Mit gerade einmal 30 Jahren wurde Heinz Köhler zum Kronacher Landrat gewählt. Das Amt war das erste von vielen einer außergewöhnlichen politischen Laufbahn.
Heinz Köhlers Interesse für die Politik entstand bereits in den 60er-Jahren: "Wegen des Vietnamkriegs gab es Demonstrationen in München, außerdem war die Spiegel-Affäre in vollem Gange", erinnert sich der 77-Jährige. Auch kommunal sei er schon immer sehr interessiert gewesen. "Die Mitwitzer Bürgermeisterwahl im Jahr 1960 lief nicht so ab wie geplant. Nachdem Hugo Kern mit fünf Stimmen gewonnen hatte, zog Ludwig Brettel sich zurück", erinnert sich Köhler. Danach folgten Neuwahlen, die Hugo Kern gewonnen hat und die bundesweit für Schlagzeilen sorgten.
Im Jahr 1966, während seines Jura-Studiums, trat der Mitwitzer der SPD bei. "Nach meinem ersten Examen ein Jahre später durchlief ich als Rechtsreferendar verschiedene Stationen", erzählt Köhler. So arbeitete er unter anderem am Amtsgericht Kronach und am Landgericht Coburg und auch im Landratsamt Würzburg. Bereits 1972 wurde er im Alter von gerade 30 Jahren zum Landrat gewählt. "Wegen der Landkreisgebietsreform gab es Neuwahlen, eigentlich wäre mein Vorgänger noch vier Jahre im Amt gewesen."
Von Kronach nach Brüssel
Köhler ist der Ansicht, dass Lokalpolitiker nicht zu lange im selben Amt bleiben sollten: "Ich sehe die Gefahr, dass man zu überheblich und in den regionalen Netzwerken gefangen wird, wenn man zu lange in einer Position ist." Eigentlich wollte er aus diesem Grund nur für zwei Perioden das Amt als Landrat in Kronach ausüben. Als er 1987 für den Bundestag kandidierte, reichten die Stimmen nicht, deshalb blieb er für eine weitere Periode.
Zwei Jahre später kandidierte Köhler erfolgreich für das Europäische Parlament. "Europa ist unsere Gegenwart und Zukunft", sagt der 77-Jährige. Trotz negativer Einschätzungen in der Bevölkerung ist die Europäische Union seiner Meinung nach der größte Erfolg der Nachkriegsgeschichte. "Ich erinner mich noch an die Zeiten, zu denen die innereuropäischen Grenzen mit Schlagbäumen gesichert waren."
Ein theoretisches Projekt
Als Köhler im Europäischen Parlament seinen Dienst antrat, erlebte er zunächst einen Kulturschock: "Als Landrat ist mir alles gemacht worden und ich hatte spezifischer mit Menschen zu tun, Europa war dagegen ein völlig theoretisches Projekt." Als Landrat konnte der Mitwitzer seine Ideen immer direkt umsetzen, er musste seine Entscheidungen nur gegenüber den Bürgern vertreten. In Europa seien unmittelbare Entscheidungen unmöglich gewesen.
An den 9. November 1989 erinnert sich Köhler noch genau. Früh übermittelte ihm der damalige Botschafter der DDR in Brüssel die Rede, mit der Egon Krenz im Zentralkomitee die Reisefreiheit beschließen wollte. "Ich las die Rede im Flugzeug von Brüssel nach Nürnberg. Es war vorgesehen, dass die Menschen, die ausreisen, nicht mehr in die DDR zurückkehren dürfen", berichtet Köhler. Als er in Kronach angekommen sei, wurde Günter Schabowskis Rede gerade im Fernsehen übertragen.
In den folgenden Monaten beschäftigten sich alle Ausschüsse des Europäischen Parlaments mit den Fragen der deutschen Einheit. "Bei einer Podiumsdiskussion in Saalfeld ist mir klar geworden, dass die Bürger sich sofort eine Einheit wünschen", erinnert sich Köhler. Daraufhin habe er Vorgeschlagen, einen Sonderausschuss zu bilden. "Dem Vorschlag wurde nach wenigen Tagen vom Gesamtplenum zugestimmt. So schnell geht es sonst nie."
Kein Wort zur Fernwasserversorgung Oberfranken, deren Vorsitzender Dr. Köhler seit 1975 ist?
Respekt!