Stölzel in der Markgrafenkirche

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Der Dekanats-Chor Kronach bringt am Karfreitag Stölzels Brockes-Passion zum Klingen. Dekanatskantor Marius Popp gibt seinem Chor hierfür den letzten Schliff. Foto: Heike Schülein
Der Dekanats-Chor Kronach bringt am Karfreitag Stölzels Brockes-Passion zum Klingen. Dekanatskantor Marius Popp gibt seinem Chor hierfür den letzten Schliff.  Foto: Heike Schülein

Der Dekanats-Chor bringt mit dem Popp-Consortium und Solisten Gottfried Heinrich Stölzels "Brockes Passion" am Karfreitag ab 19 Uhr zu Gehör.

"Jetzt reißen sie das unbefleckte Lamm wie Tiger voller Wut zu Erden. Jetzt fängt man an mit grässlichen Gebärden ihm Hand und Fuß, ihm Arm und Sehnen erbärmlich auszudehnen, mit Stricken auszuzerrn, mit Nägeln anzupflöcken"
Es sind drastische Zeilen mit einer geradezu überwältigenden Bildhaftigkeit, Dramatik und Sprachgewalt, die Barthold Heinrich Brockes (1680 bis 1747) in seinem Passions-Oratorium "Der für die Sünde der Welt gemarterte und sterbende Jesus" (Brockes-Passion) 1712 veröffentlichte. Mit dem in vielen poetischen Bildern umgesetzten Text traf der Hamburger Anwalt und Ratsherr das Gefühl seiner Zeit, so dass seine Passion von mehreren Komponisten wie beispielsweise Händel und Telemann vertont wurde. Sogar Johann Sebastian Bach verwendete einige Passagen für seine Johannespassion. Ein hörenswerte - wenngleich heutzutage nicht mehr oft erklingende - Kompositionen ist die von Gottfried Heinrich Stölzel (1690 bis 1749) aus dem Jahre 1725, die am Karfreitag in Seibelsdorf zur Aufführung gelangt.


Passionsgeschichte

Brockes Text basiert auf dem Passionsgeschehen in den vier Evangelien der Bibel, insbesondere auf den Kapiteln 26 bis 27 des Matthäus-Evangeliums. Im Gegensatz zu späteren Werken wurde er hier nicht wörtlich übernommen, sondern auch in den Rezitativen in Versform nachgedichtet. "Brockes hat selbst Passagen ergänzt beziehungsweise hineingebracht, die von keinem der Evangelisten niedergeschrieben wurden", erzählt Dekanatskantor Marius Popp. Dessen so bildgewaltige Sprache habe Stölzel voller wunderbarer musikalischer Ideen ebenfalls sehr farbenreich und lebendig umgesetzt. Stölzel sei ein außerordentlich produktiver Komponist gewesen. "Er war zu Lebzeiten in ganz Europa bekannt. Sein herausragender Ruf übertraf zeitweise sogar den seines Zeitgenossen Johann Sebastian Bach", erklärt Popp. Dies sei auch dem Bayreuther Markgrafen nicht entgangen, der ihn 1717 an den Hof holte. Hier war Stölzel über ein Jahr lang Kapellmeister beziehungsweise Musikus. Die Zuhörer affektvoll in die bildhaft dargestellte Leidensgeschichte hineinzuziehen, darum ging es Popp beim Einstudieren des Werks mit dem Dekanats-Chor, so auch am Mittwochabend im evangelischen Gemeindehaus.
Passagen wie "Greift zu, schlagt tot", "Er hat den Tod verdient", "Nicht diesen, den Barrabas" klingen ihm noch nicht heftig genug. "Wir brauchen hier Tempo bis zum Schluss. Das muss richtig giftig kommen", verlangt er von seinen Sängern. "Auf, auf, lasst uns fliehen! Und unser Leben retten!" dagegen klingt ihm zu schwer. "Das muss duftiger werden", appelliert er an den von ihm 2003 gegründeten ökumenischen, landkreisübergreifenden Laienchor, mit dem er schon viele klassische Werke zur Aufführung gebracht hat.
Wie erwähnt, nahm sich auch Georg Philipp Telemann (1681 bis 1767) der "Brockes-Passion" an. Man mag sich fragen, warum man im Gedenkjahr an den 250. Todestag des großen Komponisten nicht dessen Tonschöpfung ausgewählt hat. Laut Popp habe er sich bewusst dagegen entschieden.
Ein anderer Grund ist der Bezug zum Reformationsjubiläum und der Tatsache, dass Stölzel zur 200-Jahr-Feier im Kirchenkreis verweilte.


Soli und Orchester

"Ich denke, wir haben kirchenmusikalisch in Kronach schon einiges erreicht", zeigt sich Popp stolz. So sei bereits dreimal der Bayerische Rundfunk für Aufnahmen in das evangelische Gotteshaus gekommen.
Besetzt ist das Konzert mit Chor, Soli - Sopran, Alt, Tenor, Bariton - und einem kleinen Orchester. Popp gelang es, angesehene Solisten zu gewinnen. Musikalisch begleitet werden die Sänger vom Popp-Consortium, bei dem dieses Mal alle Instrumente durchwegs solistisch von Profi-Musikern besetzt sind.


Konzert


Kosten Eintrittskarten zum Preis von 15 Euro (ermäßigt 8 Euro) gibt es in allen Pfarrämtern im Dekanat Kronach-Ludwigsstadt im Vorverkauf zu den üblichen Bürozeiten. Restkarten sind an der Abendkasse erhältlich.

Aufführung Karfreitag, 14. April, 19 Uhr: Seibelsdorf, Markgrafenkirche.

Mitwirkende Gottfried Heinrich Stölzel "Brockes Passion" 1725 mit Christine Wolff (Sopran), Lisa Rothländer (Sopran), Stefanie Ernst (Alt), Sebastian Köchig (Evangelist, Tenor), Rainer Grämer (Jesus, Bariton), Alexander Fröba (Tenor), Dr. Martin Rank (Bariton), dem Dekanats-Chor Kronach und dem Popp-Consortium, Leitung: Marius Popp.

Sänger/Sängerinnen gesucht Der Dekanats-Chor freut sich über neue Mitglieder, die Freude am Gesang haben.