Abends treffen sich Kupferbergerinnen am Marktplatz. Für Hanna Rattler ist die alte Bank dort der Lieblingsplatz.
Rund um die Kirche St. Vitus und den Marktplatz gibt es eine Menge Sitzgelegenheiten, doch eine gewisse Berühmtheit hat die unscheinbarste von allen: die kleine, windschiefe Bank direkt gegenüber des Gotteshauses unter dem mehr als hundert Jahre alten Birnbaum.
Tagsüber verwaist, aber abends ...
Tagsüber ist das Birnbaam-Bänkla meist verwaist. Doch "nach der sechsten Stunde" erwacht der Platz zu neuem Leben. Denn nach der Betstunde treffen sich dort Hanna Rattler (77), die als Mesnerin, Lektorin und Seniorenbeauftragte überall mit von der Partie ist, und viele Kupferbergerinnen.
"Heute habe ich Obatzten und Quark gemacht. Brot habe ich vom Dumler bekommen", lacht Hanna Rattler. Gitta Hofmann (77), Renate Och (78), Klara Rucker (77), Liesel Ströhlein (77), Claudia Weich (49), Lotte Schramm (81), Erika Hain (77) und Maria Höhn (68) lassen sich nicht zweimal bitten.
Jede leistet ihren Beitrag
"Unsere Älteste fehlt noch", moniert Hanna Rattler. Prompt kommt Johanna Mertel (82) singend über die Straße und steckt alle mit ihrer guten Laune an. Großes Hallo, Gelächter, Gläser klirren. Einige haben Wein mitgebracht, andere Brot oder Wurst. Jede leistet ihren Beitrag, keine drückt sich.
Natürlich haben nicht alle auf dem Birnbaam-Bänkla Platz. Daher hat Hanna Rattler einen großen Tisch und viele Stühle daneben gestellt. Wer kommt, findet ein Plätzchen. Das ist die Maxime der Kupferbergerinnen.
"Ich sitze immer außen", sagt Maria Höhn und erklärt auch gleich warum: Sie wohnt weit außerhalb in der St.-Veit-Straße und wartet immer auf eine Mitfahrgelegenheit.
Und von ihrem Platz direkt an der Straße kann sie schnell aufspringen ...
Während die Kupferbergerinnen den selbst gemachten Obatzten probieren, halten viele Autofahrer an. "Was feiert ihr heute?", ist die häufigste Frage. Doch die Frauen brauchen keinen Anlass. Sie genießen einfach das schöne Wetter, und es gibt immer einen Grund, sich zu treffen und zu unterhalten.
"Normalerweise sind wir immer so acht bis zehn Damen, aber wir haben auch nichts dagegen, wenn sich mal ein Mann zu uns verirrt. Wir haben immer noch ein paar Gläser und was zu trinken da", erzählen die Frauen. Wenn in Kupferberg etwas gefeiert wird, dann sind sie mit von der Partie.
Spontanes Ständchen
"Wir haben dem Alt-Bürgermeister Rudi Matysiak einmal ein Geburtstagsständchen gesungen, als er zufällig vorbeikam, da hat er uns gleich etwas vorbeigebracht", amüsiert sich die Runde.
"Uns hat sogar mal der Pater Ludwig eine Flasche Rotwein aus seiner neuen Pfarrei in Grafrath heraufgeschickt", ergänzt Hanna Rattler.
Schon so manches Mal gab es lustige Begebenheiten: Einmal hat sich eine Radgruppe zum Birnbaam-Bänkla verirrt. Plötzlich begann ein Platzregen.
17 Regenschirme
"Die Hanni Mertel wohnt ja gleich nebenan. Sie hat 17 Regenschirme hervorgezaubert und die Radfahrer damit versorgt", lacht Hanna Rattler heute noch.
Denn alle haben sich gewundert, woher eine 82-Jährige so viele Schirme hatte.
Nicht nur bei gutem Wetter ist das kleine windschiefe Bänklein der Treff nach der Kirche, auch im Winter lassen sich die Kupferbergerinnen nicht vertreiben. Man steht mindestens ein paar Minuten beim Bänkla, setzt sich nieder, plaudert. Und oft wird daraus ein gemeinsames Abendessen. Auch in der Silvesternacht ist das Bänklein der Treff mitten in der Stadt. Hier wird das Feuerwerk gezündet.
"Aber das, was uns eigentlich am meisten gefällt, ist der Zusammenhalt", sagt Hanna Rattler und fügt noch hinzu, dass deshalb das Birnbaam-Bänkla auch so wichtig für sie ist: ihr Lieblingsplatz eben.