Die letzte Veranstaltung der Reihe "Passion zur Reformation" war ein Konzert des Rennsteigchors aus Ludwigsstadt in der Kirche St. Marien in Gräfenthal.
Die beiden Orte Gräfenthal und
Ludwigsstadt liegen beide auf der Südschleife des Thüringer Lutherwegs - und das, obwohl Martin Luther nie durch Ludwigsstadt kam. Die Aufenthalte des Reformators in Gräfenthal dagegen sind belegt. Insbesondere der am 6. April 1530 - also vor 487 Jahren.
"Luther predigte zwar nicht in dieser Kirche, aber auf jeden Fall in Gräfenthal", wies Gastgeber Diakon Jürgen Wollmann am Donnerstagabend beim Abschluss der Reformationsandachten hin. Denn der Ort der Veranstaltung, die Stadtkirche St. Marien, wurde erst 200 Jahre nach Luthers Weg durch Gräfenthal eingeweiht. Jedenfalls feierten die Kirchgemeinden von Gräfenthal und Ludwigsstadt am 487. Jahrestag von Luthers Predigtaufenthalt gemeinsam den Abschluss der fünfwöchigen Reihe der "Passion zur Reformation". Diese hatte als Doppelveranstaltung jeweils am Mittwoch im fränkischen Ludwigsstadt und am Donnerstag im thüringischen Gräfenthal stattgefunden.
Doppelt krönend
Der letzte Abend bildete dabei einen doppelt krönenden Abschluss - mit dem Auftritt des fränkisch-thüringischen Rennsteigchores und mit der Impuls-Andacht von Diakon Jürgen Wollmann zum Luther-Thema Freiheit. Gekommen waren dazu neben dem Chor auch weitere Gäste aus Ludwigsstadt.
In dem Gräfenthaler Konzert gaben der Ludwigsstädter Dekanatskirchenkantor Sigurd Knopp und seine Chormitglieder einen kurzen aber eindringlichen Eindruck vom Großprojekt Martin-Luther-Oratorium, das ab Ende April auf Tour geht. Start ist in Markt Einersheim, der Heimat der früheren Gräfenthaler Pastorin Victoria Fleck. Und in der Region zu erleben ist das große Oratorium am 7. Oktober in Lehesten, am 31. Oktober in Judenbach und am 5. November in Ludwigsstadt.
Ausgehend von Luthers Schrift "Von der Freiheit eines Christenmenschen" (1520), einer der wichtigsten Schriften Luthers, hatte Jürgen Wollmann seinen Vortrag zum "Ausflug in die Freiheit" gestartet. Der in Ängsten und Zwangsvorstellungen gefangene Mensch sei "zur Freiheit befreit", dank Luthers Kampf gegen die Instrumentalisierung der Ängste. Luthers Freiheitsbegriff betreffe die persönliche Freiheit, zielte aber genauso auf die Freiheit des Glaubens von der Obrigkeit und vom Staat. "Luthers Botschaft hatte eine Langzeitwirkung", seine Impulse seien in die politische Praxis eingegangen. Heute durch die europäische Aufklärung selbstverständliche Einrichtungen - wie die Gewaltenteilung oder die Trennung von Kirche und Staat - rührten daher.
Konkret politisch wurde Wollmann beim Blick auf die jüngere Kirchenvergangenheit. Er blickte auf die unrühmliche Rolle der Kirche in der NS-Zeit und auf die "Kirche im Sozialismus", die im Dilemma der Diktatur Möglichkeiten geschaffen habe, um innerkirchlich Freiheit und Demokratie zu entdecken.
Gefahr durch Populismus
Schließlich kam er angesichts von Luthers Popularität auch auf den modernen Populismus. "Populisten bedienen sich der Ängste", brachte er es auf den Punkt. Freiheit hingegen bedürfe des Streitgesprächs, des Dialogs und die Fähigkeit, ein Nein auszusprechen.