Junge Hebamme aus dem Landkreis Kronach will "rosa Blase platzen lassen"

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Seline Steinhäuser mit der kleinen Franziska bei der Nachsorge. Foto: Anna-Lena Deuerling
Seline Steinhäuser mit der kleinen Franziska bei der Nachsorge. Foto: Anna-Lena Deuerling

Mit 23 ist Seline Steinhäuser die jüngste Hebamme im Landkreis Kronach und weiß genau, was sie will: mit falschen Vorstellungen von ihrem Beruf aufräumen.

Den ganzen Tag von niedlichen Säuglingen umgeben sein, in einer duftenden, zartrosa Blase aus Sonnenschein und guter Laune. Süß! Auch wenn es mit Seline Steinhäusers Alltag als Hebamme nur wenig zu tun hat, hält sich diese Vorstellung scheinbar hartnäckig. Die 23-Jährige will diese rosa Blase endlich platzen lassen. "Wenn ich im Kreißsaal stehe und mich die Frauen vor Schmerzen anschreien, hilft mir ein zartes Gemüt nicht weiter", sagt sie. Und dennoch betont sie: "Es ist für mich der schönste Job der Welt."

Versicherung ist immer Thema

Doch statt einen erfüllenden Beruf mit einem sehr großen Maß an Flexibilität zu sehen, wird sie von Dritten meist nur auf eines angesprochen: Die leidige Versicherung, die für Hebammen kaum bezahlbar sein soll. "Da bekomme ich regelmäßig einen Zitteranfall", sagt sie und muss lachen. Sie ist fest angestellt im Kulmbacher Klinikum - in Vollzeit mit festem Gehalt, festen Schichten und geregelten Arbeitszeiten - natürlich versichert. Zusätzlich betreut die 23-Jährige, die erst im März ins Berufsleben eingestiegen ist, zwei Frauen pro Monat in der Vor- und Nachsorge. Selbstverständlich gebe es auch andere Möglichkeiten, in der Geburtshilfe zu arbeiten. Etwa im sogenannten Belegsystem als freiberufliche Hebamme oder in einem Geburtshaus.

Sie habe sich ganz bewusst für die Anstellung am Klinikum entschieden, plant aber ab Herbst, die Stunden dort zu reduzieren und mehr Frauen zu betreuen. Zukünftig einmal komplett freiberuflich zu arbeiten, kann sie sich durchaus vorstellen. Der Alltag in der Klinik habe allerdings einen Bonus: "Ich kann die Frauen bei der Geburt begleiten." Das Glück der Mutter, der Familie nach acht oder neun Stunden teilen zu können - ihre "Belohnung". Auch dafür arbeite sie an Wochenenden, feiertags und nachts. "Für Schichtdienst muss man allerdings gebaut sein", lenkt sie ein. Ein Job im Büro mit Arbeitszeiten von 8 bis 17 Uhr käme für sie allerdings nicht infrage.

Mit 18 an die Hebammenschule

Mit einer Krankenschwester als Mutter und einer Hebamme als Tante sei ihr sehr früh klar gewesen, später mit Menschen arbeiten zu wollen. Das erste Praktikum im Kreißsaal absolviert sie mit 16. Und schnell merkt sie: "Das ist genau das, was ich machen möchte." Nach Realschulabschluss und FSJ geht es mit nur 18 Jahren an die Hebammenschule nach Erlangen. Dort gehört sie unter vielen Kandidatinnen mit Abitur zu den wenigen mit Realschulabschluss - und damit auch zu einer der jüngsten Schülerinnen.

"Ich habe gemerkt, dass mir die zwei bis drei Jahre, die mir die anderen voraus waren, gefehlt haben." Doch gehe es am Ende nicht um Alter, sondern um Reife. "Ich musste eben ein wenig aufholen." Dass es der Hebamme an Reife keineswegs fehlt, wird nicht nur im Gespräch, sondern auch im Umgang mit einer der Mütter, die sie betreut, deutlich.

Wie einer alten Freundin wird ihr bei der jungen Familie in Weißenbrunn die Tür geöffnet. Es wird ein kleiner Scherz auf Kosten des Vaters gemacht, bevor sie sich liebevoll nach der kleinen Franziska erkundigt. Doch vor allem - und das sei auch während ihrer Ausbildung im Mittelpunkt gestanden - betreue sie die Mutter. "Das sind die schönen Momente der Nachsorge: Ich kann beobachten, wie die Frau in ihre Mutterrolle hineinwächst, wie die Familie agiert und harmoniert."

Doch Stopp - wenn sie ins Schwärmen über ihre Berufung gerät, spannt sich schnell wieder die rosa Blase. "Der Alltag besteht nicht nur aus diesen Momenten - in der Klinik und im Kreißsaal weiß man vorher nie, was in den nächsten Stunden passieren wird." Denn Geburten ließen sich nicht immer planen - da passiere viel unerwartet. "In der einen Stunde ist der Kreißsaal leer, in der nächsten hast du plötzlich drei Geburten."

Beruf leider nicht präsent

Sie rät allen jungen Frauen, einfach mal ein Praktikum zu machen. Während andere Pflegeberufe sehr präsent seien, rutsche die Hebamme als wichtige Berufsgruppe leider oft unter den Tisch. "Ich will in Zukunft auch präsenter an den Schulen sein, mehr Aufmerksamkeit auf den Beruf ziehen." Ihre Idee: Zukünftig auch zum Zwecke der Aufklärung als Hebamme wahrgenommen zu werden.

"Wir sehen im Alltag zu viele sehr junge Mädels, da will ich auch als Hebamme aufklären und da sein für die Schüler." Dass die Bundesregierung eine Reform der Hebammenausbildung plant, begrüßt sie auch unter dem Nachwuchsaspekt. "Bisher ist es eben ,nur' eine Ausbildung", sagt sie. Die Akademisierung könnte grundsätzlich für mehr Anerkennung und Respekt sorgen und den Beruf attraktiver machen. Durch ein duales Studium erhofft sie sich auch, dass Hebammen künftig "näher an den Ärzten stehen".

Auch wenn sie der Reform prinzipiell positiv gegenübersteht, gibt es ein großes Aber: "Ich sehe die Gefahr, dass hier zwei Klassen entstehen: die Hebammen mit Ausbildung und die mit Studium." Dass künftig unter einen Hut zu bekommen, sieht sie mit Skepsis. "Das muss die Politik elegant regeln", sagt sie. Und bisher sei vieles einfach nicht zu Ende gedacht.