"Die Familie profitiert davon"

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Alexandra Flettschock-Wich (links) und Sonja Schmitt haben, obwohl beide junge Mütter sind, den beruflichen Neustart gewagt und dabei Erfüllung gefunden. Rechts der Leiter der Krankenpflegeschule an der Helios-Frankenwaldklinik, Mathias Lau. Foto: Veronika Schadeck
Alexandra Flettschock-Wich (links) und Sonja Schmitt haben, obwohl beide junge Mütter sind, den beruflichen Neustart gewagt und dabei Erfüllung gefunden. Rechts der Leiter der Krankenpflegeschule an der Helios-Frankenwaldklinik, Mathias Lau. Foto: Veronika Schadeck

Als junge Mütter haben Sonja Schmitt und Alexandra Flettschock-Wich beruflich einen neuen Weg eingeschlagen: Sie werden Gesundheits- und Krankenpflegerin.

Sie haben beide zwei Kinder, standen einige Jahre im Beruf und hatten ein festes Einkommen. Im vergangenen Jahr starteten sie eine neue berufliche Laufbahn. Sonja Schmitt und Alexandra Flettschock-Wich absolvieren derzeit eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin. Sie befinden sich im zweiten Lehrjahr.

Die jungen Mütter wissen, dass ihr Berufsalltag nicht einfach sein wird. Der Pflegeberuf erfordert Geduld, Einfühlungsvermögen, den Umgang mit Menschen, mit Leid und mitunter mit dem Tod. Trotzdem haben es Sonja Schmitt und Alexandra Flettschock-Wich gewagt, beruflich neue Wege zu gehen und dabei auch finanzielle Einbußen hinzunehmen.

Der Wunsch Krankenschwester zu lernen, habe schon lange in ihr gesteckt, erzählt Alexandra Flettschock-Wich. Bestärkt wurde dieses Gefühl, als im Jahre 2009 ihre Großmutter zu einem Pflegefall wurde. Danach nahm sich die gelernte Bürokauffrau eine Woche Urlaub, um in der Wefa (Werkstätten für angepasste Arbeit) die ersten praktischen Erfahrungen in einem Pflegeberuf zu sammeln. Letztendlich sei es ihr Ehemann gewesen, der sagte: "Wenn du es jetzt nicht machst, in zehn Jahren brauchst du es nicht mehr!"

Sonja Schmitt war im produzierenden Gewerbe in der Qualitätssicherung beschäftigt. Die 32-Jährige hatte ein gutes Einkommen und auch so manche Vorteile, wie flexible Arbeitszeiten. "Trotzdem wurde ich immer unzufriedener." Letztendlich war es auch ihr Ehemann, der meinte: "Bewirb dich!" Seitdem hat sich der Alltag der beiden Frauen nicht nur im Beruf, sondern auch innerhalb der Familie geändert. Wenn Alexandra Flettschock-Wich für die Frühschicht eingeteilt ist, klingelt ihr Wecker um 4.30 Uhr. Dann befasst sie sich zuerst eine halbe Stunde lang mit ihrem Unterrichtsstoff in der Krankenpflegeschule. In der Helios-Frankenwaldklinik ist sie entweder auf Station eingesetzt oder sie nimmt am Unterricht teil. Gegen 15.30 Uhr beginnt ihr Alltag als Hausfrau und abends, nachdem ihre Kinder im Bett sind, greift die 40-Jährige nochmals zu den Büchern.

"Ich bin froh, dass ich Alexandra hier kennengelernt habe", erzählt Sonja Schmitt. "Wir unterstützen und motivieren uns gegenseitig". Jetzt, im zweiten Lehrjahr werden die jungen Mütter auch in Außenbereichen, wie beispielsweise in der Sozialstation und Dialyse eingesetzt. In der Krankenpflegeschule sitzen die beiden Mütter mit überwiegend jungen Menschen, so um die 20 Jahre, zusammen. "Das hält jung", scherzt Alexandra Flettschock-Wich, die Mutter eines 15-jährigen Jungen und einer 18 Monate alten Tochter ist.

Ihre Kinder, 13 und sechs Jahre alt, empfinden es als spannend, ihre Mutter abzufragen, erklärt Sonja Schmidt und sie gesteht: "Seitdem ich die Schulbank drücke, kann ich mich besser in den Schulalltag meiner Kinder hineinversetzen." Bei der Frage, ob denn der Berufsalltag in der Klinik, die Bewältigung des Lernstoffs, Haushalt und Kinder nicht überhandnimmt, meint Alexandra Flettschock-Wich, "Stress gibt es doch in jeder Firma." Sonja Schmitt blickt für einen kurzen Augenblick nachdenklich und sagt. "Stress ist subjektiv, jeder empfindet das anders."

Beide Frauen räumen ein, ihren Schritt mit 32 beziehungsweise 40 Jahren noch einmal mit einer Ausbildung zu starten, noch nie bereut zu haben. Gleichzeitig betonen sie aber auch, dass die Familie einen dafür den entsprechenden Rückhalt geben muss. Was ist nun das Besondere an diesem Beruf, der nicht unbedingt das beste Ansehen genießt, die Entlohnung nicht gerade üppig ist und oftmals für die Patienten zu wenig Zeit bleibt?
Das mit der Zeit, so meint Schmitt, könnten sie erst nach ihrer Ausbildung beurteilen. Was ihrer Lehrzeit zur Gesundheits- und Krankenpflegerin betrifft, so werden sie bestens betreut durch die Kollegen auf der Station, durch sogenannte Praxisanleiter und auch durch die Lehrkräfte in der Krankenpflegeschule.


"Eine erfüllende Aufgabe"

"Das Schönste ist, dass man Menschen helfen kann", meint Sonja Schmitt. "Das ist eine erfüllende Aufgabe." Und ihre Kollegin Alexandra Flettschock-Wich ergänzt: "Wenn ein Lächeln zurückkommt, bin ich glücklich". Sonja Schmitt weist auch auf die Weiterbildungsmöglichkeiten nach ihrer Ausbildung, wie beispielsweise Stationsleitung hin. Und sie weiß: "Wir haben einen sicheren Job!"

Und wie sieht es nun der Leiter der Krankenpflegeschule, Mathias Lau, wenn "ältere Damen" sich bewerben? Die Klinik steht dem offen gegenüber. Nicht das Alter sei für eine Eignung zur Gesundheits- und Krankenpfleger/-in maßgebend, sondern die Einstellung zu den Mitmenschen und der Wille. Bisher sind unter den insgesamt knapp 70 Auszubildenden acht älter als 30 Jahre. Mathias Lau hält es für nicht ausgeschlossen, dass die Anzahl von Bewerbern Ü 30 zunehmen wird. Es könnte ein Tropfen auf dem heißen Stein sein, den drohenden Fachkräftemangel im Pflegeberuf zumindest etwas abzufedern.

Und wenn die beiden angehenden Gesundheits- und Krankenpflegerinnen nun Zwischenbilanz während ihrer Ausbildung ziehen, dann beschleicht sie ein gutes Gefühl, das Richtige getan zu haben. Sie sind überzeugt, dass es sich für eine Frau lohnt, auch mit 30 oder 40 Jahren nochmal neu durchzustarten. Es sollten mehr Frauen den Mut haben, auch in der Mitte des Lebens sich nochmal neu zu orientieren. Denn so ist Sonja Schmitt überzeugt: "Wenn eine Frau in ihrem Job glücklich ist, dann geht sie mit Stress leichter um und die ganze Familie profitiert davon!"