Doch kann er auch zum Dauerbrenner am Loewe-Steuer werden? Putz und Alber meinen ganz klar: Ja. Die wiederholt als Negativbeispiele aufgeführten, zeitlich begrenzten Geschäfte des Investors mit Sharp und Blaupunkt seien nicht vergleichbar, sagt Alber. Dabei habe es sich für Khabliev nur um Lizenzgeschäfte gehandelt. Jetzt sei er stolz, eine eigene Marke zu besitzen, diese verjüngen und neu am Markt etablieren zu können. Bei Loewe gebe Khabliev ein ganz klares Statement für Kronach, die Region und ein dauerhaftes Engagement. Von einem bloßen Markengeschäft könne nicht die Rede sein. "Er baut Loewe für seine Familie auf. Er möchte das Unternehmen stärken und mit der Marke in Familienhand behalten", unterstreicht Putz. Und wie der Vater, so sei auch die ganze Familie Khabliev sehr bodenständig.
Um zum Erfolg zu kommen, möchte der neue Besitzer die Marke anreichern und ausbauen. Dabei sollen auch neue Wege eingeschlagen werden, die das Produktportfolio erweitern und zusätzliche Standbeine schaffen.
Das Kerngeschäft - hochwertige Fernseher - bleibt dabei eine tragende Säule der Produktion. Doch die Zeichen der Zeit wurden erkannt. Der TV-Markt ist schwierig, wie die beiden Führungskräfte schildern. Putz spricht von einem sehr starken Wettbewerbsdruck, vor allem aus Asien. "Von der Technik kommend, muss man ganz ehrlich sagen, gibt es eigentlich keine wirkliche TV-Wertschöpfung in Europa. Da ist man auf Partner angewiesen."
Kunde nicht nur auf der Couch
Diese Entwicklung gehe einher mit einem gesellschaftlichen Wandel und dadurch einem veränderten Nutzerverhalten. Der Kunde versinke heute nicht mehr auf der Couch, um sich berieseln zu lassen. Alber macht klar, dass Handy und Tablet bei der jüngeren Generation dem Fernseher ein Stück weit den Rang abgelaufen haben. "Es wird natürlich weiter TV-Geräte von Loewe geben", versichert Putz, aber die Schwerpunkte werden sich verlagern, weitere Produktkategorien hinzukommen. Er schränkt jedoch gleich ein: "Wir werden unsere Kernwerte Sehen und Hören nicht verlassen."
Ein Pluspunkt bei all diesen Bestrebungen sind laut Alber die Kontakte Khablievs. "Er hat weltweit ein riesiges Netzwerk und kommt aus der Branche", sagt der Operative Leiter. "Er bringt die nötigen Keyplayer zu uns." Damit sei auch das Wohl von Loewe im Vertrieb nicht mehr so stark an die Entwicklungen im deutschen Fachhandel gekettet. Das Unternehmen werde in seinem Handeln flexibler.
Der neue Kurs vermittle eine Aufbruchstimmung, die schon jetzt bei den aktuell 55 Mitarbeitern - Tendenz steigend - spürbar sei. Florian Richter (Managing Director bei Behle & Partner), der sich in die Öffentlichkeitsarbeit des Unternehmens einbindet, spricht gar von "einem Start-up-Feeling", das er im Betrieb wahrnehme.
An der Pforte war diese Stimmung schon zu spüren. Und wenn alles nach Plan verläuft, wird dort schon bald nicht nur die Stimmung passen, sondern auch die Betriebsamkeit zunehmen.
Näheres zum Neustadt
Bei Loewe hat sich seit der Insolvenz Mitte 2019 und dem folgenden Verkauf des Unternehmens einiges getan. Die Firmenspitze erklärt im Gespräch mit dem Fränkischen Tag den Stand der Dinge. Produkte: Auch in Zukunft sollen Fernsehgeräte von Loewe auf den Markt kommen: die High-End-Produkte aus Kronacher Fabrikation, die Einstiegsgeräte werden - wie früher schon - von Partnern zugekauft. Daneben will sich Loewe breiter aufstellen. Im ersten Schritt soll dies das Audio-Segment betreffen. Dessen Produkte sollen nicht mehr zwingend mit einem Loewe-Fernseher in Verbindung stehen. Darüber hinaus laufen Untersuchungen zu hochwertigen Haushaltsgeräten, die aber immer in einer geeigneten Verbindung zur Marke stehen sollen. Alber lacht: "Also keine Wasserkocher!" Auch drehe es sich nicht um Weiße Ware, ergänzt Putz ("Es geht nicht um die Waschmaschine von Loewe"). Bei den Planungen wollen die Verantwortlichen aber auch Querdenker sein. So werde schon jetzt über Produktideen nachgedacht, die es auf dem Markt noch gar nicht gibt. Nachfrage: Die Verantwortlichen sind überzeugt, dass es einen Markt für die hochwertigen Loewe-Produkte gibt. Wichtig sei jedoch, die richtigen Vertriebskanäle zu wählen. Ressourcen: Aktuell läuft die Materialbeschaffung, um nach dem langen Stillstand der Produktion wieder Fahrt aufnehmen zu können. "Jetzt wieder hochzufahren, kostet erstmal Zeit", stellt Alber fest. Personal: Zwei Produktionslinien werden bei Loewe laufen. 35 Personen sollen in der Produktion ab April tätig sein. Zu diesem Zeitpunkt wird Loewe dann insgesamt etwa 85 Mitarbeiter beschäftigen.
Zum großen Teil stützt man sich bei den Einstellungen auf bewährte Loewe-Kräfte von früher, zu etwa einem Viertel jedoch auch auf neue Mitarbeiter, die frisches Blut mit ins Unternehmen bringen sollen. Laut Alber ist das entscheidende Kriterium beim Personal aber, "dass die Mitarbeiter an die Marke glauben". Löhne: Wer bei Loewe einsteige, dürfe sich weiter über eine ordentliche Bezahlung freuen, wie die Verantwortlichen zusichern. Putz erklärt: "Die Leute verdienen bei uns immer noch überdurchschnittlich."