Datenschutzverordnung fordert Kulmbacher in ihrer Freizeit heraus

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Der Datenschutz kann heute schnell zum bürokratischen Dschungel werden, wenn beispielsweise Freizeitaktionen des Kreisjugendrings anstehen.Alexander Hartmann
Der Datenschutz kann heute schnell zum bürokratischen Dschungel werden, wenn beispielsweise  Freizeitaktionen des Kreisjugendrings anstehen.Alexander Hartmann

Die Datenschutz-Grundverordnung bedeutet meist einen bürokratischen Mehraufwand - sei es für Vereine, Pfarrgemeinden oder in der Jugendarbeit.

"Das Recht am Bild ist ein heißes Thema", sagt Kreisjugendpfleger Jürgen Ziegler über die Veränderungen, die mit der Datenschutz-Grundverordnung einhergingen. Seit dem 25. Mai 2018 schreibt die Verordnung der Europäischen Union vor, personenbezogene Daten und Bilder noch sorgsamer zu verarbeiten. Das wirkt sich auf viele Verbände und Vereine aus.

"Mittlerweile müssen die Eltern eine Einverständniserklärung ausfüllen, die sechs bis sieben Seiten lang ist", berichtet Jürgen Ziegler. Das gelte für jede einzelne Aktion, sei es beispielsweise die Besichtigung von Radio Plassenburg oder der Besuch eines Freizeitparks innerhalb der Ferienaktionen.Dabei gehe es beim Kreisjugendring noch bürgerfreundlich zu, so Ziegler weiter, da diese Erklärungen von den Eltern auch online ausgefüllt werden können.

Die wichtigste Frage sei bei dem Aufwand aber die nach den Bildrechten. Wo vor einigen Jahren noch ein Vermerk, dass Bilder gemacht werden, in den Anmeldeformularen zur Zustimmung gereicht habe, habe der Verweis daraufhin bald an einer prägnanten Stelle platziert sein müssen. Doch auch das habe sich noch gesteigert. "Heute müssen Eltern aktiv ankreuzen, dass ihr Kind fotografiert werden darf", so der Kreisjugendpfleger.

Er erlebe es in Folge dessen immer wieder, dass Eltern ihm und seinen Kollegen diese Bildrechte nicht übertragen. Das könne im Umkehrschluss wieder zu einer enormen Verkomplizierung bei den Leitungspersonen führen, den Überblick zu behalten - beispielsweise wenn Freizeitaktionen stattfinden.

Die Mitarbeiter haben eigens dafür Strategien entwickelt. "Bei Freizeitfahrten werden die Kinder, die auf einem Foto zu sehen sein dürfen, mit einer sichtbaren grünen Textilmarke gekennzeichnet, alle, die nicht abgelichtet werden sollen, mit einer blauen", erzählt Jürgen Ziegler. Das sei auch notwendig, denn bei einer Anzahl von 50 fremden Kindern könne man sich schwer auf Anhieb merken, wer fotografiert werden dürfe und wer nicht.

Datenschutz galt schon vorher

Ebenso sind Vereine und Pfarreien von der Verordnung betroffen. Ralf-Herbert Kneitz ist Vorstand für Verwaltung beim ATS Kulmbach. Die wichtigste Maßnahme, die der Verein vorgenommen habe, betreffe den Neueintritt eines Mitgliedes. "Ein Mitglied muss schriftlich zustimmen, ob sein Foto und Name im Internet oder in den Print-Medien veröffentlicht werden darf." Bisher habe aber niemand ausdrücklich dagegen gestimmt, erinnert er sich.

Für den Verein bedeute die neue Verordnung insgesamt aber wenig Umstellung. Vorher wurde der Datenschutz ja auch schon beachtet. Durch die neue Verordnung müsse hauptsächlich nachgewiesen werden können, wie der Verein die Daten schützt. Dieser Nachweis sei wichtig, so Kneitz. "Wir gehen gelassen damit um, bei gleichzeitigem Schutz für unsere Mitglieder."

Der Kulmbacher Dekan Hans Roppelt berichtet, dass die Verordnung seine Pfarrei vor keine großen Probleme stelle. Stehe eine Kommunion oder Firmung an, müssen die Eltern vorher unterschreiben, dass Gruppenfotos im Pfarrbrief veröffentlicht werden. "Wir halten uns an die Bestimmungen. Bisher gab es noch nie Probleme", so der Dekan.

In der Musikschule betrifft die Datenschutz-Grundverordnung vor allem Konzerte und das Vorspielen, bei denen Bilder geschossen werden, so der Leiter der Städtischen Musikschule Kulmbach, Harald Streit. "Bei solchen Veranstaltungen hängt sichtbar ein Hinweis an der Tür, dass fotografiert wird", sagt er. Bei Gruppenfotos ist es notwendig, die Eltern vorher zu fragen, ob ihr Kind auf den Fotos sein darf. Außerdem müssen sie darüber informiert werden, für welche Zwecke das Bild anschließend verwendet wird. Für ihn als Leiter sei das durchaus ein detaillierter Mehraufwand, der geleistet werden muss.

"Zusätzliche Verkomplizierung"

Der bürokratische Mehraufwand, der durch die ständige Aktualisierung und Abfrage der Daten betrieben werden muss, ist heutzutage eine "zusätzliche Verkomplizierung", sagt auch Kreisjugendpfleger Jürgen Ziegler.

Aber es muss gemacht werden. Der ATS Kulmbach ist mit rund 1.500 Mitgliedern einer der größten Vereine im Landkreis, so Ralf-Herbert Kneitz. "Und es funktioniert ja."

KOMMENTAR VON ALEXANDER MÜLLER

Wie sicher sind unsere Daten? - Eine Frage, die seit vielen Jahren gestellt und am 25. Mai 2018 durch die seitdem anzuwendende Datenschutzgrundverordnung vorerst beantwortet wurde. Sie legt klar fest, was sein darf - und was nicht.

Wer seinerzeit gemeint hatte, die Vorgabe würde nur große Internet-Riesen wie Facebook und Amazon betreffen, sah sich rasch getäuscht: Die DSGVO greift in unseren Alltag ein - sei es im Geschäftlichen oder auch im Privaten. Genau dort allerdings sorgt der Datenschutz für Erschwernisse und Bürokratie, die die Beteiligten belasten können.

Wenn wir als Bayerische Rundschau beispielsweise Verlosungen durchführen, müssen wir nun alle Teilnehmer rechtssicher informieren, wie wir mit den gewonnenen Daten (Namen und Adresse, eventuell Telefonnummer, um die späteren Gewinner ermitteln und benachrichtigen zu können) verfahren. Dies führt dazu, dass die rechtlich nötigen Informationen umfangreicher sind als die Regeln für das Gewinnspiel. - Oder betrachten wir die Namen von Kommunionkindern und Konfirmanden. In all den Jahren zuvor war es Usus, dass wir bei den Kirchengemeinden und Pfarrämtern angefragt haben - und uns die Namen in aller Regel zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt wurden. Alle Interessierten in der Umgebung der Kinder und Jugendlichen wussten dann, wer auf Geschenke wartete und konnte dann entsprechend "versorgt" werden.

Heute müssten wir von allen Elternteilen schriftliche Einverständniserklärungen haben, damit wir die Namen des Nachwuchses veröffentlicht dürften. Ein Aufwand, den wir nicht betreiben können. Die Konsequenz: die Namen von Kommunionkindern und Konfirmanden werden weder heuer noch in Zukunft im Vorfeld in der Rundschau erscheinen.

Die nächste Veränderung wird die Namen der erfolgreichen Abiturienten betreffen, weil da die Rechtslage die gleiche ist - das ist bereits absehbar.

All das sind Informationen, ohne die wir auch leben können - das ist klar. Und wenn nach den Feiern Fotos gemacht werden, werden wir auch in der Bildunterschrift die Namen der Abgebildeten abdrucken können - denn da sind wir im Bereich Journalismus, der vom sogenannten Medienprivileg geschützt ist, weil ihn der Datenschutz andernfalls handlungsunfähig machen würde.

Wenn wir alle also wollen, dass unsere Daten möglichst sicher sind, müssen wir auch die Nachteile akzeptieren, die die entsprechende Verordnung mit sich bringt. Auch wenn wir uns bei deren Verabschiedung die Auswirkungen noch gar nicht so detailliert hatten ausmalen können. Und spätestens wenn bei uns die Küchla der Nachbarskinder abgegeben werden, wissen wir ja auch, dass sie auf ein Geschenk warten und können es notfalls ja nachreichen. Und die, die uns keine Krapfen bringen, sehen wenigstens die Daten ihres Nachwuchses gut geschützt.