Das Landgericht Würzburg wirft einem Mann aus dem Landkreis Kitzingen Vergewaltigung vor. Er sagt, es sei ein Gegengeschäft gewesen. Mit Geldmangel und einem Porno-Film fing angeblich alles an.
Aus Angst, sonst ihre Wohnung zu verlieren, habe sie Ihren Vermieter nicht wegen Vergewaltigung angezeigt. Das sagte gestern eine Frau als Zeugin vor dem Landgericht Würzburg.
Die Staatsanwaltschaft hat sechs Fälle von Vergewaltigung angeklagt, dreimal soll es beim Versuch geblieben sein. Tatort: Ein Zwei-Familienhaus in einer Gemeinde im Landkreis Kitzingen. Überwiegend sei es unten in der Wohnung der Frau "passiert", aber auch in der Wohnung des Hausbesitzers und gelegentlich im Pkw, auf Waldwegen.
Ein Prozess, wie der gegen Jörg Kachelmann vor dem Landgericht in Mannheim: Nur sitzt kein Promi auf der Anklagebank, aber die selbe Frage stellt sich:
Wer sagt die Wahrheit? Da sitzt vor der 1. Großen Strafkammer ein 64 Jahre alter Rentner, graue Stoppelhaare, Hörgerät, italienischer Staatsangehöriger. Das Opfer, die Frau, die laut Anklage immer dann Besuch vom "Hausherrn" bekam, wenn ihr Lebensgefährte, auch Italiener, am Vormittag zum Sprachkurs in Kitzingen war, ist jünger: "erst" 56.
Der Rentner, Sohn eines italienischen Oliven-Bauern, seit frühester Jugend in Deutschland, lässt über seinen Rechtsanwalt vortragen:
Jawohl, da war immer wieder was, aber die Mieterin sei damit einverstanden gewesen und alles habe eine Vorgeschichte: Sie hatte zwar einen Pkw, aber keinen Führerschein mehr. Auf ihre Bitten habe er sie gefahren, erst ab und zu, dann öfter, zum Doktor, zur Bank, zu Behörden. Das sei ihm allmählich zu viel geworden, er habe der Mieterin gesagt, entweder sie zahle die Fahrten oder sie solle sich jemand anders dafür suchen. Dass die Frau, Hartz-IV-Empfängerin und knapp bei Kasse ist, wusste er.
Daher habe er vorgeschlagen, man könne die Fahrten per Sex verrechnen, wenn sie wolle. Hemmungen hatte der Angeklagte bei dem Vorschlag nicht. Seiner Meinung nach hatte die Frau Probleme mit ihrem Lebensgefährten, war oft im Internet auf Partnersuche .
Die Frau soll gesagt haben, sie werde es sich überlegen.
Kurze Zeit später habe sie den Vermieterin eingeladen, ihn mit einem Porno-Film "scharf gemacht". So habe alles angefangen. Auch eine Rechnung über Miet-Nebenkosten, soll auf Sex-Basis erledigt worden sein.
Auf einem Waldweg machte die Frau im Herbst 2009 während einer gemeinsamen Ausfahrt Schluss: Was der Angeklagte am Steuer sitzend, von der Beifahrerin an manuellen Gefälligkeiten verlangte, hat sie verweigert. Mit der Begründung, sie sei doch keine Hure. Danach hat der Hausbesitzer die Fahrten mit dem Pkw der Mieterin eingestellt und ihr gekündigt.
Seit Dezember des vergangenen Jahres sitzt der Mann in Untersuchungshaft, sein "Opfer" wohnt trotz Kündigung immer noch in seinem Haus, weil sie bisher "nichts anderes gefunden hat".
Nur durch Zufall kam das merkwürdige Miet-Verhältnis der Staatsanwaltschaft "zu Ohren": Die Frau hatte sich nach Gesprächen bei Caritas und dem Verein "Wildwasser" telefonisch an die Beratungsstelle beim Polizeipräsidium Unterfranken gewandt. Sie berichtete von Vergewaltigung durch ihren Vermieter, fragte, was sie machen soll. Ihren Namen nannte sie nicht, die Polizei ermittelte die Nummer.
Häufig wiederkehrende Fragen des Gerichts am ersten Verhandlungstag: Warum hat die Frau nach mehrfacher Vergewaltigung den Mann nicht angezeigt? Warum hat sie Einladungen in seine Wohnung angenommen, wo es zu sexuellen Attacken gekommen sein soll? Und warum ließ sie sich weiter chauffieren?
Der Prozess wird in der nächsten Woche fortgesetzt.
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