"BAT-Kahlschlag" war Supergau für oberfränkische NGG

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Mitarbeiter protestierten in Bayreuth bis zuletzt gegen den Stellenabbau bei British American Tobacco. Foto: Daniel Karmann, dpa
Mitarbeiter protestierten in Bayreuth bis zuletzt gegen den Stellenabbau bei British American Tobacco. Foto: Daniel Karmann, dpa
Manfred Böhm von der katholischen Betriebsseelsorge Bamberg, NGG-Bezirksgeschäftsführer Michael Grundl und Vorsitzender Hans-Georg Prehmus (von links). Foto: Stephan Herbert Fuchs
Manfred Böhm von der katholischen Betriebsseelsorge Bamberg, NGG-Bezirksgeschäftsführer Michael Grundl und Vorsitzender Hans-Georg Prehmus (von links). Foto: Stephan Herbert Fuchs
 

Trotz des Kahlschlags gelte Bayreuth noch immer als eines der produktivsten Werke überhaupt, sagte Betriebsratschef Pauk Walberer bei der NGG.

Trotz des als Supergau bezeichneten "Kahlschlags" beim Bayreuther Zigarettenhersteller British American Tobacco (BAT) haben die Verantwortlichen der zuständigen Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) bei ihrer Delegiertenversammlung in Himmelkron ein positives Fazit ihrer Arbeit im zurückliegenden Jahr gezogen.

Die Gewerkschaft habe in Oberfranken nicht nur den höchsten Mitgliederzuwachs innerhalb der NGG in Bayern, sie habe auch gigantische Aktionen auf die Beine gestellt, ohne die es nicht zu einem derart positiven Sozialplan nach dem "Supergau" bei der BAT gekommen wäre, hieß es.


Immer noch sehr produktiv


Derzeit würden die geplanten Maßnahmen umgesetzt, berichtete BAT-Betriebsratsvorsitzender Paul Walberer. Rund 300 der geplanten 950 Mitarbeiter hätten das Unternehmen bereits verlassen. Ein Teil habe selbst gekündigt, viele hätten Vorruhestandsregelungen in Anspruch genommen, der Rest sei in die Transfergesellschaft gewechselt. Trotz des Kahlschlags gelte Bayreuth noch immer als eines der produktivsten Werke überhaupt, sagte Walberer. Es habe sogar eine Anfrage gegeben, an Feiertagen zu arbeiten.

Der in einem Zeitraum von 84 Tagen verhandelte Sozialplan sei vor allem deshalb gelungen, weil er wirklich das Wort sozial zum Inhalt habe, so der Betriebsratsvorsitzende. "Wirklich glücklich macht mich das freilich nicht", so Walberer weiter. Auch wenn 400 Mitarbeiter in den Abteilungen Forschung und Entwicklung sowie im europäischen Engineering am Standort Bayreuth bleiben sollen, sei die Produktion als Herzstück des Werkes definitiv verloren.

"Solidarität ist das Geheimnis erfolgreicher Gewerkschaftsarbeit", sagte NGG-Bezirksgeschäftsführer Michael Grundl. Er bezeichnete die Gewerkschaft als erfolgreiche Gemeinschaft, als kleine aber erfolgreiche Truppe, bei der sich vor allem die Mitgliederentwicklung sehen lassen könne. Die NGG Oberfranken habe binnen Jahresfrist um 4,4 Prozent auf aktuell 4105 Mitglieder, davon über drei Viertel Erwerbstätige, zugelegt. Durch die Entwicklung bei der BAT in Bayreuth rechnet der Geschäftsführer allerdings mit einem Knick in dieser positiven Bilanz. Viele Mitglieder würden in andere Branchen wechseln, andere in Rente gehen und die NGG deshalb verlassen.


Rechtsruck bereitet Sorge


Auch der Rechtsruck in Teilen der Gesellschaft war ein Thema der Delegiertenversammlung: Spürbare Umverteilungen, die auch Benachteiligte wieder an die Gerechtigkeit des Staatswesens glauben lässt, forderte Manfred Böhm von der katholischen Betriebsseelsorge in Bamberg. Nur so könne man auch die Populisten wieder zurückdrängen, sagte er. Es könne nicht angehen, dass die schwarze Null des Staates von den Niedriglöhnern der Republik bezahlt werde. Viele Menschen seien unzufrieden, sähen sich als Verlierer und hätten Angst vor der Zukunft, "weil es für die einen extrem nach oben, für die anderen ziemlich schnell nach unten geht".

Mehr Gerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt ist auch für DGB-Regionsgeschäftsführer Mathias Eckardt das Rezept gegen Populisten, Nationalisten und Lügner. Auch wenn es den Anschein habe, dass alte politische Denkmuster, Werte und Wahrheiten plötzlich nicht mehr zählten, lohne es sich, für die Demokratie einzustehen. Dazu gehöre auch das Zurückdrängen befristeter Arbeitsverhältnisse, von Leiharbeit, Werkverträgen und unbezahlten Praktika.

Derartige subtile Ängste aufgegriffen und rassistisch begründet, das habe die AfD ziemlich schnell erfolgreich geschafft, sagte Verdi-Gewerkschaftssekretärin Tina Krause aus Bayreuth. Sie rief alle NGG-Mitglieder auf, dagegenzuhalten.