In der Weihnachtszeit werden doppelt so viele Pakete mit der Post verschickt wie sonst. Große Onlinehändler wie Amazon haben Hochkonjunktur und die Paketzusteller schieben Überstunden gegen die Päckchenflut.
Freitagmorgen zwischen zehn und elf Uhr auf dem Marktplatz: Motor aus, Fahrertüre auf, Fahrertüre zu, Schiebetüre auf, Schiebetüre zu. Kurze Pause. Fahrertüre auf, Fahrertüre zu, Motor an. "Es ist echt ein Weihnachtstrubel", sagt Gerd Kristinus. Kurz vor Weihnachten arbeiten Postboten und Paketdienste im Stakkato. Er findet es wahnsinnig, wie sehr Onlinehändler wie Amazon und Zalando das Weihnachtsgeschäft bei den Lieferdiensten bestimmen.Er tippt heftig mit seinem Zeigefinger auf einen brauen Karton, auf dem in schwarz das bekannte Händlerlogo aufgedruckt ist.
"Heute muss ich 300 Pakete zustellen. Ein Drittel davon sind allein bei Amazon im Internet bestellt worden. Das ist doch verrückt." Der Mann in dem schwarz-gelben DHL-Dress schüttelt den Kopf. "Besonders am Dienstag und Mittwoch geht es heftig zu", berichtet er.
Weil die Leute am Wochenende vor dem PC sitzen und von dort aus sämtliche Geschenkeeinkäufe erledigen. Die Postboten kriegen das dann zwei Tage später zu spüren.
Von den 300 Paketen bringt er allein 100 Amazon-Bestellungen an einem einzigen Werktag in der Kitzinger Innenstadt in die Wohnungen der sehnsüchtig wartenden Online-Shopper. "Unter dem Jahr habe ich sonst insgesamt 200 Pakete", zieht er einen Vergleich. 50 Prozent mehr Sendungen stellt Kristinus in der Adventszeit zu.
Frühmorgens, dann wenn andere noch friedlich in ihren warmen Betten liegen, steht Kristinus bereits im DHL-Frachtzentrum im Gewerbegebiet Schwarzacher Straße West und belädt seinen Lieferwagen. "Wenn die Zeit reicht, gibt's erst noch einen Kaffee", meint er. Dann setzt er sich hinters Lenkrad. Spätestens um halb acht ist er unterwegs. In Richtung seines Stammgebietes.
Seit zehn Jahren ist Kristinus zuständig für das Innenstadtgebiet zwischen B8, Nordtangente und Main sowie Teile des Esels- und Krankenhausberges. Im Normalfall legt er täglich zwischen 30 und 32 Kilometern zurück. "An Weihnachten sind es nochmal zehn Kilometer mehr, weil ich einmal zum Nachladen ins Frachtzentrum zurück muss", sagt er. 300 Pakete passen beim besten Willen nicht auf einmal in den gelben Sprinter hinein.
"Zu Weihnachten sind noch zusätzliche Auslieferer im Einsatz, die bei den Bezirken helfen", erläutert der 50-Jährige. Ohne diese Hilfe und nur mit der normalen Besetzung ist das Weihnachtsgeschäft für die Zusteller nicht zu bewältigen. Kristinus lächelt: "Sonst könnte ich im Frachtzentrum übernachten."
Alexander Böhm ist Pressesprecher bei der Post und erklärt, wie sich das Unternehmen auf den großen Andrang vorbereitet.
"Es werden Entlastungsbezirke eingerichtet." Ein Rechenbeispiel: Ein Zusteller bearbeitet zehn Straßen mit 100 Haushalten, denen er täglich 100 Pakete bringt. In der Weihnachtszeit verdoppelt sich die Anzahl der Päckchen. Deshalb werden drei Straßen abgezogen, so dass der Postbote nur noch 70 Haushalte mit 150 Sendungen bearbeitet. "Alles wird so berechnet, dass die Zusteller ihr Pensum auch schaffen", sagt er. Dadurch werden, je nachdem, drei bis fünf Bezirke verkleinert, wobei ein neuer entsteht. "Der Kuchen wird ein bisschen kleiner gemacht", meint Böhm und fährt fort: "Dann fahren auch Kollegen, die sonst im Innendienst arbeiten, mit aus." Außerdem werde momentan weniger Urlaub gewährt. Andererseits werde auch weniger beantragt. "Viele Kollegen sind gerne draußen, schließlich kriegt man auch mal einen Schokoladen-Nikolaus in die Hand gedrückt", berichtet der Pressesprecher.
"Das ist eben der Vorteil, wenn man Stammzusteller ist", stimmt Gerd Kristinus zu. Gerade eben hat er eine Flasche Rotwein von einem seiner Kunden erhalten. Der Postbote kennt auf dem Kitzinger Marktplatz Gott und die Welt.
Trotz aller Hektik bleibt er entspannt, nimmt sich die Zeit, um zwischen Tür und Angel kurz ein, zwei freundliche Worte mit Ladeninhabern und Wohnungsbesitzern zu wechseln. Dann läuft er mit großen, raumgreifenden Schritten zurück zum Postauto, und kramt die nächsten Pakete hervor. Da geht es weiter, diesmal in den dritten Stock. "Der Beruf hält einen schon fit, aber dafür ich kann ich es ja später beim Fußballtraining etwas langsamer angehen lassen", lacht er. Kristinus fühlt sich in seinem Job sichtlich wohl, er genießt den Umgang mit den Menschen auf der Straße. Ob ein Schreibtischjob für ihn infrage käme? "Um GottesWillen nein! Ich muss raus!" Auch vor Weihnachten und trotz Überstunden.