Lauters Fazit: „Flaschen sind derzeit deutlich schwieriger als sonst zu bekommen, aber es gibt noch welche, wenn auch mit Wartezeiten. Vielleicht gibt es nicht alle Formen, aber unser fränkischer Bocksbeutel ist erstmal nicht gefährdet.“ Die Lage sei „herausfordernd, aber nicht bedrohlich“. Es komme entscheidend darauf an, was künftig passiert, „aber das haben wir alle ja nicht in der Hand, leider“.
Martin Schmidt von der Divino denkt aktuell oft an die möglicherweise kommende Energiekrise, die viele Branchen beträfe. „Die Unsicherheit diesbezüglich sorgt bei Produzenten dafür, eventuell ihr Sortiment zu reduzieren und möglichst sparsam zu produzieren.“ Schon vermeintlich „einfache“ Produkte wie Europaletten kosten derzeit den dreifachen Preis wie 2019, weiß Schmidt. „Der Logistik-Markt war schon vor den Krisen angespannt, auch das wird immer mehr zum Problem. Und der Fachkräfte-Mangel zieht in allen Bereichen Kreise.“
Lieferzeiten bis zu einem Jahr
Von „vielen Unwägbarkeiten“ spricht auch Peter Geil, Leiter der Domäne Castell. „Wir haben im März eine Zusatzmenge an Flaschen schon für kommendes Jahr bestellt, die wir bis heute noch nicht erhalten haben. Weitere Bestellungen werden aktuell nicht entgegengenommen.“ Zum einen liege das Problem sicher in einer erhöhten, von Angst gesteuerten Nachfrage, weil jeder denke, dass der Gashahn zugedreht wird und es keine Flaschen mehr gibt.
Zum anderen hätten die großen Getränkekonzerne den Sog auf die verbliebenen Glashütten so sehr verstärkt, dass es dadurch zu noch mehr Kapazitätsengpässen kommt. Zu all dem kommen noch die Gaspreis-Explosion und zusätzlich sehr stark schwankende Logistikkosten seitens der Glashütte.
Mangelware seien aber nicht nur die Flaschen, sondern auch die Verschlüsse und das Papier für Etiketten, stellt Geil fest. „Wir haben aktuell Lieferzeiten von bis zu einem Jahr, was hauptsächlich an der Auslastung der Werke liegt, nicht am Aluminiumpreis.“ Letzterer sei zum Teil sogar gesunken, aber es fehlten schlicht und ergreifend Fachkräfte, damit die Produktionsstätten voll ausgelastet werden können. „In diesem Fall zu versuchen, auf andere Firmen auszuweichen, bringt zum einen nichts, weil diese die gleichen Probleme haben, und zum anderen sind ja die ganzen Stanz- und Druckwerkzeuge für die Verschlüsse auch Mangelware und müssten erst wieder neu produziert werden. Dadurch wird das Spiel noch länger.“
Von anderen abhängig
Cornelius Lauter von der GWF kennt dieses Problem ebenfalls. „Früher waren die Verschlüsse nach ein paar Wochen da, heute dauert es Monate.“ Um bei Kartonagen nicht auch in die Bredouille zu geraten, habe man einen großen Vorrat angelegt. „Jetzt merkt man erst einmal, wie die europäischen Warenströme zusammenhängen“, stellt Lauter fest. „Der europäische Papiermarkt ist größtenteils in der Hand der Finnen. Die bezogen viel Holz aus Russland. Seit dem Krieg funktioniert das nicht mehr und man muss nach Alternativen suchen.“
Für Peter Geil heißt das: „Wir müssen jetzt schon ungefähr die Ernte abschätzen, damit die Druckerei Papier für nächstes Jahr bestellen kann.“
Martin Schmidt betont, die aktuelle Unternehmenspolitik der Divino sehe Kosteneinsparungen und mögliche Vereinheitlichungen vor. „Inwiefern der Handel und der Kunde bereit sind, diese Maßnahmen mitzutragen, können wir derzeit noch nicht abschätzen.“ Verrückte Welt.