Seit über drei Wochen laufen die Arbeiten an der Ködeltalsperre. Weil daraus 400 000 Haushalte versorgt werden und eine Rohrleitung defekt ist, musste zur Sicherheit ein zweiter Transportweg für das Wasser eingerichtet werden.
Dicke Wolkenfetzen hängen über dem Wald. Dazwischen bahnen sich die letzten Strahlen der Abendsonne ihren Weg auf den glitzernden Spiegel des Stausees. Im Hintergrund ein Rauschen wie von einem kleinen Wasserfall. Ein idyllisches Bild - sollte man meinen. Für die Männer und Frauen in ihrer blauen Arbeitskluft, die zwischen Pumpen und Aggregaten, Dieseltanks, Schläuchen und Transportfahrzeugen seit dreieinhalb Wochen im Schichtbetrieb ihren "Job" erledigen, bleibt jedoch kaum Zeit für idyllische Gedanken.
Tausende Einsatzstunden
Fachberater Christian Meußgeier beendet gerade seinen Dienst an der Ködeltalsperre. Udo Höfer löst ihn ab. Der stellvertretende Ortsbeauftragte des Technischen Hilfswerks Kronach wird sich in den kommenden Stunden darum kümmern, dass beim Einsatz der Helfer alles nach Plan läuft. Rund um die Uhr sichern sie die Arbeiten an der Talsperre ab. "Bis jetzt haben wir schon 2700 Stunden geleistet", erzählt Höfer über die etwa 45 bis 50 Aktiven aus seinem Ortsverband.
Darin gar nicht enthalten sind Tausende Einsatzstunden der zahlreichen auswärtigen Helfer. Denn beim THW greift bei diesem Einsatz personell wie beim Material eine Art Baukastensystem. Zwei Dutzend Ortsverbände liefern Material und Fachpersonal, so dass stets die ideale Ausrüstung eingesetzt werden kann, ohne dass einer der Ortsverbände "ausblutet". Das ist wichtig, schließlich könnte es jederzeit parallel weitere Einsätze geben.
Mit bis zu 120 Mann war das Technische Hilfswerk in Spitzenzeiten vor Ort. Höfer geht aber davon aus, dass im Hintergrund jeweils noch eine vergleichbare Zahl an Aktiven, wie sie sich an der Talsperre befindet, für die Organisation, Planung und Durchführung des Langzeiteinsatzes tätig ist.
In Mauthaus geht bisher alles Hand in Hand, zwischen den verschiedenen THW-Ortsverbänden ebenso wie mit den Vertretern der Behörden. Das ist auch die Grundlage für den erfolgreichen Einsatz, der sogar für die erfahrenen THW-Kräfte alles andere als normal ist. "Dass wir hier so viel zentrieren, auf einem Punkt, vor allem mit so viel Technik, das ist schon ein Herausstellungsmerkmal", versichert der stellvertretende Ortsbeauftragte. Und auch die lange Dauer - Höfer rechnet mit noch einigen weiteren Wochen - in Kombination mit der permanenten Einsatzleitung ist "für das Kronacher THW eine Ausnahmesituation. So eine Einsatzlage hatten wir noch nie".
Wasser auf Abruf
Höfer erreicht einen improvisierten Holzübergang über den Rundweg. Diese kleine "Brücke" schützt Dutzende Schläuche, die sich vom Staubecken hoch, unter dem Holz hindurch und am Damm hangabwärts zur sogenannten Schussrinne (Hochwasser-Entlastungsrinne) erstrecken. Dort rauscht dann der "Wasserfall" aus den Schläuchen. Auf diesem Weg lässt sich das Wasser auf Abruf - wenn Wartungsarbeiten an der "normalen" Leitung erforderlich sind oder der Pegel des Stausees justiert werden muss - aus der Talsperre absaugen und ins Netz einspeisen. Gerade dieser Aspekt ist eine Herausforderung für die THW-Helfer. Bei Hochwasser etwas abzupumpen, ist für sie Standard. Wasser in ein System einzuspeisen, ist aber auch für sie eine ganz neue Herausforderung. "Anfangs hat keiner gewusst, ob's klappt", sagt Höfer. "Aber es funktioniert."
Auch in diesem Moment pulsieren die Schlauchhäute rhythmisch, weil im Hintergrund die Pumpen laufen. "In Höchstleistung schaffen wir 880 Liter pro Sekunde", stellt Meußgeier fest. Dabei kommen aber nur Elektropumpen zum Einsatz. "Wir brauchen ja höchste Sicherheit für sauberes Wasser", betont Höfer. Diesel spielt erst ein Stück entfernt vom Staubecken eine Rolle. Dort wird gerade ein neuer Tank für die Strom produzierenden Aggregate in Position gebracht. "Hier oben wird nicht geschlafen", versichert Höfer, dass die THW-Helfer rund um die Uhr anpacken.