Bayerns Grünröcke setzen auf Sympathie

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Jagdhornbläser sind die Sympathieträger der Jägerschaft - hier beim Standkonzert vor der Stadthalle, wo am Wochenende der Landesjägertag stattfand. Foto: Stephan Herbert Fuchs
Jagdhornbläser sind die Sympathieträger der Jägerschaft - hier beim Standkonzert vor der Stadthalle, wo am Wochenende der Landesjägertag stattfand. Foto: Stephan Herbert Fuchs
Bayerns Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (links) diskutiert mit dem Jägerpräsidenten Jürgen Vocke. Foto: Stephan Herbert Fuchs
Bayerns Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (links) diskutiert mit dem Jägerpräsidenten Jürgen Vocke.  Foto: Stephan Herbert Fuchs
 
TV-Koch Alexander Herrmann aus Wirsberg ist ein Fan von Wildfleisch und von den Jägern: "Mehr Bio, als Sie machen, gibt es gar nicht." Foto: Stephan Herbert Fuchs
TV-Koch Alexander Herrmann aus Wirsberg ist ein Fan von Wildfleisch und von den Jägern: "Mehr Bio, als Sie machen, gibt es gar nicht." Foto: Stephan Herbert Fuchs
 
Die Wildunfall-App für das Smartphone soll dazu beitragen, Wildunfälle zu vermeiden, und die Unfallabwicklung erleichtern. Foto: Adriane Lochner
Die Wildunfall-App für das Smartphone soll dazu beitragen, Wildunfälle zu vermeiden, und die Unfallabwicklung erleichtern. Foto: Adriane Lochner
 

Trophäenschau war gestern - die Jäger gehen neue Wege. Unter anderem soll eine Smartphone-App vor Wildunfällen warnen.

Einen Imagewechsel hat Jürgen Vocke, Präsident des Bayerischen Jagdverbandes (BJV), beim Landesjägertag in Kulmbach angekündigt. "Wir müssen uns den Herausforderungen der Gesellschaft stellen und den Verband für morgen aufstellen", so Vocke vor rund 600 Delegierten und interessierten Jägern in der Dr.-Stammberger-Halle.

Vocke, bis 2008 CSU-Landtagsabgeordneter und seit 1994 Chef von 49.000 bayerischen Jägern, ist für deutliche Worte bekannt. "Glaubt ja nicht, dass die Trophäenschau Zukunft hat", sagte er. Den Hirsch als Trophäe auf der Motorhaube ins Tal zu fahren, solche Dinge seien nicht mehr möglich. Auch nicht, Fotos von Großwildjagden zu veröffentlichen. Heute werde die Jagd durch die Gesellschaft geprägt. Dazu gehöre es, auf Sympathien zu setzen.
Etwa die Leistungen der Jäger für die Verkehrssicherheit herauszustellen, Traditionen wie das Jagdhornblasen hochzuhalten oder eben das Wildbret als "Heimat-Food" zu vermarkten.


Immer mehr Frauen

Jagen, so Vocke, bedeute aber vor allem, Verantwortung für Mensch und Natur zu übernehmen. Die Jagd diene der Erhaltung einer ausgewogenen Vielfalt in der Tier- und Pflanzenwelt. Zum Wandel der Jägerschaft gehöre es auch, dass mittlerweile 17 Prozent der Mitglieder Frauen sind, die sich auf allen Verbandsebenen einbringen.
An die Adresse der Bauern gerichtet, sagte Vocke vor dem Hintergrund der Schwarzwildproblematik, dass die Jäger nicht zu Schädlingsbekämpfern degradiert werden dürften. Jäger könnten nicht nächtelang Maisfelder bewachen. Stattdessen sollten Übungsschießen gefördert und die Kompetenzen für die Schwarzwildjagd gestärkt werden.

Passend zum Imagewechsel der Jäger war auch das Motto "Jagd - die schmeckt" des Landesjägertages gewählt worden. Vocke wies darauf hin, dass die bayerischen Jäger alljährlich rund 5000 Tonnen Wildbret erzeugen. Es sei durch seine zahlreichen Nährstoffe eines der gesündesten und hochwertigsten Lebensmittel überhaupt. "Wildbret ist nicht bio, es ist besser, es ist bayerische Natur pur", sagte Vocke. Wildfleisch verlasse den natürlichen Kreislauf nie, es komme aus der Natur, werde dort erlegt und komme von dort aus direkt auf den Teller.


Mehr Bio geht nicht

Um das auch zu beweisen, hatten sich die Jäger Fernsehkoch Alexander Herrmann aus Wirsberg eingeladen. "Mehr Bio, als Sie machen, gibt es gar nicht", sagte Herrmann unter dem Applaus der Delegierten. Das Image dessen, was hier aus den Wäldern komme, stehe in Reinheit, Feinheit und Ehrlichkeit über all dem, was sonst produziert wird, so Herrmann. Einen Seitenhieb auf vegane Ernährung konnte sich der Spitzenkoch nicht verkneifen. Vegan nannte er einen Irrtum und ein absolutes Luxusproblem. "Ich habe noch nie etwas gutes Veganes gegessen", so Herrmann. Vegan habe nichts mit Genuss zu tun, sagte er und plädierte für bewussten Fleischgenuss.

Die Tätigkeit der Jäger als Heger und Naturschützer werde weitestgehend respektvoll zur Kenntnis genommen, stellte Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU) fest. Er rief die Jäger dazu auf, Regionalität, Originalität und Qualität mehr in den Vordergrund zu rücken. "Wir müssen alles tun, damit die Jagd nicht erschwert, sondern erleichtert wird", meinte der Minister.


So können Wildunfälle vermieden werden

Wildunfälle gelten als häufigste Unfallursache im Freistaat. Ihre Zahl ist von rund 55 000 vor fünf Jahren auf 62 000 im Jahr 2014 gestiegen. Im Durchschnitt kostet ein Wildschaden die Kfz-Versicherung 2500 Euro.
Nach den Worten von Andreas Rüpp, Vorsitzender des BJV-Ausschusses Revier- und Wildschutz, gehören Wildwarnreflektoren an Leitpfosten oder Duftzäune zu den effizientesten Maßnahmen der Wildunfallvermeidung. Zudem müssten Straßenränder für Wild unattraktiv gemacht werden, das heißt, dass es dort keine Äsung findet. "Es geht nicht, dass man Biotopausgleichsflächen in der Nähe von Straßen schafft", sagte Rüpp.

Aber die Jäger gehen auch ganz moderne Wege, um Wildunfälle zu vermeiden. So wurde beim Landesjägertag in Kulmbach eine Smartphone-App vorgestellt, die Wildunfälle verhindern soll: die Wildunfall-App "Wuidi".

Der Name "Wuidi" kommt vom bayerischen Wort "Wuid" für Wild, sagte Alfons Weinzierl, einer der Entwickler der Wildunfall-App (www.wuidi.de). Die App für das Smartphone solle dazu beitragen, Wildunfälle zu vermeiden, und die Unfallabwicklung erleichtern.

Basierend auf einem Geoinformationssystem errechne die App, wann sich der Autofahrer in einem Gebiet mit hohem Unfallrisiko befindet. Dabei, so Weinzierl, spielen auch Wetter, Tageszeit und Geschwindigkeit eine Rolle. Zur Warnung vibriere das Handy, und es ertöne die Stimme des Radio-Moderators Bernhard Fleischmann: "Achtung Wildwechselgefahr!"


Ab August runterladen

"Unser Präventionsansatz liegt beim Menschen, nicht beim Tier", sagte der App-Entwickler. Die App werde derzeit von 120 Versuchspersonen im Freistaat getestet. Ab August solle sie für die breite Öffentlichkeit zugänglich sein.

Bereits online sei ein Wildunfall-Quiz, das gemeinsam mit Fahrlehrern entworfen wurde. Der Anwender könne sich dort durch verschiedene Schwierigkeitsgrade arbeiten und Titel vom "Angsthasen" bis zum "Platzhirschen" erobern.

Für Revierinhaber gebe es ein eigenes Revierportal (www.wuidi-revierportal.de). Es teile dem Jäger mit, wann und wo in seinem Revier ein Wildunfall stattgefunden hat.