberth
 

Welch ein Anblick! Das Eichen-Zierfachwerk der Rothmühle in Weißenbrunn ist eine wahre Pracht. Jahrzehntelang unter Ziegeldraht und Betonzement verborgen, wurde es von seiner falschen Last befreit. Und nach einer aufwändigen Sanierung strahlen die Fassaden des ältesten Gebäudes von Weißenbrunn jetzt in neuem Glanz.

"Genauso, wie die Mühle nach ihrer Erbauung vor 450 Jahren ausgesehen haben mag", sagt der Restaurator Uwe Franke. Die Fertigstellung der Gebäudehülle wird nun am Sonntag, 2. September, groß gefeiert.
Wir schreiben das Jahr 1557. Lucas Cranach der Ältere, einer der bedeutensten Renaissance-Künstler, ist erst vor vier Jahren in Wittenberg als 78-jähriger Greis gestorben. Nur wenige Kilometer vor den Toren seiner Heimatstadt Kronachs entsteht derweil ein anderes Werk, das ebenfalls die Jahrhunderte überdauern wird. In Weißenbrunn plant das Hochstift Bamberg den Bau eines neuen Mühlengebäudes. Deshalb lassen die Kirchenleute 1557 eine uralte, mächtige Tanne fällen, die die Hauptlast der oberen Geschosse tragen muss. 1562 werden die letzten Bäume geschlagen. Sie braucht man für die Dachkonstruktion. Bis zur Fertigstellung der neuen Rothmühle ist es jetzt nicht mehr weit.

Das älteste Gebäude im Ort

Nur wenige Gebäude wie die Rothmühle haben in Franken das Glück, den Dreißigjährigen Krieg Anfang des 17. Jahrhunderts unversehrt zu überstehen. Im Bierbrauerdorf Weißenbrunn ist sie wohl die letzte aus dieser Zeit. Selbst etliche Um- und Anbauten - die gravierendsten geschahen 1820/21 und Anfang des 20. Jahrhunderts - können dem Bauwerk in der Grüner Straße 7 nicht wirklich etwas anhaben - der soliden Bauweise aus dickem Sand- und Bruchsteinmauerwerk sei Dank. Bis 1976 wird in der Mühle noch Mehl gemahlen, vier Monate später stirbt der letzte Rothmüller.
Die Um- und Anbauten an der Rothmühle führen aber die Denkmalschützer hinters Licht. Sie datieren das Gebäude ins 17. oder 18. Jahrhundert. Ihr wahres Alter entpuppt sich erst bei der Untersuchung des Unterzuges im Mühlengebäude - es ist die Tanne, die 1557 gefällt wurde. "Das Alter und der historische Wert der Rothmühle wurden weit unterschätzt", sagt Uwe Franke heute. "Er ist der entscheidende Mann für die Sanierung", lobt Gerda Bohl den Restaurator aus Wernstein, ein absoluter Experte für historische Putze und Malerarbeiten.
Gerda Bohl erbt das Einzeldenkmal Rothmühle 1994, als die letzte Besitzerin, Luise Krauß, stirbt. Die 91-Jährige verfügt in ihrem Testament, das Erbe ihrer Ahnen zu erhalten. Und Gerda Bohl erfüllt ihr den Wunsch. Luise Krauß würde das Gebäude heute wohl nicht wiedererkennen. Doch sie wäre sicher begeistert vom eingangs geschilderten Anblick.
Die Familie Bohl hat über die Jahre viel Idealismus, Zeit und Geld - es gab auch Zuschüsse von der Bayerischen Landesstiftung, der Oberfrankenstiftung und der Gemeinde - in die Rothmühle gesteckt. In Eigenleistung haben die Bohls zum Beispiel den kaum Wasser durchlassenden und deshalb für die Bausubstanz schädlichen Betonzementputz abgeklopft. Zum Vorschein kam das herrliche Zierfachwerk. Zimmerleute der Schimmendorfer Firma Kögel tauschten kaputte Balken aus, Uwe Franke und seine Mitarbeiter verpassten den Ständern und Riegeln einen neuen, verträglichen Leinölanstrich. Die Gefache und die Fassade des Erdgeschosses bekamen einen neuen Kalkputz - natürlich nach altem Vorbild. Nun erstrahlen die Giebelseiten in einem rötlichen Ton, der auf Erdfarben basiert. An den Traufseiten wurde der Putz von den Sandsteinen entfernt - "das war nämlich ursprünglich ein Sichtmauerwerk", erklärt Uwe Franke.

Die Frage der Nutzung

Auch im Inneren geht es voran - wenngleich hier noch viel Arbeit wartet. Fast fertig ist die alte Wohnstube, deren Prunkstück die alte und von Schreinermeister Gerhard Bohl selbst ausgebesserte Bohlenbalkendecke ist. "Sie hat fast keine Würmer", sagt er. Und seine Frau freut sich über "das klasse Raumklima".
Ihr Sohn Michael Bohl hat den Mühlgraben verrohrt und die Turbine aus dem Jahr 1954 restauriert. "Ein Kilowatt kann ich mit ihr pro Stunde erzeugen", sagt er. Der Strom aus eigener Produktion wird einmal gemeinsam mit Holzöfen die Mühle beheizen, 8000 Stunden im Jahr soll die Turbine laufen - wenn der Schottermühlbach genügend Wasser führt. Noch nicht ganz einig ist man sich in der Familie Bohl, wie die einzelnen Räume genutzt werden. Mutter Gerda schwebt weiterhin ein Cafe als Treffpunkt für die Dorfgemeinschaft vor, Sohn Michael kann sich Fremdenzimmer im Obergeschoss vorstellen. Übers Knie brechen wollen sie zum Glück nichts. Brauchen sie auch nicht, denn die 450 Jahre alte Rothmühle hat nach der fachmännischen Außensanierung erst einmal wieder alle Zeit der Welt.