Der Ursprung der modernen Kampfhundeverordnungen und -gesetze ist laut Jürgen Fuhrmann im Jahr 1990 zu suchen. Damals hatten verschiedene Medien ausführlichst über Angriffe von Hunden berichtet. „Die Bildzeitung und Günther Jauch – die haben uns das damals eingebrockt“, sagt der Sachverständige. An Aussagen wie diesen wird schnell klar: Ein großer Fan dieser Gesetzgebung ist er nicht.
Die Unterteilung von gefährlichen und ungefährlichen Hunderassen sei Unsinn. Vielmehr müsse der einzelne Hund und vor allem sein Halter in den Fokus rücken. „Wenn die Halter genug Sachverstand hätten, bräuchten wir weder Rassenlisten noch Kampfhundeverordnungen“, sagt Fuhrmann.
„Die Bildzeitung und Günther Jauch haben uns das eingebrockt.“
Jürgen Fuhrmann Ausbilder von Polizeihunden
Die Überprüfung einer Rasse sei außerdem schwierig: „Das ist richtig haarig“, sagt Fuhrmann – manchmal gebe es Hunde, die alle Merkmale einer Rasse hätten und ihr trotzdem nicht angehörten. Der Liste Eins gehört dann auch noch der „Bandog“ (englisch für Kettenhund) an. „Das ist überhaupt keine eigene Rasse, das ist Quatsch“, sagt Fuhrmann.
„Grundsätzlich wäre es sinnvoll, mehr Sachkunde bei allen Hundehaltern zu fordern, nicht nur bei Kampfhunden“, sagt Fuhrmann. Das sieht Hundehalter Necas ähnlich: „Für eine Waffe brauche ich einen Waffenschein, aber einen Hund, der ebenso gefährlich sein kann, darf ich einfach so halten.“
Eine verpflichtende Hundeschulung halten beide Männer für sinnvoll – allerdings praktisch kaum umsetzbar. Denn bei den Hundeschulen sehen beide große Unterschiede. Da gebe es Hardcore-Schulen, die nur mit Drill arbeiten, genauso wie die „Watebällchenfraktion“, bei der jedes laute Wort zu viel ist. Aber: „Einen Kangal nur mit Leckerli dazu bringen, den Postboten in Ruhe zu lassen, das ist schwierig“, sagt Jürgen Fuhrmann. Sein Vorwurf: Es fehlen einfach Ausbildungsstandards.
Probleme entstünden nicht nur daraus, dass die Halter ihre Hunde schlecht behandeln oder absichtlich aggressiv erziehen. Vielmehr sei es oft so, dass das Verständnis für die Hunde fehle. „Die lieben zwar ihre Hunde, aber sie verstehen nicht deren Körpersprache.“ Eine artgerechte Haltung und Erziehung sei dann schwierig. Dominik Necas sieht diese Gefahr gerade bei Haltern, die sich einen Hund als Statussymbol oder Schmuckstück zulegen. „Das kann ich überhaupt nicht verstehen.“
Jürgen Fuhrmann gibt ein Beispiel: Menschen mit Hut und Mantel oder mit Krücken wirkten natürlich erst einmal verstörend auf Hunde. Das sei eine normale Reaktion. „Der Hund probiert dann verschiedene Verhaltensweisen aus – wegducken und verstecken, aber auch knurren.“ Wenn er knurrt und der Mensch schreckt zurück – was die normale Reaktion ist – dann hat der Hund damit Erfolg. Er erlernt so die falsche Reaktion.
Richtig und wichtig wäre es demnach, den Hund früh mit solchen Situationen in Berührung zu bringen – und ihm unmissverständlich zu verstehen zu geben, dass eine solche Reaktion falsch ist – und er vor Menschen mit Hut, Mantel oder Krücken keine Angst haben braucht.
Wichtig dafür sei auch die Körpersprache des Herrchens oder Frauchens. „Ich bin davon überzeugt, dass es so etwas wie Telepathie zwischen Mensch und Hund gibt“, sagt Fuhrmann. Die Sicherheit und Ruhe des Halters übertrage sich auch auf das Tier. Wenn man Dominik Necas und Nala zusammen stehen sieht, mag man das wohl glauben. Zum Abschied reicht er die Hand. Nala, die rund 60 Zentimeter hohe und 50 Kilogramm schwere Cane-Corso-Hündin ist ebenso freundlich und lässt sich bereitwillig streicheln.
Rechtliche Grundlagen
Laut Artikel 37 LStVG sind Kampfhunde Hunde, „bei denen auf Grund rassespezifischer Merkmale, Zucht oder Ausbildung von einer gesteigerten Aggressivität und Gefährlichkeit (...) auszugehen ist“. Welche Hunde betroffen sind, kann die Landesregierung festlegen. Unterschieden werden zwei Gruppen (Listen):
Erstens: Pit-Bull, Bandog, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier und Tosy-Inu gelten stets als Kampfhunde.
Zweitens: Bei insgesamt 14 Rassen, unter anderem Bullterrier, Cane Corso, American Bulldog und Rottweiler, wird vermutet, dass sie Eigenschaften eines Kampfhundes haben. Dies kann mit Hilfe eines Wesenstest und einem anschließenden Negativzeugnis widerlegt werden.