Nur vier Frauen stehen im Kreis Kronach zur Wahl

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Gabi Weber, Bürgermeisterin Teuschnitz
Gabi Weber, Bürgermeisterin Teuschnitz
Karin Ritter, Bürgermeisterin Reichenbach
Karin Ritter, Bürgermeisterin Reichenbach
 
Susanne Grebner will Bürgermeisterin in Wilhelmsthal werden.
Susanne Grebner will Bürgermeisterin in Wilhelmsthal werden.
 
Hildegard Völker kandidiert für den Bürgermeisterposten in Schneckenlohe.
Hildegard Völker kandidiert für den Bürgermeisterposten in Schneckenlohe.
 

Für den Bürgermeistersessel in 15 Gemeinden des Landkreises Kronach bewerben sich gerade einmal vier Frauen. Und es sind sechsmal so viele Männer.

Zwei Bürgermeisterinnen gibt es im Landkreis: Gabi Weber (CSU) in Teuschnitz und Karin Ritter (SPD) in Reichenbach. Dem gegenüber stehen 16 männliche Bürgermeister. Das heißt der Frauenanteil unter den Gemeinde- bzw. Stadtoberhäuptern liegt bei gerade einmal 11,11 Prozent.

Bei der Kommunalwahl am 16. März treten neben den beiden amtierenden Bürgermeisterinnen nur noch zwei weitere Frauen an: Susanne Grebner (SPD) in Wilhelmsthal und Hildegard Völker (CSU) in Schneckenlohe. Das heißt in 15 Kommunen, in denen das Stadt- beziehungsweise Gemeindeoberhaupt gewählt wird, kandidieren insgesamt vier Frauen und sechsmal soviel Männer.


Im Falle eines positiven Wahlausgangs für die vier Frauen, läge der Frauenanteil unter den Bürgermeistern - 18 gibt es insgesamt - dann bei 22,22 Prozent.

Doch warum kandidieren nicht mehr Frauen? Sind Frauen politikverdrossen? Haben es Frauen in der Politik schwerer als Männer?


Fachwissen und Arbeit wichtig

Wir haben nachgefragt bei den Kreisvorsitzenden der einzelnen Parteien sowie bei der amtierenden Bürgermeisterin Gabi Weber und bei einer, die es werden will, Susanne Grebner.

"Überhaupt nicht", antwortet Gabi Weber auf die Frage, ob sie es als Frau schwerer im Bürgermeister-Amt hat als ein Mann. "Man muss seinen Mann oder seine Frau stehen", sagt sie. Es gehe nicht darum, ob Frau oder Mann, sondern um das Fachwissen, die Arbeit und wie man diese erledigt. Das gelte nicht nur für die Politik, vielmehr habe sie auch in ihrem vorhergehenden Job als Geschäftsstellenleiterin der Raiffeisenbank diese Erfahrung gemacht. Man habe sie dort weder bevorzugt noch benachteiligt. "Wenn man seine Arbeit macht, wird man auch akzeptiert", weiß sie. Man dürfe als Frau keine Rücksicht verlangen, nur wegen der Tatsache, dass man eine Frau ist, nennt sie einen Tipp, wie man als Frau genauso ernst genommen wird wie ein Mann.

Wobei sie auch eine andere Erfahrung gemacht hat. "Als ich das erste Mal kandidiert habe, habe ich ja die Wahl verloren. Und damals im Wahlkampf hat ein älterer Mann auch zu mir gesagt ,Ich würd' dich ja wählen, wenn du ein Mann wärst‘", erinnert sie sich mit einem Lachen. Sechs Jahre später sah das bekanntlich anders aus.
Dass so wenig Frauen für ein solches politisches Amt kandidieren, erklärt sie sich so:  "Es ist ein zeitaufwendiger Job. Wenn meine Kinder nicht schon erwachsen wären, ginge es nicht. Man braucht eine Familie, die einen unterstützt." Sie hat auch neben dem Amt als Bürgermeisterin noch einen Haushalt zu erledigen, aber ihr Mann und ihre Töchter helfen ihr dabei.

Es gehe nicht nur darum, dass man für Gremien wie den Stadtrat kaum weibliche Kandidaten finde, sondern - egal ob Mann oder Frau - die Bereitschaft, sich ehrenamtlich zu engagieren, zurückgehe. Generell würde sie sich aber freuen, wenn mehr Frauen in den Gremien wären: "Es ist schön, wenn eine Mischung da ist. Man sieht dann die Themen aus verschiedenen Perspektiven."

Optimistische Kandidatin

Dem stimmt auch Susanne Grebner zu. Die SPD-Frau bewirbt sich zum zweiten Mal um den Bürgermeistersessel in Wilhelmsthal. Die erneute Kandidatur hat sie sich nicht leicht gemacht, nicht zuletzt weil man ihr bei der knappen Wahlniederlage von vor sechs Jahren gesagt habe, dass dies auch daran gelegen habe, dass sie eine Frau ist.

Trotzdem ist sie diesmal optimistisch: "Was wir die vergangenen Jahre im Gemeinderat angestoßen und durchgesetzt haben, zeigt, dass Frauen den Job auch können. Und deshalb hoffe ich, dass die Leute diesbezüglich umdenken."

Zu der Zeit, als sie in die Politik eingestiegen ist, 1996, habe es sehr wenig Frauen gegeben, mittlerweile sei der Gemeinderat in Wilhelmsthal zu einem Viertel weiblich. Und mittlerweile gebe es nicht nur eine Kanzlerin, sondern auch eine Verteidigungsministerin. "Das wird schon", ist sich Grebner sicher.

Eine Frauenquote brauche es ihrer Meinung nach deshalb nicht. "Sonst heißt es doch nur, dass man eine Position nur deshalb hat, weil man eine Frau ist." Vielmehr müsse man durch Leistung überzeugen. Und wenn man gut sei, schaffe man das auch - selbst, wenn man als Frau schon mehr geben müsse, um sich zu beweisen, denn als Mann.


"Erst einmal die Chance bieten"

"Frauen müssen überhaupt erst einmal eine Chance bekommen, dann können sie sich auch beweisen", meint CSU-Kreisvorsitzender Jürgen Baumgärtner, der sich aus diesem Grund für eine Frauenquote ausspricht. Zumindest eine temporäre. Wenn man durch die Frauenquote nämlich erst einmal genügend Frauen in den Parteien habe, werde das sowieso ein Selbstläufer, ist er überzeugt.

Zwar habe sich die CSU "verweiblicht", allerdings sei es schwierig, Frauen für die Politik zu begeistern, weiß er aus Erfahrung. Ein Dutzend Frauen finden sich aber immerhin auf der Kreistagsliste der CSU, wenngleich das nur 24 Prozent der Kandidaten sind.

Bei der SPD kandidieren zehn Frauen für den Kreistag, das sind 20 Prozent Frauen auf der Kreistagsliste. Bei den Freien Wählern sind 18 Prozent der Kreistagskandidaten Frauen.

Klar seien vor Jahren sicherlich noch weniger Frauen auf eben diesen Listen zu finden gewesen, dennoch müsse sich in der Gesellschaft, in den Parteien etwas verändern, meint Baumgärtner. "Wir müssen die Erwartungshaltung im Ehrenamt auf den Prüfstand stellen, aufhören mit ehrenamtlichem Personal umzuspringen wie mit Knechten auf dem Gutshof", meint Baumgärtner und will deshalb ein zweites Mal versuchen, in seinem Kreisverband die Frauenquote durchzusetzen.

Die SPD hat diese schon. "Aber ich kann sie eben nur nutzen, wenn sich entsprechend viele Frauen bereit erklären, zu kandidieren", nennt Kreisvorsitzender Ralf Pohl das Problem. Viele Frauen sagten, sie wollten "nicht so weit vorne" kandidieren. Woran das liegt, lasse sich schwer beurteilen, müsste man genauer analysieren. "Die Ansprüche werden größer, und gerade die Frauen sind davon stärker betroffen", mutmaßt er. Familie, Beruf und Ehrenamt unter einen Hut zu bringen, sei gar nicht so leicht. Möglicherweise wissen viele Frauen nicht, wie sie dies schaffen sollen. Immerhin will er nicht ausschließen, dass Frauen auch heute noch mehr leisten müssen, um gewählt zu werden, als Männer. Zu wählen sei aber nicht nach Mann oder Frau, sondern vielmehr nach Leistung und Engagement. Und deshalb ist Pohl auch zuversichtlich, dass Frauen immer mehr in der Politik akzeptiert werden - gerade wenn es schon auf Bundesebene klappt.


Alleinerziehender Mann

Dass Frauen sehr stark ausgelastet sind, kann sich auch Tino Vetter, Kreisvorsitzender der Freien Wähler, als Grund dafür vorstellen, dass nicht so viele Frauen für ein politisches Amt kandidieren. Allerdings ist er einer, der vormacht, dass es klappt, Beruf, Familie und Politik unter einen Hut zu kriegen, ist Vetter doch allein erziehender Vater.

Auch die Frauenliste stellt diesmal keine Bürgermeisterkandidatin - 2002 stand Ingrid Steinhäußer in Kronach zur Wahl. Allerdings hat die Frauenliste eine Kandidatinnenliste für den Stadtrat Kronach, den in Teuschnitz und für den Kreistag. Kreisvorsitzende Petra Zenkel erklärt, warum die Frauenliste keine Bürgermeisterkandidatin stellt: "Als Frau kümmert man sich immer noch um andere Dinge - Kindererziehung, Pflege von Angehörigen - und bekommt wenig Unterstützung - auch von der Gesellschaft."

Zenkel ist überzeugt, dass Türen für Frauen nicht so leicht geöffnet werden wie für Männer, dass Frauen noch stärker beweisen müssen, dass sie qualifiziert sind, als Männer.

"Frauen wollen ihr soziales Umfeld in die Politik bringen. Aber wenn sie in einer Partei sind, sind dort genau die Punkte nicht relevant, weil ihnen gegenüber Männer stehen, die genau für diese Anliegen kein Verständnis haben", weiß Petra Zenkel, was Frauen an der Politik frustriert. Und dabei sei es so wichtig, dass Frauen Politik machen, "damit das, was sie anprangern, die Chance hat, geändert zu werden". Allerdings glaubten Frauen immer noch, sie müssten sich für Familie und gegen Politik oder umgekehrt entscheiden. "Dabei sehe ich gute Chancen, das verbinden zu können", meint Zenkel.

Gerade die Kommunalpolitik sei für sie interessant, "weil ich da den Bezug zu meiner Realität habe".
Frauen gingen - bildlich gesprochen - für jeden auf die Straße. Für ihre Kinder, für ältere Angehörige - nur nicht für sich selbst. Das "muss" sich ändern.