Buchbinder Hermann Ehreiser leimt in seiner Werkstatt noch komplett in Handarbeit. Das Handwerk verbindet er mit Kunst und macht aus Büchern Luxusartikel.
Pinsel, Zirkel, Schere, Gewichte - und einiges an Papier und Leim. Die Hilfsmittel und Grundstoffe, die im Ködnitzer Ortsteil Fölschnitz auf dem Tisch liegen, sind einfach und schlicht. Und damit das Gegenteil dessen, was Hermann Ehreiser daraus macht: Ein Buch, das eher einem Kunstwerk denn einem Gebrauchsgegenstand gleicht.
"Wir wollen ja Luxusartikel machen", scherzt der 70-Jährige, als er ein Kapitalband holt, das den Buchrücken verziert. "Jedes Buch ist ein Unikat." Ausgangspunkt seines Handwerks ist besonderes Papier. Es ist 50 Jahre alt und trägt ein Wasserzeichen.
Gelernt hat Hermann Ehreiser sein Handwerk als 14-Jähriger im Schreibwarengeschäft von Werner Hildbrunner, dem damals führenden Bucheinbandkünstler der Schweiz. Weiterentwickelt hat er es 1999 mit der Einrichtung seiner Werkstatt mit Blick zur Plassenburg.
Altes Handwerk zu Kunst gemacht
"Früher haben Buchbinder vor allem praktische Dinge gemacht", erzählt Ehreiser. Zum Beispiel Konto-Bücher für Buchhalter. Seit der Einführung der Magnetband-Computer in den 1970er Jahren sind die Zeiten, in denen Buchbinder Großabnehmer hatten, aber vorbei. Viele verschwanden in der Folge von der Bildfläche. Hermann Ehreiser aber kam zum Handwerk nach über 20 Jahren Arbeit im Außendienst zurück.
Sein Konzept: Er versucht gar nicht erst, Alltagsgegenstände herzustellen, sondern spezialisiert sich aufs Exklusive. "Es gibt verschiedenste Anlässe, wofür Kunden meine Bücher möchten", erzählt er. Manche wünschen sich ein persönlich für sie gefertigtes Notizbuch, andere wollen exklusive Grußkarten, die Ehreiser ebenfalls im Repertoire hat. Und Dritte sind Besitzer alter Bücher, deren kaputter Einband durch einen neuen ersetzt werden soll.
An unserem Vorführobjekt klebt Ehreiser gerade das sogenannte Vorsatzpapier, eine in der Mitte gefaltete Doppelseite, an den Stapel Papier an. Der Leim kommt dabei auf die schmale Kante, Genauigkeit ist gefragt.
"Alte Krause" ist 120 Jahre alt
Anschließend braucht das Geklebte normalerweise zwei bis drei Stunden, um zu trocknen. So lange müssen wir bei unserem Besuch aber nicht warten - Hermann Ehreiser hat da schon mal was vorbereitet. "Jetzt kommt der Beschnitt", berichtet er nicht ohne Stolz. Denn nun kommt seine "alte Krause" zum Einsatz. Eine Maschine, die bereits 120 Jahre alt ist und die Ehreiser 1973 einer Kollegin zusammen mit weiterem Material für 800 Mark abgekauft hat.
Nach dem Beschnitt wird das Buch endgültig zu einem außergewöhnlichen Produkt. Denn das Muster auf dem Marmorpapier des Einbands hat Ehreiser selbst kreiert. Dazu hat er Ölfarben auf Wasser aufgespritzt und mit einer Stricknadel darüber verteilt. Anschließend wird darauf das Papier gelegt, welches die Farben aufsaugt.
"Jedes Muster ist individuell", betont Ehreiser "Ich könnte auch 1000 gleiche Bücher herstellen. Aber das macht keinen Spaß." Die Bandbreite der Materialien und Muster - sie ist schier unendlich. Wenn es etwas edler werden soll, arbeitet der Buchkünstler gerne auch Gold in den Einband ein. Überhaupt ist Hermann Ehreiser einer, der sich keiner Variationsmöglichkeit verweigert. "Im Gegensatz zu vielen, teilweise wesentlich jüngeren Kollegen, verbinde ich den traditionellen Beruf des Buchbinders mit moderner Technik", sagt der Mann mit eigenem DaWanda-Shop.
Gestaltung auch am PC
So gestaltet Ehreiser Einband-Layouts und Buchinhalte auch am PC, um sie anschließend zu drucken und zu binden. Apropos Binden: Bei unserem Vorführwerk braucht Ehreiser jetzt ruhige Hände. "Es gibt nur einen Versuch. Nach drei bis vier Sekunden ist der Klebstoff fest", sagt er, während er den Einband um die Anpappseiten faltet und mit Leim festklebt. "Da darf kein Steinchen oder Haar drin sein." Denn im Anschluss geht es in die Presse - und dann zum Trocknen.