Nach Weihnachten sind die Tierheime im Landkreis Kitzingen Auffanglager für lebende, aber ungeliebte Weihnachtsgeschenke. Es werden jährlich mehr.
Nur eine Leine hatte er noch. Und einen Zettel. Einen Zettel, auf dem stand: "Mein Name ist Mike, mein Herrchen ist weggezogen. Bitte pass' gut auf mich auf. Danke." Zwei Wochen nach Weihnachten, am bitterkalten Dreikönigstag 2011, wurde der schwarz-weiße Mischlingshund Mike in Kitzingen gefunden, vor dem McDonald's Schnellrestaurant. Das Tier war ausgesetzt worden. Seither lebt Mike im Tierheim.
Bald feiert der ebenso anhängliche wie temperamentvolle Kleine also ein trauriges Jubiläum. Drei Jahre - weit über die Hälfte seines bisherigen Lebens - sitzt er bereits im Heim. Und warum?
"Weil er wahrscheinlich ein Weihnachtsgeschenk war, das der neue Besitzer nicht wollte oder mit dem er nicht zurecht kam", mutmaßt Iris von Crailsheim, 2. Vorsitzende des Kitzinger Tierschutzvereins. Sie versucht seit langem, Mike an einen hundeerfahrenen Menschen zu vermitteln, denn ein einfaches Tier ist der Fundhund nicht. Vielleicht will ihn deshalb niemand haben.
Damit zumindest anderen Tieren solch ein Schicksal erspart bleibt, setzt sich Iris von Crailsheim vehement gegen spontane tierische Geschenke unterm Christbaum ein. Dabei weiß die 66-Jährige genau, wie schön es ist, mit Tieren aufzuwachsen. Seit Kindesbeinen an ist sie Tierfreundin und -besitzerin.
Sie weiß, welch eine Bereicherung ein Tier ist, das zur Familie gehört und ein vollwertiges Mitglied ist. "Tierschützer wünschen jedem Tier, dass es als geliebtes Wesen ein Leben lang bei seinen Menschen bleiben kann."
Leider werden die Mitarbeiter der Tierheime aber mit einer anderen Wirklichkeit konfrontiert. "Die Zahl der Abgabetiere nach Weihnachten bis hinein ins Frühjahr steigt jedes Jahr - wir bekommen immer mehr ehemalige Weihnachtsgeschenke rein", stellt Iris von Crailsheim fest. "Offenbar wissen manche Eltern nicht, was sie ihrem Kind, das eigentlich schon alles hat, noch schenken sollen."
Wo gibt's gute Züchter? Der süße Welpe, der als Schnäppchen angeboten wird, ist auch für manchen Erwachsenen fast unwiderstehlich. "Und schon ist man beim Händler gelandet, der viel zu junge und ungeimpfte Welpen zum Schleuderpreis verkauft", sagt von Crailsheim.
In vielen Fällen geht das nicht gut und die neuen Besitzer kommen mit ihren Vierbeinern nicht klar. Und selbst wenn doch, gilt für Hunde genau wie für Katzen, Kleintiere und Vögel: Diese lebenden Weihnachtsgeschenke stellen auch dann noch Ansprüche, wenn der/die Beschenkte im Erwachsenenalter und in der Ausbildung steht. "Es ist oft eine 15 oder sogar noch mehr Jahre dauernde Verantwortung, die man mitschenkt oder bereit ist, sie als Eltern voll zu übernehmen", macht Iris von Crailsheim klar.
Sie gibt zudem zu bedenken, dass die Zeit um Weihnachten denkbar ungeeignet ist, um ein Tier - meistens ein Tierkind - in ein neues Umfeld zu holen. "Statt dass es sich in aller Ruhe umschauen und eingewöhnen kann, wird es mit Reizen überflutet und unter Stress geraten. Vermutlich endet dann der Abend beim Tierarzt, weil sich Durchfall und Erbrechen einstellt oder das Tier so anders reagiert als gewünscht."
Von Crailsheim rät: Wenn die ganze Familie bereit ist, seinem vierbeinigen Familienmitglied in guten wie in schlechten Zeiten ein artgerechtes Leben zu gestalten, sollte man zu Weihnachten einen Gutschein für das Tier schenken oder Zubehör wie Körbchen, Lektüre und so weiter. "Dann kann man nach den Feiertagen und nach Silvester in aller Ruhe gemeinsam das Tier aussuchen."
Aber wie erkennt man einen guten Züchter? "Ein solcher wird nicht mehr als zwei verschiedene Rassen züchten", sagt die 2. Vorsitzende des Tierschutzvereins. "Wer mehrere Rassen anbietet, steht unter dem Verdacht, Massenzüchter zu sein."
Natürlich empfehlen Iris von Crailsheim und ihr Team allen Interessenten, sich erst einmal im Tierheim umzuschauen und auf den Rat der Mitarbeiter dort zu vertrauen: "Vielleicht können sie dort ein zurückgegebenes Weihnachtsgeschenk glücklich machen." Den kleinen Mike zum Beispiel. Aufgrund seiner Vorgeschichte ist der ansonsten sehr freundliche und gelehrige Hund in manchen Situationen unsicher. Er braucht viel Liebe und Zuwendung, aber auch klare Ansagen, damit er durch das Vertrauen zu seinem Herrchen oder Frauchen seine schlechten Erfahrungen rund um den Dreikönigstag 2011 vergessen kann.
Kein "Last Minute"-Geschenke Vom 21. Dezember 2013 bis zum 2. Januar 2014 vermittelt das Kitzinger Tierheim keine Tiere. "Wir wollen sie nicht dem Stress aussetzen, um den es in diesem Artikel geht", betont die Tierheimleitung. In anderen Worten: Hunde, Katzen & Co. sollen nicht als "Last Minute"-Geschenke herhalten.