Brennholz-Horten: Nicht alles darf in Rauch aufgehen

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Christoph Wernlein von der Holzmühle begutachtet Stämme. Das Kürzel "WBV" zeigt: Es handelt sich um Holz von der Waldbesitzervereinigung, also aus Privatforst. Fotos: Jochen Nützel
Christoph Wernlein von der Holzmühle begutachtet Stämme. Das Kürzel "WBV" zeigt: Es handelt sich um Holz von der Waldbesitzervereinigung, also aus Privatforst. Fotos: Jochen Nützel
Aus eins mach viele: Sägewerker Hans Wernlein (rechts) befördert eine Fichte durch das Sägegatter. Das teilt den Stamm in diesem Fall in Kanthölzer auf. Die wiederum dienen Zimmerleuten für Dachstühle.
Aus eins mach viele: Sägewerker Hans Wernlein (rechts) befördert eine Fichte durch das Sägegatter. Das teilt den Stamm in diesem Fall in Kanthölzer auf. Die wiederum dienen Zimmerleuten für Dachstühle.
 

Der Brennholz-Boom erklimmt neue Höhen, es wird gebunkert wie nie. Folge: Diejenigen, die den Wertstoff nicht verheizen, sondern zum Beispiel zu Brettern verarbeiten wollen, warten oft händeringend auf Nachschub. Und die Zahl der neuen Einzelfeuerstätten wächst auch im Landkreis Kulmbach.

Schnittholz in Reih und Glied, die Kanten abgefast, daneben ein Stapel Stämme, noch mit Rinde. Der Geruch von Harz umweht das Areal. In der Holzmühle an der B 85 rattert das Sägegatter. Hans Wernlein drückt zwei Knöpfe, sein Sohn Christoph bugsiert hydraulisch eine bereits geschälte Fichte aufs Förderband. Was hinten rauskommt, sind Kanthölzer für einen Dachstuhl. Eine Zimmerei wartet schon drauf.

Gerade im Spätsommer und im Herbst kann es sein, dass die Kunden auch mal etwas länger warten müssen. Das liegt im Familienbetrieb Wernlein daran, dass es mitunter schlicht am Nachschub mangelt. "Wir verarbeiten vor allem Nadelholz wie die Kiefer.
Und wir merken, dass die Bäume nicht mehr so unbegrenzt verfügbar sind wie noch vor zehn Jahren", sagt Hans Wernlein.

Ein wesentlicher Grund: Immer mehr Menschen, auch in der Region, haben sich so genannte Einzelfeuerstätten einbauen lassen; viele weitere planen die Anschaffunb eines Kachel- oder Schwedenofens. Jährlich sollen allein in Bayern etwa 8000 neue Anlagen hinzu kommen. Kaminkehrmeister Hilmar Stadter aus Kasendorf sagt, er habe heuer neue 50 Feuerstätten prüftechnisch abgenommen. Diese Öfen werden zu 98 Prozent mit Holz befeuert. Holz, das es dann nicht mehr bis ins Sägewerk schafft. Oder zum Spanplattenhersteller. Oder zum Möbelschreiner...

Viel Holz vor den Hütten

Wer offenen Auges durch die Wohngebiete im Landkreis fährt, der sieht sie allerorten: Holzlegen, viele Meter lang und prall gefüllt. Die Spruchweisheit vom Holz vor der Hütt'n: Hier ist sie wörtlich zu nehmen. Das Zentrum für Holzwirtschaft an der Universität Hamburg hat ausgerechnet, dass die Deutschen einen Vorrat von rund 50 Millionen Festmeter angehäuft haben. Das ist, so die Experten, mehr als die doppelte Menge, die im vergleichsweise strengen Winter 2010 verfeuert wurde.

In der vergangenen Heizperiode jagten nach Angaben der Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft Bayerns Bürger etwa 6,4 Millionen Festmeter Scheitholz durch die Schornsteine. Demnach soll mittlerweile in jedem dritten Haushalt im Freistaat mit Holz zugeheizt werden oder dient der nachwachsende Rohstoff in Zentralheizungen als alleiniger Energieträger zur Wärmeerzeugung.

Der Bund Naturschutz Deutschland (BUND) sieht diese Entwicklung durchaus mit Sorge. Wälder müssten älter und vorratsreicher werden, betont Vorsitzender Hubert Weiger. Und, oh Wunder, die Arbeits gemeinschaft Rohholzverbraucher springt ihm bei: Die sieht die Kapazitätsgrenze der deutschen Wälder erreicht.

Im Privatwald bleibt viel stehen

Dem widerspricht Theo Kaiser, jedenfalls was die Flächen und den Bestand im Kreis Kulmbach angeht. Der Geschäftsführer der Waldbauernvereinigung (WBV) Kulmbach-Stadtsteinach verweist darauf, dass vor allem der Holzeinschlag in Privatforsten seit Jahren rückläufig sei. Der Trend gehe dazu, angesichts geringer Guthabenzinsen der Banken auf der einen und der steuerlichen Veranlagung auf der anderen Seite den Baumbestand stärker als früher unangetastet zu lassen. Denn: Der Wald wird immer wichtiger als "stehendes Geld", das sich durch Wachsen verzinst. Dabei betont Kaiser: "Ein Wald sollte unbedingt bewirtschaftet werden, denn nur so kann er sich ökologisch verjüngen und für den Besitzer im Wert steigen." Die oberste Prämisse bestehe für die WBV darin, für ihre Kunden eine Forstfläche zunächst nach Wert- oder Säge-/Schnittholz zu durchleuchten, denn das bringe die besten Erträge. Erst danach rangiere die Gewinnung von Brennholz. Dass dem Wald vor dem Hintergrund des Nachhaltigkeitsgedankens zu viel Holz entnommen werde, verneint Kaiser.

Die Zahlen der Bundeswaldinventur bestätigen das. Demnach sind bayernweit in den Staatsforsten acht Millionen Kubikmeter im Jahr nachgewachsen, nahezu gleich viel wurden entnommen. Zum Vergleich die Zahlen für Privatwälder: 18 Millionen Kubikmetern Zuwachs stehen 16 Millionen an genutzter Masse gegenüber.

Gebundenes CO 2

Oft aus dem Blick gerät die Funktion des Waldes als Speicher des (in zu hohen Konzentrationen) Klimakillers Kohlendioxid (siehe Info). Allerdings heißt es aus dem Staatsministerium für Forstwirtschaft: Damit ein Wald als Kohlenstoffsenke wirken kann, müsse Holz daraus genutzt werden. Dadurch bleibe der Wald jungwüchsig und leistungsfähig für die Aufnahme von CO 2 . In dem eingeschlagenen Holz und daraus hergestellten Produkten - von der Sitzbank bis zur Hauswand - bleibe der Kohlenstoff gespeichert, solange das Holz verwendet wird. Die Bindung des Gases auf diese Weise habe einen bis zu vier Mal größeren Effekt als die CO 2 -Speicherung im Wald allein.
Auch Hans und Christoph Wernlein nutzen den Brennstoff in Form von Hackschnitzel in ihrem Holzvergaser. "Der produziert Strom, mit der Abwärme beheizen wir unsere Häuser", sagt der Seniorchef und lehnt abseits der Ladegasse einige Bretter an die Böschung. Sie dienen einem Kunden bald dauerhaft als Unterstand - und zwar für Vergängliches, nämlich Brennholz.

Der Wald - ein riesiger Kohlenstoffspeicher