Die Energiewende frisst viele Anbauflächen

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Auf der 0,3 Hektar großen Ackerfläche, die Harald Groppweiß an der A 70 bei Leesau besitzt, werden keine Photovoltaik-Module aufgestellt. Er braucht das Feld für seine Landwirtschaft. Foto: Alexander Hartmann
Auf  der  0,3 Hektar  großen Ackerfläche, die Harald Groppweiß an der  A 70 bei  Leesau besitzt, werden  keine Photovoltaik-Module aufgestellt. Er  braucht  das Feld für seine  Landwirtschaft.  Foto: Alexander  Hartmann
 

Bei Thurnau schießt die nächste große Freiflächenanlage aus dem Boden. Viele Grundstücksbesitzer machen mit. Harald Groppweiß und Harald Unger verzichten auf viel Geld, weil sie ihre Felder für die Landwirtschaft brauchen.

Harald Groppweiß sitzt am Steuer des Traktors und kocht vor Wut. Der 38-Jährige ist stinksauer. "Das ist eine Sauerei", sagt der Vollerwerbs-Landwirt aus dem Thurnauer Ortsteil Menchau, der sich mit dem Bulldog den Weg zu seinem Feld bahnt, das sich inmitten der acht Hektar großen Photovol taik-Freiflächenanlage befindet, die an der Autobahn 70 bei Lesau entsteht.

Der Feldweg, der von schweren Baustellen-Fahrzeugen befahren wird, ist verschlammt, die Laster, die Module und die Trägersysteme anliefern, sind zu seiner Verärgerung auch in sein Feld gefahren. "Schau dir das an. Das gibt's doch nicht", sagt der 35-Jährige, als er die Fläche sieht, die von den Arbeitern für die Photovoltaikanlage bearbeitet wird. "Wie das Areal verdichtet wird, kann das über Jahrzehnte nicht mehr bewirtschaftet werden", schimpft Groppweiß, der sein eigenes 0,3 Hektar großes Feld, das von Modulen umzingelt wird, "verteidigt" hat. Dem lukrativen Angebot, die Fläche für das Millionenprojekt von IBC Solar zu Verfügung zu stellen, hat er "widerstanden". Wobei er, wie er mitteilt, bei "Pachtpreisen" von 2500 Euro pro Hektar "für's Nichtstun" Jahr für Jahr stolze 700 Euro bekommen hätte.

Doch Groppweiß ist Landwirt. "Ich brauche die Felder, um meinen Milchviehbetrieb zu bewirtschaften", sagt der 35-Jährige, der von einem durch die Energiewende angeheizten, immer stärker werdenden Ringen um Anbauflächen spricht. Auf immer mehr Äckern werde Mais angebaut, der zur Energiegewinnung in Biogasanlagen verwendet werde. Und auch der gigantische Bau der Photovoltaik-Anlage an der A 70 gehe mit einem Flächenfraß einher.

Viel Geld und das Risiko

Vier Hektar Fläche, die IBC Solar gerne mit Photovoltaikmodulen bebaut hätte, hat Harald Unger, ein Berufskollege aus Leesau. Auch Unger hat auf viel Geld verzichtet. "Weil ich sonst anderswo in der Region Anbauflächen hätte pachten müssen, die nicht so nahe an meinem Hof liegen, habe ich meine Felder nicht hergegeben", sagt der Milchviehwirt, der stellvertretender Kreisobmann im Bayerischen Bauernverband war.

Dafür, dass Grundeigentümer, die keine Landwirtschaft betreiben, bei den lukrativen Angeboten der Solarbranche schwach werden, hat er aber durchaus Verständnis: "Die bekommen ja das Zehnfache des Geldes, das sie erhalten, wenn sie die Fläche an uns verpachten." Die Eigentümer kassierten viel Geld, gingen aber ein riskantes Geschäft ein. Davon ist Unger überzeugt. "Denn die Fläche, auf denen die Modulreihen entstehen, bleiben ja in ihrem Besitz", sagt der Landwirt und führt an: "Die Grundstücksbesitzer sichern mit ihrer Fläche quasi die Kredite für die Modulplatten ab. Geht die Betreiberfirma pleite, sind sie für die Entsorgung zuständig." Und die gehe kräftig ins Geld.

Betriebswirtschaftlich haben Harald Unger und Harald Groppweiß den eigenen Hof im Blick, doch schauen die Landwirte auch auf das Landschaftsbild. Und das macht ihnen Sorgen. Nicht nur, weil an der A70 von Roßdorf am Berg bis Neudrossenfeld riesige Freiflächen-Photovoltaikanlagen stehen.

Urlaubsregion?

"Wenn ein Reisender die Strecke befährt, kann er sich wohl kaum vorstellen, dass sich hinter den Modulen noch eine Urlaubsregion befindet", glaubt Harald Unger, der ebenso durch den Bau der großen Windparks, die geplant sind, einen massiven Eingriff befürchtet. Auch wenn die Windkraft wesentlich effektiver sei und viel weniger Land verbrauche als die Photovoltaik, so bezweifelt Unger, dass der Jura über 20 Windräder verträgt. "Die sind ja so hoch wie der Tannfelder Turm und schon von Weitem sichtbar."

Warum er weder Windräder noch Freiflächenanlagen in Oberbayern sieht, fragt sich Harald Groppweiß, der mit seinen Traktor und einer gehörigen Wut im Bauch die Baustelle bei Leesau verlässt. "Eine landesweite Verteilung wäre da schon wünschenswert", sagt der Landwirt, der davon überzeugt ist, dass andere Regierungsbezirke noch gehörig nachlegen müssen, um das zu erreichen, was Oberfranken zur Energiewende schon beigetragen hat.