Etwa 480 Frauen und Männer waren am Samstag mit ganz unterschiedlichen Erwartungen und Zielsetzungen im oberen Rodachtal unterwegs. Das Wetter war (fast) optimal.
Der Anstieg zum Nurner "Brocken" ist beileibe nicht die erste, aber eine der heftigsten Herausforderungen für die meisten. Etwa 30 Kilometer haben die 480 Wanderer zu diesem Zeitpunkt schon hinter sich gebracht, und nun wartet ein überaus knackiger und entsprechend Schweiß treibender Anstieg. Verdienter Lohn für die Anstrengung ist ein kleiner Imbiss samt Bier und Gipfelschnaps, den die Frankenwald-Weiber aus Nurn mit einigen launigen Worten anbieten.
Diese kurze Passage des Wandermarathons beinhaltet all das, was die dritte Veranstaltung dieser Art am Samstag auszeichnete. Die anspruchsvolle Strecke ist - glaubt man der eigenen GPS-Uhr - mit 44,10 Kilometern sogar noch um über 1000 Meter länger als angekündigt und übertrifft die eigentliche Marathon-Distanz (42,195 km) sogar um fast zwei Kilometer.
Das Streckenprofil mit rund 1250 Höhenmetern - die Uhr zeigt sogar über 1350 an - bietet fünf längere und teilweise steile Anstiege, die vor allem ungeübte Wanderer bis an ihre Grenzen führen. Die Wanderroute ist ein Beweis dafür, dass der Naturpark Frankenwald seinem Ruf, ein wahrer "Wanderwald" zu sein, vollauf gerecht wird.
Der Frankenwald Tourismus Service Center mit Markus Franz an der Spitze hat zudem dafür gesorgt, dass es den Wanderfreunden an so gut wie nichts fehlt. Mehrere Erlebnisstationen sorgen für einen willkommenen Zwischenstopp und werden gerne angenommen - vom Ausreisevisum nach Thüringen im Titschengrund angefangen bis zum Kutschen-Shuttle am "Nurner Knock". Auch die Verpflegung lässt keine Wünsche offen. In der Nordwaldhalle gibt es vor dem Start ein reichhaltiges Frühstück.
Und beim abwechslungsreichen Büfett, das ab dem späten Nachmittag bereit steht, können die Kohlehydratspeicher wieder aufgefüllt werden. Unterwegs gibt es 13 Stationen, in denen viele freiwillige Helfer dafür sorgen, dass niemand Mangel leiden muss.
Nur lobende Worte So ist es kein Wunder, dass es unterwegs und nach dem Marathon nur lobende Worte gibt. "Die Strecke war mit den drei langen Anstiegen anspruchsvoller als im vergangenen Jahr. Ohne einigermaßen gute Vorbereitung war das fast nicht zu schaffen", sagt Hans Blinzler. Der Nordhalbener ist gut vorbereitet; immerhin hat er im vergangenen Jahr den Kilimandscharo, den höchsten Berg Afrikas, bestiegen. Daher läuft er als einer von wenigen den Wandermarathon auch bewusst "auf Zeit". Blinzler: "Ich wollte einfach mal schauen, wie schnell ich diese Strecke bewältigen kann." Er erreicht die Nordwaldhalle bereits um 15.20 Uhr.
Nur fünf Wanderer sind schneller als er. "Ich habe nur kurze Pausen gemacht und einen Schnitt von ziemlich genau 6 km/h geschafft. Das ist auf dieser Strecke mit normalem Wandern nicht zu schaffen."
Die meisten anderen lassen es etwas gemächlicher angehen, und es dauert durchaus etwas, bis jede/r den Rhythmus gefunden hat. "Am Anfang habe ich mich manchmal fast ein bisschen gehetzt gefühlt", sagt Rainer Engelhardt, der sich zunächst ungewollt von der Menge mitziehen lässt, bis sich das Feld spätestens im Naturwaldreservat "Hohe Wart" doch mehr und mehr auseinander zieht und die Pausen dann auch etwas länger und bewusster ausfallen. Und je näher das Ziel kommt, desto mehr wird ihm klar, dass er sich die Kräfte gut eingeteilt hat.
Über 60 000 Schritte hat sein Schrittzähler schließlich registriert, ehe er kurz vor 18 Uhr in ziemlich guter Verfassung die Nordwaldhalle erreicht.
Eine Blase gelaufen Wenig später trifft auch Silke Zeis mit Partner Ralf ein. "Ich hätte im Vorfeld nicht gedacht, dass ich das schaffe", freut sie sich. Immerhin haben beide erst vor einigen Wochen erfahren, dass sie mitlaufen können. Da der Marathon bereits nach kurzer Zeit ausgebucht war, standen sie bis März auf der Nachrückerliste. Die Gehülzerin macht also mit, ohne sich besonders darauf vorbereitet zu haben. "Ich habe mir eine Blase gelaufen, und mir hat auch unterwegs alles weh getan, aber irgendwann spürt man die Schmerzen nicht mehr."
Shuttle-Service ist optimal Das schaffen aber beileibe nicht alle.
Und das macht auch nichts, denn ein Shuttle-Service sorgt dafür, dass man sich von verschiedenen Punkten der Strecke zur nächsten Station oder zurück zur Nordwaldhalle fahren lassen kann. Zu ihnen gehört Asha Noppeney, deren Leistung besondere Anerkennung verdient, obwohl sie diesmal "nur" etwa 25 Kilometer schafft. Schließlich läuft sie mit einer Prothese. Trotz dieser Behinderung ist es für die Wahl-Bayreutherin, die in Uganda geboren ist und seit 1988 in Deutschland lebt, nicht der erste Marathon, an dem sie teilnimmt. Sie hat schon fünf davon absolviert und den Lauf jeweils mit einer Sammelaktion verbunden.
Auch ihr Lob ("Das war alles super organisiert. Und der Shuttle-Service war vorbildlich.") wird Markus Franz, der mit seinem Team den dritten Frankenwald-Wandermarathon monatelang vorbereitet hat, gerne hören.
Am Samstag verabschiedet Franz zunächst mit den drei Rodachtal-Bürgermeistern Jens Korn (Wallenfels), Michael Pöhnlein (Nordhalben) und Gerhard Wunder (Steinwiesen) die Wanderer und pendelt dann zwischen den einzelnen Stationen, um zu schauen, wo es vielleicht haken könnte. Es hakt aber nirgends. "Es war insgesamt relativ entspannt. Ich habe nur Positives gehört", sagt er und weiß, dass dies zu einem Großteil auch an den vielen freiwilligen Helfern - es sind wohl über 100 - liegt, die im Einsatz sind.
Auch der Wettergott belohnt dieses Engagement. Die Bedingungen sind im Gegensatz zum verregneten Marathon vor einem Jahr für Wanderer nahezu optimal, zumindest für diejenigen, die um 17 Uhr schon im Ziel sind. Dann setzt der Regen ein, der das Wandervergnügen aber nur unwesentlich trübt.