Empörung über Plakate gipfelt in Strafantrag: Kronacher wirft NPD Volksverhetzung vor

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Das NPD-Plakat, das an einem Laternenmast an der B173 auf der Höhe des Toom-Baumarktes hängt, hat Klaus Stengl seinem Strafantrag als Beweisfoto beigelegt. Foto: Teresa Hirschberg
Das NPD-Plakat, das an einem Laternenmast an der B173 auf der Höhe des Toom-Baumarktes hängt, hat Klaus Stengl seinem Strafantrag als Beweisfoto beigelegt. Foto: Teresa Hirschberg

Klaus Stengl hat in Kronach einen Strafantrag gegen die NPD und den Dritten Weg gestellt. Sein Vorwurf: Die Parteien betreiben mit ihren Wahlplakaten Volksverhetzung. Andere Städte sind schon einen Schritt weiter.

So etwas soll seine Enkelin in Zukunft nicht mehr sehen müssen: Gezückte Waffen und Aufrufe zur Gewalt. Klaus Stengl stellte deswegen am 17. Mai einen Strafantrag gegen die NPD und den Dritten Weg. Der Kronacher beschuldigt die Parteien, mit ihrer Wahlwerbung zur Europawahl Volksverhetzung zu betreiben. Und mit diesen Vorwürfen steht Stengl nicht alleine da.

Ihm selbst seien die Plakate an der B173 auf der Höhe des Toom-Baumarktes gar nicht aufgefallen. In der Schule seiner 14-jährigen Enkelin waren sie dagegen ein viel diskutiertes Thema. "Die Schüler haben sich wahnsinnig darüber empört", erzählt Stengl. "Deshalb musste ich mir das genauer anschauen." Die Wahlwerbung der beiden Parteien steht seit Wochen deutschlandweit in der Kritik: In München und Chemnitz gab es beispielsweise bereits Urteile darüber, welche Plakate bleiben dürfen und bei welchen es sich um Volksverhetzung handelt.

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Im Kronacher Fall hat Stengl exemplarisch ein NPD-Plakat mit der Aufschrift "Wir lassen die Luft raus" ausgewählt, auf dem drei Personen in einem Schlauchboot zu sehen sind. Der Zusatz "aus der Asylpolitik" sei viel zu klein, das Plakat somit zweideutig. Auch ein Plakat des Dritten Wegs hat Stengl abfotografiert und seinem Strafantrag als Beweis angehängt. "Europa verteidigen! Grenzen dicht!" ist darauf zu lesen, daneben der Lauf einer Pistole. Kurz nach der Europawahl ist zumindest letzteres Plakat vom Laternenmast verschwunden.

Den Strafantrag brachte Stengl zunächst zur Polizeiinspektion, von wo aus ihn die Beamten an die Kriminalpolizei und die Coburger Staatsanwaltschaft weiterleiten. Die Polizisten hätten noch einmal nachgehakt, ob Stengl tatsächlich Anzeige erstatten wolle. Ihrer Einschätzung nach handele es sich bei der Wahlwerbung nämlich um keine strafbare Handlung. Kurze Zeit darauf wurden jedoch in München NPD-Plakate mit der Aufschrift "Migration tötet" abgehängt. "Also ist es wohl doch strafbar", sagt Stengl. Er selbst könne die Plakate schließlich nur subjektiv bewerten. "Ich bin ja kein Jurist."

Auf Facebook hatte Stengl zudem in der Kronach-Gruppe "Spotted" die Frage gestellt, warum diese Art von Plakaten überhaupt erlaubt sei. Die Antworten anderer Nutzer reichten von Unverständnis über den Verweis auf Meinungsfreiheit bis zu gegenseitigen Beleidigungen. Stengl hatte bei den Kronachern einen politischen Nerv getroffen.

Kritik an Bürgermeister Beiergrößlein

Offene rechtsradikale Strukturen seien ihm hier nicht bekannt, sagt Stengl, der SPD-Mitglied ist. Auffällig sei jedoch, dass der Dritte Weg im April eine Kundgebung auf dem Marienplatz abgehalten habe. Als "Stützpunkt" wird Kronach auf der Homepage der Partei bezeichnet.

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Zudem habe Stengl Kronachs Bürgermeister Wolfgang Beiergrößlein (FW) in einer Mail deutlich gemacht, dass er sich von ihm engagierteres Handeln wünsche. Zuletzt hatte Beiergrößlein bezüglich der Plakate erklärt, die Entscheidung des Bamberger Gerichts abzuwarten: Oberbürgermeister Andreas Starke hatte dort ebenfalls Strafanzeige gegen die Wahlwerbung des Dritten Wegs erstattet.

Bisher liege der Strafantrag der Staatsanwaltschaft noch nicht vor. Allgemein seien solche Wahlplakate aber ein diffiziles Thema und Aufgabe des Verwaltungsgerichts, sagt Johannes Tränkle, Staatsanwalt am Coburger Landgericht. Das liege daran, dass die Parteien eine Vielzahl an Plakaten mit unterschiedlichen Aufdrucken verbreiten. "Es kommt auch darauf an, wo das Plakat hängt und in welchem Kontext", erklärt Tränkle. "Nur weil das Plakat XY in München nicht mehr hängen darf, muss das in Duisburg nicht auch so sein." Sollte das Gericht entscheiden, dass es sich tatsächlich um Volksverhetzung handelt, seien die Folgen für die Parteien noch nicht absehbar. "Der Staatsanwaltschaft geht es eher darum, die Strafbarkeit an einer konkreten Person festzumachen." Beispielsweise an einem Parteimitglied, das für die Plakatinhalte verantwortlich ist.

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"Mir ging es gar nicht darum, dass die Plakate sofort wegkommen", sagt Stengl. Aber es solle eine Entscheidung für zukünftige Wahlen und Generationen getroffen werden, damit seine Enkelin und ihre Mitschüler solche Plakate nicht mehr zu Gesicht bekommen. "Denn das kann man ihnen nicht antun."

91 Stimmen erhielt die NPD bei der Europa-Wahl im Landkreis Kronach. 24 Stimmen gingen an den Dritten Weg.

Nicht nur Kronach empört sich: Urteile der Gerichte unterscheiden sich stark

Urteile Vor dem Chemnitzer Verwaltungsgericht konnte die Partei "Der Dritte Weg" einen Teilsieg erringen: Einige der zuvor entfernten Plakate mussten wieder angebracht werden, da diese nicht den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllten. Der Slogan "Multikulti tötet" verstößt jedoch gegen die Meinungsfreiheit und darf nicht mehr verwendet werden. Die Staatsanwaltschaft Nürnberg kam dagegen zu dem Ergebnis, dass die Inhalte strafrechtlich nicht relevant seien. Die Verwaltungsgerichte in Dresden und Düsseldorf entschieden kürzlich, dass es sich bei NPD-Plakaten mit der Aufschrift "Migration tötet" um Volksverhetzung handele und zwang die Partei zum Abhängen der Wahlwerbung. Zuletzt hatten beide Parteien Eilanträge gestellt, um Plakate in Zittau und Chemnitz wieder aufhängen zu dürfen. Die Anträge scheiterten jedoch vor dem Bundesverfassungsgericht.

Parallelen Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke hatte schon Mitte Mai Strafanzeige gegen den Dritten Weg erstattet. Er wirft der Partei vor, eine menschenverachtende Wahlkampagne zu betreiben und dafür Begriffe des Nationalsozialismus zu gebrauchen. Konkret handelte es sich dabei um die Wahlslogans "Reserviert für Volksverräter" und "Volksverräter stoppen". Das Urteil im Bamberger Fall steht jedoch noch aus.