Angriff mit Aschenbecher: Dauerarrest für 19-Jährigen

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Das Kulmbacher Amtsgericht Foto: Lisa Kieslinger
Das Kulmbacher Amtsgericht Foto: Lisa Kieslinger

Für die beiden Beteiligten ist die Sache längst erledigt. Sie haben es nicht so recht verstanden, warum die Justiz einen solch großen Aufwand betreibt.

Für die Staatsanwaltschaft war die Sache dagegen eine "völlig neue Eskalationsstufe", wie es Anklagevertreter Stefan Kolb ausdrückte und Jugendrichter Christoph Berner hielt in der Urteilsbegründung fest: "Wenn es unglücklich gelaufen wäre, dann hätte das Leben des Opfers auch beendet sein können."
Das war geschehen: Zwei Bewohner einer Jugendhilfeeinrichtung im Landkreis waren am Abend des 30. Juli vergangenen Jahres derart aneinander geraten, dass der 19-jährige Angeklagte einen etwa einen Meter hohen Standaschenbecher aus massiven Metall nahm und damit auf seinen gleichaltrigen Widersacher einschlagen wollte. Der konnte den Schlag gerade noch einigermaßen abwehren, erlitt aber dennoch Verletzungen am Kopf und eine blutende Wunde am Oberarm. "Der Aschenbecher wäre durchaus geeignet gewesen, lebensgefährliche Verletzungen herbeizuführen", sagte Staatsanwalt Kolb.
Dazu muss man wissen, dass die beiden Kontrahenten vor dieser Auseinandersetzung gegen 22.45 Uhr im Laufe des Abends schon mehrfach aneinander geraten waren. Erst gab es auf der Heimfahrt im Bus einen lauten Streit, dann vor der Unterkunft. Dort gingen beide zu Boden, das spätere Opfer soll dabei auch auf den Angeklagten eingeschlagen haben, weshalb das Opfer auch schon zu 50 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt wurde. Den eigentlichen Grund für die Streitigkeiten wusste keiner der beiden mehr so genau. Letztlich dürfte er wohl im vorangegangenen Alkoholgenuss zu finden sein. Der Angeklagte hatte über 1,3 Promille Alkohol im Blut, das Opfer sagte selbst von sich: "Ich war richtig besoffen."


Schlag mit Wucht

In der Verhandlung war der Angeklagte bemüht, seine Schuld herunterzuspielen. Er habe seinem Gegenüber doch nur Angst machen wollen, sagte er. Der Typ sei schließlich so aggressiv gewesen und habe ihn nicht in Ruhe gelassen. Er habe schon öfter versucht, ihn zu provozieren, zu beleidigen, zu schlagen. Dem widersprach die zuständige Betreuerin, eine 29-jährige Heilerziehungspflegerin. "So schnell konnte ich gar nicht schauen, da hat er den Aschenbecher genommen und wollte ihn seinem Kontrahenten drüberziehen ", sagte die Frau. Der Schlag sei durchaus mit Wucht geführt worden. Hätte er denn Kopf getroffen, dann wäre das schlimm ausgegangen.
Das Opfer selbst konnte sich gar nicht mehr so genau erinnern. Er habe den Aschenbecher abgewehrt, sei aber trotzdem zu Boden gegangen, sagte der 19-Jährige. Er betonte aber auch: "Das Ganze war gar nicht so schlimm." Er sei dem Angeklagten nicht mehr böse, im Gegenteil, man verstehe sich schon wieder.
Das ließ Staatsanwalt Stefan Kolb nicht gelten. Er beantragte eine einjährige Bewährungsstrafe nach Jugendstrafrecht sowie zuzüglich 80 Stunden gemeinnützige Arbeit. Schließlich habe der Angeklagte ohne jeden Grund zugeschlagen und Riesenglück gehabt, dass sich das Opfer so gut verteidigen konnte. Verteidiger Andreas Piel aus Kulmbach plädierte dagegen auf nur 100 Arbeitsstunden, schließlich sei sein Mandant zuvor zweimal vom späteren Opfer angegangen und mehrfach provoziert worden.
Das Schöffengericht unter Vorsitz von Jugendrichter Christoph Berner entschied schließlich ganz anders, und zwar auf zwei Wochen Dauerarrest, 50 Stunden gemeinnützige Arbeit und sechs Termine bei der Suchtberatung des Diakonischen Werkes, weil der Angeklagte dem Bericht der Jugendgerichtshilfe zufolge ein problematisches Verhältnis zum Alkohol hat. Die Kammer war in ihrer Urteilsbegründung von einer klaren Angriffsabsicht ausgegangen.