Corona und frühlingshafte Temperaturen treiben die Menschen ins Freie. Dort lauern aber ganz andere Viren – und gefährliche Bakterien
Landkreis Kitzingen
Er wurde komplett aus dem Leben gerissen – von einer Zecke. Christopher Brandt erkrankte 2013 an Borreliose, in einem Jahr, das vom Robert-Koch-Institut im Nachhinein zum ausgewiesenen Zeckenjahr erklärt wurde. 2021 hat durchaus das Potenzial, die Werte zu toppen.
Die Corona-Pandemie spielt, wie auch schon im letzten Frühjahr und Sommer, den in Gras und Gebüsch lauernden Tierchen in die Karten: Die Menschen halten sich, so oft es geht, im Freien auf. Die Tatsache, dass der Landkreis zum FSME-Risikogebiet gehört, wird da zur Nebensache.
Auch viele Ärzte sind ratlos
Der aus Kitzingen stammende Internist Prof. Dr. Fritz Schardt weiß, wie man sich am besten schützt. Und was zu tun ist, wenn die Zecke doch zuschlägt.
Für Christopher Brandt war der Betriebsarzt an der Uniklinik in Würzburg der Rettungsanker. „Zwei Jahre schlug ich mich mit einer neurologischen Borreliose herum.“ Es sei eine schwere Zeit gewesen, in der „niemand so richtig zuhörte, weil Borreliose nicht von außen sichtbar oder messbar ist“, sagt der Würzburger, der inzwischen eine Selbsthilfegruppe gegründet hat. Der Erfahrungsaustausch hätte ihm vielleicht schon früher helfen können. „Wenn ein Körper einmal anders reagiert als alle anderen, sind die Ärzte oft ratlos. Das geht sehr vielen Betroffenen so.“ habe er sich in diesem Jahr 2013 gerade nicht viel draußen aufgehalten, erinnert sich der 33-jährige Chemieingenieur. „Ich saß an meiner Masterarbeit, stand kurz vor Abschluss meines Studiums.“ Und trotzdem deutete er die bekannten Symptome schnell richtig – es hatte in seiner Familie schon vorher einen Verdachtsfall gegeben. Das Standard-Antibiotikum verschaffte zwar anfangs Linderung, verbesserte den Zustand aber nicht dauerhaft. „Ich musste mir anhören, dass das doch psychisch sein müsse, weil die Krankheit an sich schon behandelt ist.“
Christopher Brandt zog sich zurück, konnte wegen der Schmerzen teilweise tagelang das Bett nicht verlassen. Schaffte er es doch, stellte sich nach kürzester Zeit eine bleierne Müdigkeit ein – mehr als untypisch für einen engagierten und voll ins universitäre Leben integrierten 25-Jährigen. Seine Familie erkannte seine Not, die Mutter recherchierte, suchte nach Experten, die über die Vorgaben der Leitlinie hinaus behandeln – und wurde auf der Homepage von Prof. Schardt fündig.
Der Spezialist für Innere Medizin hat in jahrelangen Studien eine verbesserte Therapiestrategie entwickelt. Sie sieht nicht allein die Medikation nach der Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF) vor, sondern rückt den Borrelien im Rahmen der antibiotischen Behandlung mit einem ausgetauschten Bestandteil zu Leibe. Zusätzlich dazu setzt Prof. Dr. Fritz Schardt im Anschluss an die schulmedizinische Therapie auf Naturheilmittel wie Disulferam oder Argentum met. „Die Länge der Zeit macht hier die Wirkung aus“, erklärt der Mediziner, der einst selbst mit einer schweren Borreliose zu kämpfen hatte.