Wachter sieht das nicht ganz so negativ. Er will auch die Erfolge nicht unter den Tisch fallenlassen. Doch was sind die Erfolgsthemen, für die eine SPD im Jahr 2019 noch steht? Nach 150 Jahren sozialdemokratischer Geschichte ist vom Image der Arbeiterpartei wenig übrig geblieben. Das sagt zumindest eine Umfrage, die zuweilen der Union mehr Kompetenz in Arbeitsthemen zuschreiben.
Solidarische Gesellschaft, soziale Gerechtigkeit und Selbstbeteiligung - darauf lässt sich für Autolny die SPD herunterbrechen. Konkrete Erfolge hätte es sicher gegeben, Stichwort Mindestlohn. Auch jüngst die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung in der gesetzlichen Krankenversicherung könne man sich auf die Haben-Seite schreiben.
Für Wachter solle künftig ein weiteres Schlagwort dazu kommen: Sicherheit. "Das Thema ist zu kurz gekommen", sagt er. Das Problem liege unter anderem darin, dass innerhalb der Partei kein richtiger Konsens zustande komme. "Es werden nur verwässerte Konzepte vorgelegt." Um das zu ändern, soll sich die SPD gerade das Thema Migration zu Eigen machen. "Über Migration spricht keiner gerne", sagt er. Er wünscht sich eine harte Auseinandersetzung, will mit seiner Partei aber gleichzeitig einen gemäßigten Mittelweg in der Migrationsfrage liefern. Und Gesetze schaffen, die auch durchgesetzt werden.
"Migration ist kein Problem, das die SPD lösen wird", kommentiert Autolny und verweist auf die Vereinten Nationen. Dass die SPD zukünftig wieder wahrgenommen werde, müsse vor allem von der Basis ausgehen. Aus der müsse auch der neue Mann oder die neue Frau an der Spitze der Partei stammen. "Wir brauchen jemand, der weiß wie es sich anfühlt, wenn man Angst um seinen Arbeitsplatz hat", sagt Autolny. Es sei ein Problem, dass die SPD nur von "Studierten" geführt werde, sind sich beide einig. Momentan rücke einfach immer jemand anderes an die Stelle. Die gleichen Charaktere, denen stets die Lebenserfahrung fehle. "Schulz, Nahles, Beck, das sind schon Leute, die in diese Richtung gehen", sagt Autolny. Die seien allerdings von den Medien regelrecht niedergemacht worden.
Um inhaltlich wieder wahrgenommen zu werden, hat Wachter eine Lösung: "Schlagzeilen zählen!" Die SPD verkaufe oft starke Ideen und Konzepte zu schwach. "Wir müssen lernen, uns besser zu vermarkten."
Ursache der schwachen Konstitution der Partei liegt für Autolny auch in der Kommunikation zwischen Vorsitz und Basis. Selbst auf kommunaler Ebene habe man den Zugang verloren. Nicht nur SPD, jede Partei kämpfe mit der gesellschaftlichen Entwicklung. "Es wird immer schwerer, die Leute raus aus dem Wohnzimmer zu Versammlungen zu locken."
SPD als Kümmerer
Das läge sicher nicht daran, dass die Leute keine Sorgen haben. "Wir müssen wieder als Kümmerer-Partei wahrgenommen werden und Ansprechpartner für die Bürger sein." Indem man da anpacke, wo es akut ist. Nach der Loewe-Pleite seien das Arbeitsplätze. Doch auch Gesundheitsversorgung (Privatisierung der Klinik, Hausarztsituation) sei zentrales Thema.
Auch Wachter sieht im Hinblick auf den wirtschaftlichen Wandel eine Chance für die SPD. Die Arbeitsmarktsituation werde sich verschlechtern. "Wir müssen wieder zum Sprachrohr für Arbeiter werden und diese Themen in den Mittelpunkt rücken." Zudem gehöre sozialverträglicher Wohnungsbau zu den inhaltlichen Schwerpunkten auf kommunaler Ebene.
Trotz seines jungen Alters wirkt wie ein ewiger Optimist, wenn er sagt: "Wenn es wieder ums Eingemachte geht, wird die SPD erstarken."